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Rasheed, Leila

Rasheed, Leila

Titel: Rasheed, Leila
Autoren: Rueckkehr nach Somerton Court
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und gab den Blick frei auf einen sanften, grasigen Hang, der zu weiteren Hügeln und Tälern abfiel. Und dort, umrahmt von den Kuppen, stand ein Herrenhaus aus honigfarbenem Stein, mit mehr Kaminen und Fenstern, als sie zählen konnte.
    »Somerton!«, rief sie. »Wir sind … zu Hause.«

4
    Rose lief hastig in die Eingangshalle und strich ihr schwarzes Kleid glatt. Sie hoffte nur, dass sie keinen Fleck übersehen hatte und es auch wirklich sauber war. Flecken auf den Uniformen ließen sich kaum vermeiden, wenn man den ganzen Tag darin arbeiten musste, oft auf Händen und Knien. Rose wollte auf keinen Fall einen schlechten Eindruck machen, da wäre ihre Mutter von ihr furchtbar enttäuscht.
    Mr Cooper wies ihr einen Platz in der Reihe der anderen Dienstboten zu, die bereits in der Halle standen und auf die Ankunft der Familie warteten. Rose reihte sich nervös ein. Die große Eingangshalle schüchterte sie ein, sie fühlte sich dort immer winzig klein. Die Schritte auf dem Marmorboden hallten in der hohen Kuppel mit dem griechischen Fries wider, und in einer Seitennische stand die unglaublich kostbare Westlake-Vase, eine riesige, reich verzierte römische Urne, die Lord Westlakes Vater auf seiner großen Europatour in Paestum erworben hatte. Rose lebte in der ständigen Angst, sie herunterzustoßen und kaputt zu machen, obwohl es dafür keinen Grund gab, denn nur Cooper durfte sie abstauben. »Ich hoffe, die wollen nicht diesen ganzen ausländischen Fraß gekocht kriegen wie in Indien«, hörte sie Martha weiter hinten in der Reihe plappern. »So scharf, dass dir der Rotz aus der Nase läuft, hab ich gehört.«
    »Martha!«, fuhr Mr Cooper sie an. Martha kniff die Lippen zusammen und wurde unter den Sommersprossen rot.
    Im nächsten Moment öffneten sich die Türen des Salons, und Sir William und Lady Edith traten heraus. Master Philip, Sir Williams jüngerer Bruder, folgte ihnen im besten Anzug und steifem Hemdkragen. Er sah missmutig und elend aus. Der würdevolle Auftritt verlor ein wenig an Wirkung, weil Master Augustus sich an Lady Ediths Röcke klammerte und schrie wie am Spieß.
    »Ach herrje, Gussie«, seufzte Lady Edith. »Was hast du heute bloß? Möchtest du etwas Feines essen? Bitte benimm dich, wenn dein Großonkel ankommt, ja? Bitte, Schätzchen.«
    Philip rollte mit den Augen, und Rose unterdrückte ein Lächeln. Master Philip tat ihr leid – jeder wusste, dass er unter seinem älteren Bruder nichts zu lachen hatte.
    Das Rumpeln der Kutschenräder und das Hufgeklapper draußen wurden immer vernehmlicher, bis die Pferde mit lautem Klirren des Zaumzeugs vor der Tür zum Stehen kamen. Rose hörte die hellen, aufgeregten Stimmen junger Damen. Ihr wurde ganz wehmütig ums Herz. Lady Ada und Lady Georgiana!
    Mr Cooper warf Martha einen letzten warnenden Blick zu und schritt dann zur Tür, majestätisch wie ein Ozeandampfer.
    James und Roderick, die beiden Lakaien, richteten sich zu ihrer vollen stattlichen Größe auf und drückten die Brust heraus, dass ihre gestreiften Westen fast aus den Nähten platzten. In Rose schäumte plötzlich, wie Sektperlen, ein fürchterlicher Drang zu kichern hoch. Sie biss sich in die Wangen. Die Tür schwang auf, und Rose hörte draußen eine gedämpfte Männerstimme.
    »Guten Morgen, Sir«, antwortete Mr Cooper. Rose, die sittsam zu Boden blickte, sah, wie Sir Williams Schatten sich nach vorne bewegte, und hörte ihn sagen: »Willkommen zu Hause, Onkel.«
    »Danke«, erwiderte eine tiefe, ruhige Stimme. »Es ist schön, wieder hier zu sein.«
    Rose spürte, wie sich die Eingangshalle füllte, roch den Duft von Parfum, hörte die leisen Stimmen junger Damen, das Rascheln von Röcken.
    »Philip! Wie groß du geworden bist. Ein richtiger junger Mann!« Das war eine der jungen Damen. Sie hatte eine leise, sanfte Stimme – Lady Ada, vermutete Rose. Philip antwortete leise und schüchtern, aber hörbar erfreut, dass man ihn überhaupt bemerkte. »Und das muss der kleine Augustus sein!«, sagte eine andere Frauenstimme. »Wieso begrüßt du deine Tante Georgiana denn mit so einem grässlichen Geschrei?«
    Mit einem erschrockenen Hickser stellte Augustus sein Brüllen ein. »Das Personal …«, murmelte Mr Cooper. »Darf ich in seinem Namen zum Ausdruck bringen, wie sehr wir uns freuen, Sie wieder zu Hause willkommen heißen zu dürfen.«
    Höfliches Gemurmel. Rose hielt den Blick zwar immer noch gesenkt, bekam aber mit, dass Mr Cooper Lord Westlake und die anderen Ankömmlinge
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