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Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin

Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin

Titel: Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
Autoren: Elaine Cunningham
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den mißtönenden Chor verlorener Stimmen durch das unmenschliche Brüllen hindurch zu hören. Eine dieser Stimme kannte er gut.
    Der Nekromant drückte die Schultern durch und machte sich bereit, sich Chalzaster in dem Jenseits anzuschließen, um das sie sich verdient gemacht hatten. Er beschwor einen Kugelblitz, den mächtigsten Zauber, den er noch besaß, da er hoffte, Magie als Lockvogel würde helfen, um das Ende schneller kommen zu lassen. Er sagte sich, dies sei kein Akt der Feigheit. War schließlich nicht auch Chalzaster aufrecht gestorben, bereit, seinem Gegner einen letzten Zauber entgegenzuschleudern?
    Aber die magische Waffe verlor rasch an Wirkung, und der Blitz flackerte in seiner Hand wie ein Lagerfeuer im Monsun. Davon nahm er jedoch kaum Notiz, da seine Augen auf die Kreatur gerichtet waren, die sich langsam und lautlos aus dem dunklen Wasser erhob.
    Das Gesicht der Kreatur war gewaltig und unbeschreiblich widerwärtig – es war die Art von Fratze, die Dämonen in ihren Alpträumen plagt. Eingerahmt war das Gesicht von riesigen Elfenohren, die nicht nur spitz zuliefen, sondern auch stachelbewehrt waren. Der wuchtige Schädel war nicht mit Haaren bedeckt, sondern mit einem Gewirr sich windender, um sich schnappender Aale. Die Augen waren schwarz wie Obsidian und zeigten keinerlei Intelligenz, die Zilgorn verstehen konnte. Sie waren so seelenlos und auf ein einziges Ziel gerichtet wie die eines Hais. Während sich die Kreatur aufs Ufer zu bewegte, wurde ein muskulöser Körper erkennbar, der grob einem Mann nachempfunden war, dem es aber an jeglicher Schönheit fehlte. Jede Sehne war angespannt wie bei einem schußbereiten Bogen, und die Bauchhöhle war unterhalb der gewaltigen Brust tief eingefallen. Vier Arme, die alle in Klauen mündeten, streckten sich nach Zilgorn aus.
    »Ein ... ein Laraken«, stieß er atemlos hervor, obwohl dieses Monster größer und kräftiger war als jedes dieser Geschöpfe, von denen Zilgorn bislang gehört hatte. Der nahende Tod brachte eine eigene Klarheit mit sich, und Zilgorn erkannte in dem Monster eine verwandte Seele: ein Geschöpf der Macht und des Hungers. Er erinnerte sich alles, was er über die Jahre getan hatte, und verstand, daß dies der Tod war, den er verdient hatte. Nichts in ganz Halruaa hätte ihm mehr Angst machen können als dieses Wissen.
    Zilgorn hatte den Tod in allen Formen gesehen und hatte sich mit dem Tod in Formen befaßt, die die Grenzen des normalerweise Möglichen überschritten. Er hatte Kreaturen beschworen und befehligt, die so fürchterlich waren, daß sie den meisten Menschen das Herz stillstehen ließen. Doch Zilgorn konnte nichts tun, um die Schreie verstummen zu lassen, die aus seiner Kehle drangen.
    Aus seiner Kehle! Zilgorns Kopf wurde von einer unsichtbaren Macht nach hinten gerissen, während er spürte, wie seine Stimme, die das Instrument seiner Magie war, sich von ihm losriß. Der Schmerz brannte in ihm und verschwand, und er blieb leer und stumm zurück. Instinktiv machte er einen Satz nach vorn, als wolle er versuchen, seine Stimme wieder an sich zu reißen. Er mußte voller Entsetzen mitansehen, wie seine ausgestreckten Hände zu von Haut umhüllten Knochen verkümmerten.
    Er wollte fliehen, doch seine Beine gehorchten ihm nicht mehr. Die Kraft und das Leben flossen aus seinem Körper wie Blut aus einer Wunde. Der Laraken, der das Flußufer erreicht hatte und mit der doppelten Größe eines gewöhnlichen Mannes darüber hinausragte, begann allmählich, Fleisch anzusetzen. Sein eingefallener Bauch schwoll an, als er die magische Essenz des Magiers und der sterbenden Männer hinter ihm in sich aufsog.
    Der letzte Gedanke des stolzen Nekromanten war von Erleichterung geprägt, denn ohne Stimme konnte er nicht schreiend sterben, und niemand war da, der Zeuge seiner letzten Niederlagen werden konnte.
    In beiden Punkten irrte er sich.
    In einer Turmkammer, von der aus man die Berge im Westen Halruaas überblicken konnte – einem Ort, der weit von Akhlaurs Sumpf von entfernt war –, beugte sich eine Elfe über eine flache, runde Kristallkugel. Zilgorns Tod wurde ihr in allen Einzelheiten gezeigt, und ihre guten Ohren vernahmen den neuen Ton im Gebrüll des Laraken: die geübte Stimme des Nekromanten, die ein letztes Mal zu einem Schrei voller Schmerz und Entsetzen ansetzte.
    Als die magische Vision vorüber war, lehnte sich die Elfe zurück und strich eine strahlend grüne Locke aus dem Gesicht. Sie sah den Wemic an, einen
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