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Ratgeber Neuropsychologie

Ratgeber Neuropsychologie

Titel: Ratgeber Neuropsychologie
Autoren: Karlheinz Amin und Schneider-Janessen Scheurich
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Aufmerksamkeit und der Sinneswahrnehmung Auswirkungen auf die höheren Funktionen der bewussten sprachlichen und visuell-räumlichen Informationsverarbeitung. Zudem können relativ kleine aber zentrale Substanzstörungen weit reichende oder diffuse Funktionsstörungen nach sich ziehen.
    Ferner kommt es oft vor, dass die betroffenen Patienten die schweren Fehlfunktionen selbst nicht wahrnehmen können. Diese „Blindheit“ für die eigenen Krankheitssymptome (Anosognosie) entsteht, weil es keine höhere Schaltstelle als unser Gehirn und keine nachgeordnete Kontrolle gibt. Zusätzlich zu den von Außenstehenden klar erkennbaren Beeinträchtigungen fehlt den Patienten dann die Registrierungs- und Verarbeitungsstelle für fehlerhafte Informationsverarbeitung. So kann einem Patienten die Wahrnehmung für die linke Hälfte des vor ihm liegenden Raumes fehlen, ohne dass er sich dessen bewusst ist. Diese Menschen stoßen dann häufig an Türen und Türrahmen und müssen vor der eigentlichen Behandlung erst lernen, dass sie diese Beeinträchtigung haben. Bei anderen Patienten ist die Körperwahrnehmung gestört, so dass ihnen der eigene Arm oder das eigene Bein fremd und dem eigenen Körper nicht zugehörig erscheinen.
    Leiden Patienten bei intakter Aufmerksamkeit unter schweren Gedächtnisstörungen können sie wie gewohnt alle Informationen registrieren, aufschreiben und sich darüber unterhalten. Nach einigen Minuten jedoch, wenn der „Arbeitsspeicher“ vorübergehend einen anderen Inhalt hatte, ist alles zuvor Besprochene und Erlebte vergessen und wie ausgelöscht. Den betroffenen Patienten kann ein Zeitungsartikel kurze Zeit nach der Lektüre wieder völlig neu und interessant erscheinen. Menschen mit dieser schweren Beeinträchtigung sind fraglos auf Hilfe und Pflege angewiesen. Sie können nicht mehr für sich sorgen und können die Verantwortung für ihr Leben nicht mehr übernehmen.
    Die Funktionsbeeinträchtigungen des Gehirns betreffen in der Regel die gesamte Persönlichkeit eines Menschen. Sie führen zu Veränderungen seines Verhaltens, Erlebens und seines Charakters, von denen wiederum auch die soziale Umgebung eines Patienten in hohem Maße betroffen ist.
    Es ist vornehmlich Aufgabe der klinischen Neuropsychologie, Art und Ausmaß aller Funktionseinschränkungen des Gehirns festzustellen und den betroffenen Menschen und ihren Angehörigen Therapie-, Kompensations- und andere Hilfsangebote zu machen.

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Wie kann sich
eine Schädigung des Gehirns auf die Psyche
auswirken?
    Das Gehirn ist das zentrale Organ von Wahrnehmung, Körperkoordination, Denken, Fühlen und Persönlichkeit. Entsprechend wirken sich Schädigungen des Gehirns in mannigfaltigen Störungen aus. Dabei kann eine eindeutige Trennung von einerseits Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörungen und andererseits psychischen Störungen wie Depressivität, gestörter Impulsivität und veränderten Persönlichkeitseigenschaften nicht aufrecht erhalten werden.
    Störungen der Aufmerksamkeitsfunktion und der Wahrnehmung wirken sich sowohl auf die kognitiven Funktionen des Denkvermögens, der Informationsverarbeitung und -speicherung als auch auf die Kommunikation, die soziale Kompetenz und in der Folge auf die Motivation und den Antrieb aus. Es ist augenscheinlich, dass das Unvermögen, sich an die eigene Person und Geschichte zu erinnern, oder die Unfähigkeit, selbst nahe stehende Personen zu erkennen, gravierende psychische und soziale Folgen hat. Ebenso steht es mit Störungen der sprachlichen und visuell-räumlichen Informationsverarbeitung. Die eingeschränkten Funktionen haben Auswirkungen auf die innerpsychische Gefühlsverarbeitung und Motivation und auf die soziale Kompetenz und Kommunikation.
    Zusätzlich zu diesen psychischen Folgen bei Vorhandensein anderer Hirnfunktionsstörungen können Schädigungen des Gehirns auch direkt die Gefühlswahrnehmung und -verarbeitung sowie die Persönlichkeit betreffen. Bei Schädigungen des Gehirns können zwanghaftes Lachen oder Weinen auftreten, ohne dass der entsprechende psychische Gefühlszustand vorliegt. Es können rein organisch bedingte Störungen der Gefühlsverarbeitung wie Depressivität, Ängstlichkeit und Apathie vorliegen. Es können irritierende Veränderungen der Steuerung des Sozialverhaltens, ungebremste sexuelle und aggressive Impulsivität und Veränderungen der Persönlichkeit unabhängig von anderen Hirnfunktionsstörungen auftreten. Oftmals wirken diese Veränderungen nach
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