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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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seicht und ruhig. Nick ließ seinen Blick über die schwach gekräuselte Wasserfläche schweifen. In der Ferne, halb verborgen im morgendlichen Dunst, konnte er ein namensloses Korallenriff ausmachen, das zur Gruppe der Caicos-Inseln gerechnet wurde. In der Nähe des Riffs mochte die Strömung stärker sein, das Meer turbulenter. Aber davon bemerkte man aus dieser Entfernung nichts.
    Nick spuckte den Priem über Bord und kratzte seine dicht behaarte Brust. Ebenso wie Jeff Kurtz trug er nur eine grobe Leinenhose und Sandalen. Trotz der frühen Stunde war die Luft angenehm warm. Gegen Mittag würde es an Bord des Kutters so heiß werden, dass man nicht arbeiten konnte. Das war dann die Zeit für die Siesta - oder aber für einen weiteren Unterwasserausflug.
    Nick glaubte nicht ganz daran, dass sie schon bei ihrem ersten Vorstoß das Wrack finden würden, das hier auf dem Meeresgrund liegen sollte. Die Positionsbeschreibung in den alten Dokumenten, von denen ihr Auftraggeber ihnen Fotokopien übergeben hatte, waren nicht sehr exakt.
    Quietschend öffnete sich die Tür der Kajüte. José Hernandez, der dritte Mann des Teams, trat auf das Deck hinaus. Mit dem ausgestreckten Daumen der rechten Hand machte er das »Alles-in-Ordnung«-Zeichen.
    »Der Wetterbericht aus Port-au-Prince ist gerade durchgekommen«, sagte er. »Windstill, sonnig, alles eitel Freude. Und unser Barometer hat dagegen keinen Einspruch erhoben.«
    »Gut.« Jeff Kurtz richtete sich langsam auf. »Die Ausrüstung ist auch in bester Verfassung. Wir können sofort runtergehen. Wie ich sehe, hat Big Nick seinen Priem schon ausgespuckt und ist voller Tatendrang.«
    Nick Jerome grinste wölfisch. »Bei guten Honoraren bin ich das immer«, meinte er und reckte sich. »Na, dann wollen wir mal.«
    Mit Josés Hilfe legten sie die leichten Taucherkombinationen an. Obwohl Jeff gerade beide Ausrüstungen überprüft hatte, wiederholte Nick den kompletten Funktionscheck. Zum Schluss schnallte er sich das lange Tauchermesser um. Aus einem unerklärlichen Impuls heraus zog er die Klinge aus der Lederscheide und fuhr prüfend mit dem Daumen die scharf geschliffene Schneide entlang.
    Der Stahl ritzte die oberste Hautschicht auf, ohne dass jedoch Blut ausgetreten wäre. Die kaum eine Handbreit über dem Horizont schwimmende Sonne zauberte grelle Lichtreflexe auf die blau schimmernde Klinge.
    Ein prima Messer, dachte Nick Jerome. Und unverzichtbar in diesen Gewässern. Hier gab es verdammt viele Haie.
    Entschlossen stieß er das Messer in die Scheide zurück. Er war bereit.
    »Viel Glück«, sagte José, als Nick und Jeff an die Reling traten.
    Jeff spuckte in seine Taucherbrille, bevor er sie sich über das Gesicht streifte - ein alter Tauchertrick, durch den angeblich das störende Beschlagen des Brillenglases verhindert wurde. Jeff hatte damit gute Erfahrungen gemacht, aber bei Nick funktionierte es nie.
    Wortlos schwangen sich die beiden Männer über Bord. Fast lautlos tauchten sie in das blaugrüne Wasser ein.
    Hier, direkt unter der Wasseroberfläche, war die Sicht noch ausgezeichnet. Auf dem Meeresgrund würde es nicht so hell sein. Um auch dort einwandfrei sehen zu können, trugen die beiden erfahrenen Taucher handliche, kaum taschenlampengroße Scheinwerfer bei sich. Das Zeitalter der Mikrotechnologie hatte auch Auswirkungen auf die Größe des Tauchzubehörs gehabt. Selbst die Sauerstoffflaschen waren heutzutage im Vergleich zu früher geradezu winzig - bessere Kompression, wie Nick Jerome wusste.
    Nick blickte nach oben. Über sich erkannte er den muschelbewachsenen Kiel der LAURA. Ein kleinerer Schatten in der Nähe des Kutters musste der Treibanker sein. Deutlich war auch die Kette zu erkennen, die sich zwischen dem Schiff und dem Anker spannte.
    Sie gingen tiefer. Eine Schule bunt gemusterter Fische näherte sich in völliger Lautlosigkeit. Nick beobachtete die Fische nicht weiter, sondern schwamm geradewegs durch den Schwarm hindurch, dichtauf gefolgt von Jeff Kurtz. Die schuppigen Leiber wichen blitzschnell in alle Richtungen aus.
    Ein rascher Blick auf den Tiefenmesser. Zwanzig Meter. Nick wandte sich um und gab Jeff ein kurzes Handzeichen. Der nickte zustimmend.
    Im nächsten Augenblick flammten ihre Scheinwerfer auf. Das Sonnenlicht drang bis in diese Tiefe nicht mehr durch, und die ganze Umgebung war grau und verschwommen. Das Fehlen des Sonnenlichts hatte die Farben der Unterwasserwelt langsam ausgelöscht, doch jetzt kehrten sie im Lichtkegel des
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