Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
den King und ging gemächlich auf ihn zu. »Ja?« Er war ein junger Schlaks mit großen Ohren und krummer Nase und zufriedenen Augen, und er war groß, sehr groß.
    Unaufgefordert ging Tinker außer Hörweite, als der King Tex näher zu sich heranwinkte. »Erledigst du was für mich?«
    »Klar«, sagte Tex.
    Der King zog die Brieftasche heraus und entnahm ihr einen Zehndollarschein. »Such Oberst Brant. Den kleinen Kerl mit dem langen Bart unterm Kinn. Gib ihm das.«
    »Weißt du, wo er steckt?«
    »Unten an der Gefängnisecke. Er ist heute damit beschäftigt, Grey im Auge zu behalten.«
    Tex grinste. »Hab gehört, du hast in der Klemme gesteckt.«
    »Der Schweinehund hat mich schon wieder durchsucht.«
    »Unangenehm«, meinte Tex trocken und kratzte sich das kurze Stoppelhaar.
    »Ja.« Der King lachte. »Und sag Brant, er soll das nächste Mal nicht so verdammt spät kommen. Aber du hättest dabeisein sollen, Tex. Mann, dieser Brant ist eine Wucht von einem Schauspieler. Er hat es sogar fertiggebracht, daß Grey sich entschuldigen mußte.« Er grinste, legte dann noch fünf dazu. »Sag ihm, das ist für die Entschuldigung.«
    »Klar. Ist das alles?«
    »Nein.« Er sagte ihm das Kennwort und erklärte ihm, wo er Major Barry finden würde, und dann ging Tex seines Weges, und der King lehnte sich wieder zurück. Alles in allem war der heutige Tag recht gewinnbringend gewesen.
    Grey lief über den Weg und hastete die Treppe zur Baracke 16 hinauf. Es war beinah Zeit zum Essenfassen, und er fühlte schmerzhaft den Hunger in sich bohren.
    Die Männer standen bereits ungeduldig nach dem Essen an. Schnell ging Grey zu seinem Bett und holte seine beiden Eßgeschirre und Becher und Löffel und Gabel und stellte sich hinten an die Reihe an.
    »Warum ist es denn noch nicht da?« fragte er müde den Mann vor sich.
    »Woher, zum Teufel, soll ich das wissen?« antwortete Dave Daven grob. Sein Akzent verriet Public School – Eton, Harrow oder Charterhouse –, und er war schlank und hoch gewachsen wie Bambus.
    »Ich hab ja nur mal gefragt«, sagte Grey gereizt und verachtete Daven wegen seines Akzents und seiner angestammten Rechte. Nachdem sie eine Stunde lang gewartet hatten, kam das Essen. Ein Mann trug zwei Behälter zum Kopf der Schlange und stellte sie ab. In den Behältern waren früher einmal zwanzig Liter Super-Benzin gewesen. Jetzt war der eine halb mit trockenem und durchsichtigem Reis gefüllt. Der andere war voll Suppe.
    Heute gab es Haifischsuppe – zumindest war ein Hai Gramm für Gramm in die Suppe für zehntausend Mann verteilt worden. Sie war warm und schmeckte leicht nach dem Fisch, und darin schwammen Stücke von Auberginen und Kohl, einhundert Pfund für zehntausend. Der größte Teil der Suppe bestand aus roten und grünen, bitteren und dennoch nahrhaften Blättern, die mit viel Sorgfalt in den Gärten des Lagers gezogen worden waren. Salz und Curry und spanischer Pfeffer würzten sie.
    Schweigend traten die Männer einer nach dem andern vor, beobachteten die Abfertigung des Vordermannes und des Hintermannes und verglichen deren Portionen mit der eigenen Zuteilung. Aber jetzt, nach drei Jahren, waren die Portionen alle gleich.
    Je Mann eine Tasse Suppe.
    Der Reis dampfte, als er ausgeteilt wurde. Heute gab es Javareis, körnig trocken, der beste auf der Welt. Eine Tasse voll je Mann.
    Einen Becher Tee.
    Jeder nahm sein Essen weg und aß schweigend, hastig, voll höchster Pein. Die Reiskäfer im Reis waren zusätzliche Nahrung, und der Wurm oder das Insekt in der Suppe wurden ohne Zorn herausgefischt, falls sie entdeckt wurden. Aber die meisten sahen gar nicht mehr auf die Suppe, nachdem sie zuerst rasch hineingeschaut und geprüft hatten, ob ein Stück Fisch darin schwamm.
    Heute war nach der Essenausgabe etwas übrig, und die Liste wurde nachgesehen, und die drei Männer, die darauf an der Spitze standen, erhielten den Nachschlag und dankten dem Heute. Dann war das Essen alle, und das Mittagessen war vorbei, und Abendessen gab es bei Sonnenuntergang.
    Aber obwohl es nur Suppe und Reis gab, konnte es hier und da im Lager vorkommen, daß einer vielleicht ein Stück Kokosnuß, eine halbe Banane oder ein Stück Sardine oder einen Faden Büchsenfleisch oder gar ein Ei besaß, die er unter seinen Reis mengen konnte. Ein ganzes Ei war selten. Einmal in der Woche, sofern die Lagerhühner nach Plan legten, erhielt jeder ein Ei. Das war ein großer Tag. Einige wenige erhielten jeden Tag ein Ei, aber keiner wollte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher