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Rasheed, Leila

Rasheed, Leila

Titel: Rasheed, Leila
Autoren: Rueckkehr nach Somerton Court
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jetzt würden neue Menschen hier einziehen, vielleicht würden manche von ihnen Musik machen oder Musiker kommen lassen, um auf Bällen, die sie geben würden, zu spielen. Mehr als alles andere auf der Welt wünschte sich Rose, richtig Klavier spielen zu lernen. Aber ihre Mutter wollte nichts davon wissen; die Stunden waren viel zu teuer, außerdem würde sie sich damit »über ihren Stand erheben«, wie ihre Mutter es nannte. Rose seufzte. Manchmal kam es ihr vor, als wäre alles, was sie gern täte, alles, was sie faszinierte, »über ihrem Stand«.

    Rose lief mit einem Turm Hutschachteln die Dienstbotentreppe hinauf, während die Lakaien unter Gerumpel und Gepolter die Schrankkoffer in die Zimmer schleppten. Sie hatte keine Hand frei und schob sich deshalb rückwärts durch die Dienstbotentür in den Ostflügel. Türen, die seit zehn Jahren verschlossen gewesen waren, standen offen, der ganze Trakt schien im plötzlichen Sonnenlicht zu blinzeln. Rose roch Möbelpolitur und hörte ein Schleifen und Klopfen – Mary reinigte die Teppiche in den weißen Zimmern. Im Vorbeieilen warf sie einen Blick in das Musikzimmer. Die Decke war vom Klavier abgenommen worden, und James und Roderick rollten den Teppich aus. Nie hatte im Haus ein solcher Lärm geherrscht.
    »Das sind die letzten Stücke von Mrs Templetons Gepäck«, verkündete Rose, als sie mit den Schachteln in das blaue Boudoir trat.
    »Na endlich!« Annie war gerade dabei, das Bett zu beziehen, und blickte hoch.
    »Keine Frechheiten, Annie.« Roses Mutter kam herein; der Druck, unter dem sie stand, war ihr nur an der Steilfalte zwischen den Augenbrauen anzusehen. »Hilf ihr mit dem Bett, Rose, und dann sieh nach, ob Miss Ward Hilfe mit Miss Charlottes Zimmer braucht.«
    »Gehört dieser Koffer in Lady Adas Zimmer?«, fragte James, während er die Tür aufstieß. »Oh, Entschuldigung, Mrs Cliffe, ich habe Sie nicht gesehen.«
    »Ja, bring ihn in Lady Adas Zimmer, und den anderen in das von Lady Georgiana. Gehört das Grammphon Master Sebastian? Dann bring es in das chinesische Zimmer hinauf. Das Ding da auch, was immer es ist.« Sie nickte zu einer schlanken, mit arabischen Goldornamenten verzierten Vase hinüber, um die schlangenartig ein langer Schlauch mit Mundstück gewickelt war.
    »Das ist eine türkische Wasserpfeife«, sagte James, nicht wenig stolz.
    »Schön, aber zerbrechen Sie sie nicht.« Mrs Cliffe schien nicht weiter beeindruckt.
    »Ich glaube, es wird aufregend, junge Männer im Haus zu haben.« Annie schüttelte die Kissen auf. »Meinst du nicht auch, Rose?«
    »Wenn du auch nur einen Funken Verstand im Kopf hast, hältst du dich von Aufregung solcher Art fern«, sagte Mrs Cliffe scharf. »Und du auch, Rose, verstanden?«
    »Ich habe nicht im Traum daran gedacht …«
    »Dann denk auch in Zukunft nicht daran.« Sie fügte hinzu: »Wir sind hier, um für die Herrschaften zu arbeiten, nicht, um vertraulichen Umgang mit ihnen zu suchen. Sie sind von einem anderen Schlag als wir, und wenn ihr das vergesst, werdet ihr es bitter bereuen.«
    »So anders als wir sind sie auch wieder nicht«, schmollte Annie. »Ich wette, wenn Rose ein hübsches Kleid anzieht und einen hübschen Hut aufsetzt, ginge sie leicht für eine Lady durch.«
    Die Reaktion ihrer Mutter traf Rose völlig unvorbereitet. Mrs Cliffe baute sich zornig vor Annie auf.
    »Jetzt hör mir mal gut zu, Annie. Wir haben alle unseren Platz, von Geburt an, und dort gehören wir hin. Wenn du deinen Platz verlässt, wird dir das leidtun. Die Herrschaften können so freundlich sein, wie sie wollen, aber wenn etwas schiefläuft, dann bist du diejenige, die in hohem Bogen rausfliegt – nicht sie.«

    »Was ist denn in die gefahren?«, schimpfte Annie, als Mrs Cliffe gegangen war. »Die fährt ja die Krallen aus wie eine Wildkatze.«
    »Sie hat nur Angst, dass wir nicht rechtzeitig mit allem fertig werden«, sagte Rose. Aber auf dem Weg zu Miss Charlottes Zimmer fragte sie sich, ob nicht doch mehr dahintersteckte. Seit der Nachricht von Lord Westlakes Rückkehr war ihre Mutter ruhelos und gereizt.
    Als Rose eintrat, stand Miss Ward am Fenster und hielt ein durchscheinendes, mit Perlen besticktes Kleid in die Höhe. Ein halboffener Reisekoffer mit Monogramm stand neben ihr, Wolken von Seidenpapier quollen daraus hervor.
    Rose verschlug es erst einmal die Sprache. Seit Miss Wards Ankunft redete das ganze Haus von nichts anderem als von ihr. Von ihrer schmalen Taille, vom Blond ihrer Haare, echt oder
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