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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca
Autoren: Daphne Du Maurier
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einem kleinen Gasthaus übernachten. Ja, ich glaube, das wird das beste sein.»
    «Natürlich», sagte Oberst Julyan, «das verstehe ich sehr gut. Könnten Sie mich wohl bei meiner Schwester absetzen? Es ist gleich an der Ecke von Avenue Road.»
    Maxim hielt ein kleines Stück vor dem Haus, das der Oberst ihm bezeichnete. «Ich weiß nicht, wie ich Ihnen für alles danken soll, was Sie heute für uns getan haben», sagte er. «Aber Sie wissen hoffentlich, wie hoch ich Ihnen das anrechne.»
    «Lieber de Winter», erwiderte Oberst Julyan, «ich habe nie etwas mit größerer Freude getan.
    Wenn wir nur gleich gewußt hätten, was Baker wußte, dann wäre uns das alles erspart geblieben. Aber wir wollen nicht mehr davon reden. Sie müssen diese unselige Geschichte einfach als einen unangenehmen Zwischenfall abtun. Von Favell haben Sie meiner Meinung nach bestimmt keine Schwierigkeiten mehr zu erwarten. Und falls doch, dann bitte ich Sie, mich sofort zu unterrichten. Ich weiß jetzt, wie ich mit ihm um-zuspringen habe.» Er stieg aus dem Wagen und nahm seinen Mantel und seinen Straßenplan auf. «An Ihrer Stelle», sagte er, ohne uns anzusehen, «würde ich mich jetzt ein wenig erholungsbedürftig fühlen. Machen Sie doch eine kleine Reise, vielleicht irgendwohin ins Ausland.»
    Wir sagten nichts. Oberst Julyan sah angelegentlich auf seine Karte. «Die Schweiz soll in dieser Jahreszeit besonders schön sein», sagte er. «Wir verbrachten einmal unsere Ferien dort und haben es von Herzen genossen. Man kann da herrliche Spaziergänge machen.» Er zögerte und räusperte sich. «Es besteht eine ganz kleine Möglichkeit, daß sich noch ein paar kleine Schwierigkeiten ergeben», sagte er dann. «Nicht von Favell, sondern von dem einen oder anderen unserer Nachbarn. Man kann ja nie wissen, was dieser Tabb erzählt haben mag.
    Natürlich lächerlich, aber Sie kennen ja das Sprichwort: ‹Aus den Augen, aus dem Sinn.›
    Wenn man nicht da ist, wird auch nicht über einen gesprochen, so ist die Welt nun einmal beschaffen.»
    Er zählte noch einmal seine Siebensachen. «Jetzt habe ich, glaube ich, alles: Plan, Brille, Stock und Mantel. Alles beisammen. Also gute Nacht Ihnen beiden! Muten Sie sich nicht mehr zu viel zu. Es ist ein anstrengender Tag gewesen.»
    Er ging durch die Gartenpforte und die Stufen zum Haus hinauf. Ich sah eine Frau aus dem Fenster gucken und ihm zuwinken und lächeln. Wir fuhren die Straße hinunter und bogen um die Ecke. Ich lehnte mich in meinem Sitz zu-rück und schloß die Augen. Jetzt, da wir wieder allein waren und die Spannung sich gelegt hatte, empfand ich ein fast unerträgliches Gefühl von Erleichterung. Es war, als ob ein schmerzhafter Abszeß geöffnet worden wäre. Maxim sprach nicht. Er legte nur seine freie Hand auf meine.
    Wir wanden uns durch den Verkehr hindurch, aber ich sah nichts davon. Ich hörte das Rattern der Omnibusse, das Hupen der Taxis, den ewigen, unermüdlichen Londoner Lärm, aber ich hatte keinen Teil daran. Ich ruhte an einem Ort aus, wo es kühl und still und ruhig war.
    Nichts konnte uns mehr berühren. Wir hatten unsere Krise überstanden.
    Als der Wagen hielt, öffnete ich die Augen wieder und setzte mich auf. Wir befanden uns vor einem der unzähligen kleinen Restaurants in den schmalen Straßen von Soho. Verwirrt und benommen sah ich mich um.
    «Du bist müde», sagte Maxim kurz, «hungrig und müde, völlig erledigt. Du wirst dich gleich besser fühlen, wenn du etwas gegessen hast. Ich auch. Komm, wir wollen hier hineingehen und etwas zu Essen bestellen. Ich kann dann auch gleich Frank anrufen.»
    Wir stiegen aus dem Wagen. Im Restaurant befanden sich nur der Geschäftsführer, ein Kellner und die Kassiererin. Es war kühl und dunkel dort. Wir wählten den Tisch rechts in der Ecke, und Maxim bestellte das Essen. «Favell hat recht gehabt. Ich könnte auch etwas zu trinken vertragen, und du nicht weniger. Du wirst einen Cognac bekommen.»
    Der Geschäftsführer war dick und lächelte übers ganze Gesicht. Er stellte uns Salzstengel auf den Tisch. Sie waren frisch und knusprig, und ich machte mich gleich mit einem wahren Wolfshunger darüber her. Mein Cognac schmeckte sanft und wärmte und beruhigte mich.
    «Nach dem Essen wollen wir ganz langsam fahren», sagte Maxim. «Abends wird es dann auch kühler sein. Wir werden schon irgendein Gasthaus finden, in dem wir übernachten können. Dann fahren wir früh morgens weiter nach Manderley.»
    «Ja», sagte ich.
    «Du
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