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Rasputins Erbe

Rasputins Erbe

Titel: Rasputins Erbe
Autoren: Norah Wilde
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Gesicht. Diesmal hatte sie den Kolben ihrer Pistole als Knüppel benutzt und Julia schwirrte der Kopf. Sie hatte eine weitere Platzwunde abbekommen, diesmal an der linken Augenbraue, die in Sekundenschnelle zu einer hässlichen Beule anschwoll.
    Der Schmerz kam erst einige Augenblicke später, als Julia den Schock überwunden hatte und wieder geradeaus guckten konnte. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr Kopf platzen. Sie musste die Augen zusammenkneifen und biss sich auf die bereits blutende Unterlippe, um diese erste brutale Welle des Schmerzes ein wenig zu mildern.
    Als Julia leicht benommen die Augen wieder öffnete, sah sie, dass Annabelle die Pistole provisorisch in ihrem Hosenbund geklemmt hatte. Sie versuchte, eine Zigarette aus dem Päckchen zu bekommen, aber ihre Hände zitterten so stark, dass ihr die Packung aus der Hand fiel und die Kippen über den staubigen Boden des Kellers rollten.
    Julia realisierte, dass Annabelle ebenfalls Angst hatte. Auch auf ihrer Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet, die dunklen Flecken unter den Armen, die sich auf der grauen Bluse gebildet hatten, sprachen eine deutliche Sprache. Annabelle fürchtete sich davor, Julia umzubringen.
    Diesen Moment der Schwäche nutzte Julia aus, indem sie das Nervenbündel vor ihr weiter provozierte. Jetzt hatte sie wirklich nichts mehr zu verlieren.
    „Worauf wartest du noch? Bringen wir es endlich hinter uns! Oder hast du etwa Angst? Das hier ist doch genau das, was du wolltest. Ich werde bald unter der Erde sein und Alexej ist dann im Knast. Worauf wartest du also?“, höhnte Julia. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust, aber es war ihr egal. Sie wollte, dass die Tortur endlich ein Ende nahm.
    Annabelle ignorierte Julias Rufe und ging wieder nervös im Raum umher. Die Pistole steckte immer noch in ihrem Hosenbund. Annabelle hatte es geschafft, sich eine Zigarette anzustecken. Sie zog gierig an dem Glimmstängel, ihr Blick ging ins Leere. Julia sah, dass ihre Peinigerin nicht den Mumm hatte, um sie tatsächlich zu ertränken.
    Jetzt musste sie es nur noch schaffen, dass diese Psychopathin sie losmachte oder wenigstens die Flucht ergriff. Julia ließ ein falsches Lachen hören. Annabelle achtete zunächst nicht darauf, aber nach einigen Sekunden schaute sie zur gefesselten, blutenden Julia herüber. Ihr eisiger und plötzlich alarmierend entschlossener Blick sorgte dafür, dass Julia das Lachen im Halse stecken blieb.
    Sie war zu weit gegangen. Annabelle warf den Zigarettenstummel achtlos auf den Boden und ging auf Julia zu. Es waren nur knapp zwei Meter und Julia spürte, dass sie einen gewaltigen Fehler gemacht hatte.
    Annabelles Augen fixierten Julia hasserfüllt. Julia konnte den Wahnsinn in ihrem Blick erkennen. Sie war verrückt. Sie wusste nicht, was sie tat. Und das Schlimmste war: es schien Annabelle sogar egal geworden zu sein.
    Sie griff nach ihrer Waffe und richtete sie erneut auf Julias Nasenspitze. Julia schielte nur noch kurz auf die Mündung und hielt den Atem an. Instinktiv schloss sie dann die Augen, sie presste sie so stark zusammen, dass es schmerzte. Sie hatte verloren.
    „HALT!“, ertönte eine vertraute Stimme aus Richtung der Kellertreppe. Julia öffnete ihr rechtes Auge zögerlich und sah, dass dort wirklich Alexej mit erhobenen Armen stand und seinerseits Annabelle flehend anschaute.
    Diese hatte die Pistole blitzschnell in seine Richtung gedreht und schrie: „Stehen bleiben. Ein Schritt weiter und ich knall' die Schlampe ab!“
    Alexejs rührte sich nicht, sondern behielt seine durchdrehende Sekretärin und ehemalige Geliebte im Auge.
    „Lass' Julia aus dem Spiel. Sie hat dir nichts getan. Lass' sie gehen und wir klären das unter uns“, sagte Alexej mit fester Stimme. Er nickte grimmig in Richtung des Stuhls, auf dem Julia gefesselt worden war und fügte hinzu: „Los, nimm ihr die Fesseln ab!“
    Annabelle ließ ein überdrehtes Lachen hören. Sie fand seine Aufforderung offenbar witzig. „Die Zeiten, in denen du mir Befehle gibst, sind vorbei. Du wirst ganz genau das machen, was ich dir sage“, rief Annabelle und ihr wilder Blick raste von Alexej zurück zu Julia und wieder zu Alexej.
    Julia ahnte, dass die Situation nicht glimpflich ausgehen würde und sie sollte Recht behalten.
    Alexej ignorierte Annabelles Warnung und bewegte sich – immer noch mit erhobenen Händen – in ihre Richtung. Annabelle wich ein paar hastige Schritte zurück, behielt den riesigen Russen, dessen machtvolle Aura Julia
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