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Rasheed, Leila

Rasheed, Leila

Titel: Rasheed, Leila
Autoren: Rueckkehr nach Somerton Court
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Ehrlich gesagt, hat sie nicht das richtige Gesicht für so ein modisches Stück, aber sie versucht es immer wieder.«
    Rose trat zum Spiegel und nestelte an dem Hut herum, bis er Miss Wards Gesicht perfekt umrahmte. »Sehr elegant! Vielleicht gibst du selbst einmal eine gute Zofe ab«, sagte Miss Ward mit einem Lachen.
    »Das könnte ich nicht. Ich wüsste gar nicht, was da alles zu tun ist.« Die Idee jagte Rose keinen geringen Schrecken ein; Zofen erschienen ihr immer sehr vornehm.
    »Ach, das würdest du schon lernen. Ich hab’s ja auch gelernt.« Sie neigte den Kopf zum Spiegel und blickte unter der Krempe hervor.
    Die Tür flog auf, und Roses Mutter trat herein.
    »Rose? Du wirst im Musikzimmer gebraucht. Anscheinend spielt Lady Georgiana Klavier, und sie möchte, dass es bei ihrer Ankunft spielbereit dasteht.«
    Rose eilte schon davon, da rief ihre Mutter sie noch einmal zurück. Der Gang war leer. Sie legte Rose die Hand unters Kinn und sah in ihre blauen Augen.
    »Vergiss nicht, dein Haar zurückzustecken, Rose, damit man deine Augen sehen kann«, flüsterte sie. Dann strich sie ihrer Tochter die Haare aus dem Gesicht, was sie nicht mehr getan hatte, seit Rose ein kleines Mädchen war. »Halte das Kinn gesenkt, und versuche, nicht zu lächeln.«
    Rose starrte sie an. »Äh – ja, Mutter.«
    »Ich liebe dich sehr, das weißt du.«
    Rose wusste, dass ihre Mutter sie liebte, auch wenn sie es nur selten aussprach. »Was ist denn los?«, fragte Rose leise.
    Aber ihre Mutter war schon wieder hinter ihrer schroffen Fassade verschwunden. »Was los ist? Uns bleibt nur noch ein einziger Tag, um das Haus gründlich in Ordnung zu bringen und die Hochzeit vorzubereiten. Jetzt geh und sorge dafür, dass das Turmzimmer für Lady Ada fertig wird. Vor lauter Templetons habe ich sie ganz vergessen.«
    Lady Adas Zimmer lag oben am Ende einer Wendeltreppe. Rose hatte bereits begonnen, es für die große Heimkehr vorzubereiten, aber als sie die Tür aufschob und den Schrankkoffer mitten auf dem Fußboden stehen sah, fand sie, dass der Raum im Vergleich zu Miss Charlottes Zimmer kahl und kalt wirkte. Rose machte erst Feuer im Kamin, dann bezog sie das Bett. Als die Fensterläden zurückgeklappt waren und das Zimmer geputzt, begann sie mit dem Auspacken. Nachdem sie einmal gesehen hatte, wie Miss Ward Miss Charlottes Zimmer hergerichtet hatte, wuchs ihr Selbstvertrauen. Sie löste den Koffergurt und klappte den Deckel hoch – ob Martha mit ihrem Juwelen- und Fluchgerede am Ende recht behielt?
    Bücher!
    Sie starrte sie verblüfft an. Bücher in Griechisch, Bücher in Lateinisch, Geschichtsbücher, Bücher über Politik und Philosophie … Wo in aller Welt sollte sie die unterbringen? Letzten Endes stapelte sie sie im Schrank und hängte die paar Kleider darüber. Es fiel schwer, Lady Adas vernünftige Baumwoll- und Musselinkleider nicht mit Miss Charlottes zarten, bestickten Gewändern zu vergleichen. Sie blickte sich um. Vielleicht waren für Lady Ada Bücher wichtiger als Kleider und Kinkerlitzchen, aber Rose fände es trotzdem beschämend, wenn sie den Raum nicht einladender hinbekäme.
    Ein Stockwerk tiefer hatte jemand einen riesigen Rosenstrauß unter ein Gangfenster gestellt. Somerton Court war berühmt für seine Rosen und besonders für diese, die Averley Pearl, erstmals gezüchtet von Lord Westlakes Urgroßmutter. Sie verströmte einen starken, süßen Duft, und die weißen Blütenblätter hatten einen frischen Schimmer, den Gärtner im ganzen Land erfolglos nachzuahmen versuchten. Rose zog vorsichtig eine einzelne Blüte heraus und trug sie nach oben. Sie legte sie in eine Silberschale, goss Wasser hinein und stellte sie auf den Frisiertisch.
    »So«, sagte sie laut. »Ich hoffe, das wird ihr gefallen.«
    Sie blieb einen Augenblick vor der Rose stehen und sah sie nachdenklich an. Eigentlich sollte sie hinuntergehen und den anderen helfen, aber plötzlich stiegen Erinnerungen an ihre Kindheit in ihr auf, als sie, Lady Ada und Lady Georgiana miteinander im Garten gespielt hatten. Das hatten sie, strenggenommen, gar nicht gedurft, aber damals teilten sie die Welt noch nicht in Herrschaften und Dienstboten ein. Sie waren einfach drei kleine Mädchen, die Geschichten über Feen im Obstgarten erfanden. Wie seltsam, dass sie jetzt so gar nichts mehr über Lady Adas Neigungen und Abneigungen wusste.
    Könnte sie es wagen, sie an diese Tage zu erinnern? Ihre Mutter wäre empört, wahrscheinlich zu Recht. Man hatte seinen Platz
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