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Raubvogel der Sterne

Raubvogel der Sterne

Titel: Raubvogel der Sterne
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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dich dort sah …“ Plötzlich richtete sie sich auf, krampfte die Hände zusammen, und als sie fortfuhr, klang ihre Stimme plötzlich kalt und beherrscht. „Falls du in Kyrals Auftrag gekommen bist – ich kehre nicht zurück.“
    „Ich komme nicht in Kyrals Auftrag, und mich interessiert auch nicht, was du tust.“ Ich erkannte, daß die letzte Behauptung nicht der Wahrheit entsprach, und um meine Verwirrung zu verbergen, schob ich ihr die Nudelschüssel hinüber.
    „Iß. Wir können später reden.“
    Sie machte eine angewiderte Bewegung. „Ich bin nicht hungrig.“
    „Iß trotzdem“, befahl ich. „Das Rauschgift wirkt immer noch. Die heißen Nudeln werden dir gut tun.“ Ich leerte meine Kaffeeschale in einem Zug. „Was hattest du eigentlich dort unten zu suchen?“
    Ohne Warnung warf sie sich über den Tisch zu mir herüber und schlang die Arme um meinen Nacken. Überrascht ließ ich sie einen Augenblick gewähren, dann löste ich ihre Hände mit festem Griff.
    „Rakhal“, flehte sie, „ich versuchte zu entkommen und dich zu finden, deshalb betäubte Evarin mich – Rakhal, hast du noch den Vogel? Du hast ihn noch nicht angewendet? Tue es nicht, Rakhal, du weißt nicht, wie Evarin ist, was er vermag, du …“
    Die Worte flossen in einem unbeherrschten Strom von ihren Lippen. „Er hat so viele von euch in seine Gewalt bekommen, ergib dich ihm nicht auch noch … Sie nennen dich einen aufrichtigen Mann, du hast früher für Terra gearbeitet, die Terraner würden dir glauben, wenn du zu ihnen kämst … Rakhal, nimm mich mit in die terranische Zone, bringe mich dorthin, wo ich vor Evarin geschützt bin …“
    Zu Anfang hatte ich mich vorgebeugt, um Einwände zu erheben, dann wartete ich und ließ ihren Ausbruch über mich ergehen.
    Endlich betonte ich schwer: „Kind, du und der Spielzeugmacher habt euch geirrt. Ich bin nicht Rakhal Sensar.“
    „Du bist nicht …“ Sie wich zurück, betrachtete mich bestürzt und ungläubig. Ihre Augen fuhren von dem grauen Streifen auf meiner Stirn zu der Narbe, die bis unter den Kragen verläuft. „Wer …“
    „Race Cargill. Terranischer Geheimdienst.“
    Sie starrte mich an, ihr Mund stand offen wie der eines Kindes.
    Dann lachte sie. Sie lachte – ich glaubte, sie wäre hysterisch, und schaute sie konsterniert an. Ihre Augen trafen die meinen, und allmählich begann auch ich zu lachen. Sie kicherte hilflos, und ich warf den Kopf zurück und lachte lauthals, bis wir uns aneinanderklammerten und unter Tränen nach Luft rangen.
    Dann fuhr sie sich mit der Hand über die tränenfeuchten Wangen.
    „Cargill“, fragte sie zögernd, „bringst du mich zu den Terranern, wo …“
    „Nein!“ explodierte ich. „Ich kann dich nirgendwo hinbringen, Mädchen, ich muß Rakhal finden …“ Ich brach mitten im Satz ab und sah sie zum erstenmal voll an. Ruhiger sagte ich: „Ich werde dafür sorgen, daß du geschützt wirst, Kind, wenn es mir möglich ist. Aber ich fürchte, du bist vom Regen in die Traufe geraten. Es gibt kein Haus in Charin, das mich aufnimmt. Ich bin bereits zweimal hinausgeworfen worden.“
    Sie nickte. „Ich weiß nicht, wie sich das Wissen verbreitet, aber es macht in nichtmenschlichen Gegenden seine Runde. Ich glaube, sie sind imstande, Unannehmlichkeiten auf einem menschlichen Gesicht zu lesen oder sie im Wind zu riechen.“ Sie schwieg und stützte ihren Kopf in die Hände. Ihre Locken fielen auf ihre schmalen Schultern herunter Ich nahm eine ihrer Hände in die meine und drehte sie um. Es war eine zierliche Hand mit lackierten Nägeln; aber die Furchen und die Hornhaut an den Knöcheln erinnerten mich, daß auch sie der harten Einfachheit der Dürrstädte entstammte. Nach einem Augenblick errötete sie und entzog mir ihre Hand.
    „Woran denkst du, Cargill?“ forschte sie, und zum ersten Male lag keine Koketterie in ihrer Stimme.
    Ich antwortete ihr der Wahrheit gemäß: „An Dallisa. Du ähnelst ihr in vieler Hinsicht.“
    Ich glaube, sie würde fragen, was ich von ihrer Schwester wüßte, aber sie murmelte lediglich nach einer Weile: „Wir sind Zwillinge“, und setzte nach einer neuen langen Pause hinzu: „Aber sie war stets die ältere.“
    Und mehr erfuhr ich nicht von den Ereignissen, die Dallisa in eine harte Klytämnestra verwandelt und Miellyn zur Flucht getrieben hatten.
    Eine blasse, rötliche Dämmerung begann draußen die Nacht zu verdrängen. Die Luft war feucht und kalt, und Miellyn fröstelte und raffte ihr Kleid um die
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