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Raphael

Raphael

Titel: Raphael
Autoren: Mathilda Grace
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meine Augen vollständig auf dich richte, wie ich es Raphael versprochen habe.“
    Ich verkneife mir die barschen Worte, dass ich nicht noch ein Kindermädchen brauche, weil mir bewusst ist, dass ich ihm eher dankbar sein sollte, als mich darüber zu beschweren, dass er sich um mich kümmern wird. Die vergangenen Monate waren nicht leicht und Setjan wird, dank der beiden Leibwächter, die immer in meiner Nähe sind, genau wissen, was ich alles getrieben habe.
    Seine Aussage über den ältesten Vampir irritiert mich allerdings sehr, doch hier ist nicht der richtige Ort, mehr darüber zu erfahren. Ich werde ihn später fragen. Und so ungern ich es zugebe, mit Setjan an meiner Seite dürfte mein Leben in den kommenden Wochen und Monaten auf alle Fälle sicherer sein.
    „Danke“, sage ich deshalb schlicht und klappe meinen Block zu.
    Setjan nickt. „Was macht dein Trinkproblem?“, fragt er als Nächstes und ich zucke mit den Schultern.
    „Es wird langsam.“
    Das tut es wirklich. Auch wenn ich nicht verstehe, wie das möglich ist. Raphaels Tod muss einen Schalter in mir umgelegt haben, ich kann es nicht anders erklären. Aber als er starb, war mir klar, dass ich es ab sofort ohne ihn schaffen musste. Die ersten Tage waren schrecklich, das will ich nicht bestreiten, aber wenn man keine Wahl hat, gelingt einem so einiges. Und da Setjan von Anfang an nicht gewillt war, mir in der Hinsicht unter die Arme zu greifen, habe ich meinen Ekel bekämpft und besiegt. Es gibt zwar immer noch Tage, an denen bringe ich es nicht über mich, aber es wird immer besser. Wie gesagt, wenn man keine andere Wahl hat ...
    Setjan betrachtet mich zufrieden. „Du siehst gut aus. Dabei hatte ich anfangs wirklich Angst, dass du Raphael in den endgültigen Tod folgen würdest. Das hätte ihm kaum gefallen.“
    Mir ebenfalls nicht, um ehrlich zu sein, und Setjans Worte bringen mich auf seine ersten Worte zurück. „Wie hast du das gemeint, er hat es aus Liebe getan?“
    Setjan schüttelt tadelnd den Kopf. „Caine, du weißt, dass Raphael dich geliebt hat. Würdest du die Ewigkeit mit einem Partner verbringen wollen, der deine Gefühle nicht erwidert?“
    Ich runzle die Stirn. „Raphael wusste, dass ich ihn nicht auf diese Art liebe. Er hatte freie Auswahl und war nicht auf mich angewiesen.“
    Setjan seufzt. „Was ändert das? Du warst der Einzige, den er wirklich wollte und niemals haben konnte.“
    „Selbstmord aus Liebe? Nun hör' aber auf.“
    „Du hast kein Recht, Raphaels Liebe für dich infrage zu stellen, Caine McAllister!“, zischt er sichtlich verärgert und meine Augen weiten sich erstaunt. So hatte ich das doch nicht gemeint.
    „Setjan, ich wollte nicht ...“
    „Ich weiß“, unterbricht er mich und lehnt sich auf der Bank zurück, um seinen Blick durch das Diner schweifen zu lassen. Er verzieht das Gesicht und ich kann mir das Grinsen nur schwer verkneifen. Setjan ist Sauberkeit und Ordnung gewohnt. Von beidem ist hier nicht sonderlich viel zu finden. Das Diner ist alt und das sieht man. „Was findest du nur an diesen schäbigen Läden?“
    „Raphael würde sie toll finden.“
    Setjan schnaubt. „Er würde dir deinen Hosenboden langziehen und ohne Gewaltanwendung keinen einzigen Schritt in so ein … ein … Gasthaus setzen.“
    Ich lache hinter vorgehaltener Hand, was Setjan zum Schmunzeln bringt, bevor er die Augen verdreht und mit dem Kopf schüttelt.
    „Du bist noch so jung“, spricht er ernster weiter. „Ich habe Raphael gesagt, dass du es nicht verstehen würdest, aber er hat nicht auf mich gehört. Das hat er nie, wenn es um dich ging. Erinnerst du dich an deine Schmerzen, als er starb?“
    Ich nicke, weil er nicht weiterspricht. „Ja, das tue ich. Ich werde diese Minuten niemals vergessen.“
    Setjans Blick hält meinen fest. „Wir leben und lieben anders als Sterbliche. Wenn wir es tun, dann richtig und meist für immer. Mit einer Stärke und Intensität, die ein Mensch nicht begreifen kann. Was denkst du, warum die längsten Partnerschaften zwischen einem Erschaffer und seiner Schöpfung entstehen?“
    „Das weiß ich nicht, Setjan. Er hat mit mir kaum über diese Dinge gesprochen.“
    „Was ein Fehler war“, grollt er und schweigt kurz. „Es ist, wie es ist. Jene wie Raphael und ich, haben die Lust an Affären lange verloren. Wir wollen mehr, also suchen wir gezielt nach Vampiren, mit denen wir diesen Wunsch teilen können.“
    „Wieso ich?“, will ich hilflos und wütend zugleich von ihm wissen.
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