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Raus aus der Suchtfalle

Raus aus der Suchtfalle

Titel: Raus aus der Suchtfalle
Autoren: Cornelia Dehner-Rau , Harald Rau
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ist und die Person mehr konsumiert, als sie beabsichtigt hat. Häufig kann sie den Konsum erst dann beenden, wenn sie zu betrunken ist, um weiter zu trinken, oder bis sie einschläft.
    Frau S. aus dem Fallbeispiel auf →  S. 13 hat ja durchaus wahrgenommen, wie der Alkohol ihr Leben negativ veränderte und hat immer wieder versucht, sich gegen das Trinken zu wehren, kapitulierte aber regelmäßig. Sie hatte den Eindruck, sie könne den Tag ohne Alkohol nicht beginnen. Versuchte Sie es dennoch, wurde sie von ihren Ängsten regelrecht überrollt und griff dann doch wieder zur Flasche.
Gewöhnung – die Dosis muss immer höher werden
    Die gleich bleibende Menge des Suchtstoffs führt nach gewohnheitsmäßigem Gebrauch zu immer geringeren Wirkungen: Der Körper gewöhnt sich an den Suchtstoff, er entwickelt eine Toleranz, eine Gewöhnung. Um die erwünschte Wirkung beizubehalten, wird deshalb die Konsummenge erhöht (Dosissteigerung). Toleranz und Dosissteigerung sind wichtige Merkmale der Abhängigkeitserkrankung.
    Das hat Frau W. aus dem Fallbeispiel auf →  S. 14 erlebt. Zunächst hatte sie nur eine viertel Tablette eingenommen, aber nach einiger Zeit wurde diese Dosis wirkungslos. Um die Rückenschmerzen zu lindern und die schlaffördernde und beruhigende Wirkung zu erzielen, musste sie die doppelte Dosis einnehmen, die dann wiederum nach einiger Zeit auch nicht mehr ausreichend wirkte.
Wird der Konsum eingeschränkt, entstehen Entzugssymptome
    Ein weiteres wichtiges Merkmal ist das Entstehen von Entzugssymptomen, wenn man den Konsum einschränkt oder einstellt.
    Frau S. (siehe →  S. 13 ) hatte jeden Morgen, nachdem der Alkoholspiegel im Blut über Nacht gesunken war, Entzugssymptome: Sie zitterte, schwitzte und ihr Herz raste. Die Entzugssymptome hängen mit der Gewöhnung des Körpers an das Suchtmittel zusammen. Der Körper gewöhnt sich an die biologischen Wirkungen des Suchtmittels, im Falle des Alkohols beispielsweise an die hemmende Wirkung im Nervensystem. Auf der Ebene der Nervenzellen überwiegt diese hemmende Wirkung (auf diese Zusammenhänge gehen wir auf →  S. 56 noch im Detail ein). Diese hemmende Wirkung teilt Alkohol mit beruhigenden Medikamenten wie den Benzodiazepinen.
Abhängigkeit ist eine Krankheit
    Bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts galt die Abhängigkeit von Suchtmitteln häufig als Zeichen von Willens- und Charakterschwäche. Dies hat sich durch ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. Juni 1968 entscheidend verändert: Die Sucht wurde als Krankheit anerkannt. Die Gleichstellung mit anderen Krankheiten hat wichtige rechtliche Auswirkungen: Im Krankheitsfall wird das Gehalt weiter bezahlt und Betroffene haben einen Anspruch auf eine angemessene Behandlung und Rehabilitation.
»Bio-psycho-soziales« Krankheitsmodell
    Die Anerkennung der Abhängigkeit als Krankheit hat nicht nur sozialrechtliche und politische, sondern auch ganz wesentliche psychologische Auswirkungen: Wie bei den meisten Erkrankungen wirken auch bei den Abhängigkeitserkrankungen mehrere Faktoren zusammen, die die Erkrankung entstehen lassen und weiter aufrechterhalten. Wir haben dabei insbesondere
körperliche (biologische),
seelische (psychologische) und
gesellschaftliche (soziale) Faktoren im Blick.
    Das Vorurteil, Sucht sei gleichbedeutend mit Willensschwäche, ist falsch.
    Ein solches »bio-psycho-soziales« Krankheitsmodell ist besonders deshalb wichtig, weil es – anders als früher oft üblich – nicht einen Gesichtspunkt, wie zum Beispiel die »Charakterschwäche«, als allein verantwortlich heraushebt. Wenn mehrere Faktoren in ihrem Zusammenwirken eine Krankheit entstehen lassen und aufrechterhalten, dann müssen diese unterschiedlichen Faktoren auch bei der Therapie eine Rolle spielen. Eine zeitgemäße Therapie von Abhängigkeitserkrankungen berücksichtigt deshalb biologische, psychologische und sozialtherapeutische Maßnahmen. Daher ist es nicht mehr vertretbar, eine Abhängigkeitserkrankung vorrangig als persönliches Versagen, als Willensschwäche oder als Folge psychischer Unreife zu verstehen.
Test: Besteht bei Ihnen eine Alkoholabhängigkeit?
    Wenn der Test auf →  S. 22 einen problematischen Alkoholkonsum ergab oder Sie überprüfen wollen, ob Sie alkoholabhängig sind, sollten Sie sich auch die folgenden sechs Fragen ehrlich beantworten. Dieser Fragebogen orientiert sich an der Internationalen Klassifikation der Erkrankungen (»International Classification of Diseases«,
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