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Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin

Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin

Titel: Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
Autoren: Elaine Cunningham
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Lehrling wies auf eine Kristallstatue, ein transparentes, lebensgroßes Abbild einer Elfenkriegerin, die sich in kampfbereiter Lauerstellung befand. Ihre Muskeln waren angespannt, um jeden Moment zuschlagen zu können.
    Es war eindeutig das Bild einer Frau von außerordentlicher Schönheit, was ihr Erscheinungsbild und das Geschick des Künstlers anging. Zilgorn hatte noch nie etwas Vergleichbares gesehen, doch bereiteten ihm bestimmte Dinge an der Statue Sorge. Die lieblichen Gesichtszüge der Elfe waren im Schmerz erstarrt, und ihr kristallenes Haar hing sonderbar schlaff herab.
    Gedankenverloren fuhr er durch sein eigenes feuchtes schwarzes Haar. Ein entsetzlicher Verdacht keimte in ihm auf und krallte sich fest.
    »Die Krieger sind mit den Waffen in Händen gefallen«, überlegte er. »Chalzaster, ein Erzmagus, starb aufrecht. Aber was ist mit dieser Elfe geschehen?«
    »Elfe?« Hazzle reagierte verwirrt. »Aber das ist doch nur eine Statue, ein Schatz aus lang vergessener Zeit.«
    »Tatsächlich?« gab Zilgorn ruhig zurück. Er ballte eine Hand zur Faust und beschrieb mit ihr einen Haken auf die Kristallkriegerin zu. Wie erwartet tauchte seine Faust tief in das durchsichtige Bild ein, doch er hatte nicht damit gerechnet, daß ihn eine so eisige Kälte überfallen würde. Es war nicht nur die Kälte des Todes, sondern das Fehlen jeglicher Wärme, eine kalte, absolute Leere. Zilgorn riß seine Faust zurück und zeigte seinem Lehrling die bläulich-weiße Haut.
    Hazzle atmete heftig ein und gab einen Zischlaut von sich, während einige der Männer Schutzzeichen machten – eine abergläubische, dumme Reaktion auf das Unbekannte, etwas, worüber sich Zilgorn geärgert hätte, wenn Zeit genug dafür gewesen wäre. Aber es gab Wichtigeres.
    Der Magier schüttelte die Hand, bis sie wieder warm und das Gefühl zurückgekehrt war. Er riß eine Ecke von der Pergamentkarte ab und ging zurück zu den Knochen seines einstigen Meisters. Er nahm Chalzasters Medaillon in eine Hand und drückte das Pergament auf die Seite, auf der sich die Sigel befand. Während seiner eigenen Ausbildung war er magisch ermächtigt worden, Chalzasters Sigel auf Schriftrollen zu prägen, die er kopiert hatte. So waren sie als authentische Kopien der Arbeit des Erzmagus gekennzeichnet worden. Diese Macht war ihm bis zu seinem Tod verliehen worden, was bedeutete, daß die Sigel einen glühend roten Schatten ihrer selbst in das Pergament brennen würde.
    Nichts geschah. Alle Magie, die das Medaillon einst besessen haben mochte, war lange verschwunden.
    Zilgorn wippte auf den Fersen vor und zurück und dachte nach. Chalzaster hatte keine Geduld, was Weltliches oder magisch Totes betraf. Also waren sicher alle, die ihn begleitet hatten, Magier oder möglicherweise Kleriker gewesen. Alle waren angesichts ihrer Kräfte schnell gestorben: die meisten von ihnen mitten in einem Angriff, der große Chalzaster bei einem Zauber. Doch der Elfe, einem Geschöpf, dessen Essenz, Körper und Seele so sehr aus Magie bestanden wie ein Regenbogen aus Licht, war so rasch alle Energie entzogen worden, daß nichts von ihr blieb – bis auf ein durchsichtiges, völlig leeres Abbild. Zilgorn hatte so etwas noch nie gehört, aber er kannte den Tod gut genug, um zu erkennen, daß sein eigenes Ende in Chalzasters Knochen vorausgesagt wurde, während der erstarrte Geist der Elfe sein Streben nach magischen Kräften verhöhnte.
    Zilgorn versteifte sich. »Raus hier! Sofort! Alle!«
    Die Panik in seiner Stimme verlieh den anderen Flügel. Sie rannten fort von der Tempelruine und stolperten blindlings auf dem engen Pfad davon.
    Am Ufer kamen sie zu einem abrupten Halt und betrachteten aufmerksam die dunkle, brodelnde Oberfläche, während sie versuchten, den rasselnden Atem und das wild pochende Herz zur Ruhe zu bringen.
    Stille.
    Mit einem Mal bemerkte Zilgorn, daß im Sumpf unheimliche Stille eingekehrt war. Im Zwielicht der Abenddämmerung pulsierte der Sumpf normalerweise vor Leben, aber aus den flachen Wassern war von den Krokodilen nichts zu vernehmen, die Vögel hoch oben in den Baumkronen zwitscherten nicht, und kein Affe kreischte. Noch nicht einmal das Summen der Insekten war zu hören, und der Sumpf selbst wirkte, als habe er sich zusammengekauert und warte gespannt ab.
    Dann zerriß ein entsetzliches, ohrenbetäubendes Brüllen die Luft, das zugleich so tief wie ein Donner und so schrill wie der Schrei eines Falken war. So gelähmt Zilgorn auch war, glaubte er doch,
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