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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig
Autoren: James Clavell
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leiden und in winzigem Maße für das Leid bezahlen, das man selbst ertrug. Zum Krüppel mußte man sie machen, und sie würde lautlos schreien, bis Ameisen kamen, sich um ihr lebendiges Fleisch zu reißen.
    Aber Grey bereitete es nicht das übliche Vergnügen, die Qual des Quälers zu beobachten. Er war zu angespannt mit dem King beschäftigt.

2
    D onnerwetter«, sagte der Major gerade mit gezwungener Freundlichkeit zum King, »wenn ich an die Zeit damals in New York zurückdenke. Das war 33. Wunderbare Zeit. Ein herrliches Land, die Staaten. Habe ich Ihnen eigentlich von der Fahrt erzählt, die ich damals nach Albany machte? Ich war zu der Zeit noch Leutnant …«
    »Jawohl, Sir«, wehrte der King müde ab. »Sie haben es mir erzählt.« Seinem Gefühl nach war er lange genug höflich gewesen, und er konnte noch immer Greys Blick auf sich spüren. Er war völlig sicher, und er hatte keine Angst, aber er wollte aus der Sonne und dem Bereich dieser Augen heraus.
    Er hatte eine Menge zu besorgen. Und wenn der Major nicht zur Sache kommen wollte, nun, dann eben nicht. »Wollen Sie mich jetzt entschuldigen, Sir. Es war nett, mit Ihnen zu reden.«
    »Oh, nur einen Augenblick noch«, rief Major Barry schnell und sah sich nervös um, bewußt der neugierigen Augen vorübergehender Männer, bewußt ihrer unausgesprochenen Frage: Was redet er mit dem King? »Ich … ehhm, könnte ich allein mit Ihnen sprechen?«
    Der King taxierte ihn nachdenklich. »Wir sind hier allein. Wenn Sie auf Zimmerlautstärke bleiben.«
    Major Barry war naß vor Verlegenheit. Aber er hatte jetzt seit Tagen versucht, zufällig dem King zu begegnen. Und die Gelegenheit war zu günstig, als daß er sie sich entgehen lassen durfte. »Aber die Baracke des Sicherheitsoffiziers ist …«
    »Was haben die Greifer damit zu tun, daß wir uns privat unterhalten? Ich verstehe nicht, Sir?« Der King war höflich.
    »Es besteht keine Notwendigkeit … ehhm … nun, Oberst Sellars meinte, Sie könnten mir vielleicht helfen.« Major Barry hatte nur den Stumpf eines rechten Armes, und er kratzte fortwährend den Stumpf, betastete ihn, knetete ihn. »Würden Sie … etwas für uns erledigen, ich meine für mich?« Er wartete, bis niemand in Hörweite war. »Es ist ein Feuerzeug«, flüsterte er. »Ein Ronson-Feuerzeug. Tadelloser Zustand.« Jetzt, da er damit herausgerückt war, fühlte der Major sich ein wenig leichter. Gleichzeitig fühlte er sich nackt, als er diese Worte zu dem Amerikaner sagte, draußen in der hellen Sonne, auf dem Weg, und in aller Öffentlichkeit.
    Der King dachte einen Augenblick nach. »Wer ist der Eigentümer?«
    »Ich.« Der Major blickte bestürzt auf. »Du lieber Himmel, Sie denken doch nicht, ich hätte es gestohlen? Das würde ich niemals tun! Ich habe es über all die Jahre gerettet, aber jetzt, nun, jetzt müssen wir es verkaufen. Alle in der Einheit haben zugestimmt.« Er leckte die trockenen Lippen und streichelte den Stumpf. »Bitte. Würden Sie es tun? Sie können den besten Preis erzielen.«
    »Handel ist gegen das Gesetz.«
    »Schon, aber … bitte, Sie … würden Sie bitte? Sie können mir vertrauen.«
    Der King drehte sich so, daß er den Rücken Grey und das Gesicht dem Zaun zukehrte – nur für den Fall, daß Grey Lippenbewegungen lesen konnte. »Ich werde nach dem Essenfassen jemand schicken«, sagte er ruhig. »Kennwort: ›Leutnant Albany hat gesagt, ich soll zu Ihnen kommen!‹ Kapiert?«
    »Ja.« Major Barry zögerte, sein Herz klopfte wild. »Wann, haben Sie gesagt?«
    »Nach dem Essenfassen. Nach dem Mittagessen!«
    »Ja, sehr gut.«
    »Geben Sie es ihm einfach. Und wenn ich es mir angesehen habe, werde ich mich mit Ihnen in Verbindung setzen. Dasselbe Kennwort.« Der King schnippte die Glut seiner Zigarette weg und ließ die Kippe auf den Boden fallen. Er wollte sie gerade zertreten, als er das Gesicht des Majors sah. »Oh! Wollen Sie die Kippe?«
    Major Barry bückte sich glücklich und hob sie auf. »Danke. Vielen Dank.« Er öffnete seine kleine Tabaksdose, riß vorsichtig das Papier von der Kippe ab, legte den Zentimeter Tabak zwischen die getrockneten Teeblätter und vermischte beides. »Geht nichts über ein bißchen versüßten Knaster«, sagte er lächelnd. »Ich danke Ihnen vielmals. Das reicht mindestens für drei gute Zigaretten.«
    »Bis später, Sir.« Der King salutierte.
    »Aber …«, Major Barry wußte nicht recht, wie er es sagen sollte. »Meinen Sie nicht«, begann er nervös, die
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