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Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel
Autoren: Christian Jacq
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Garnison. Frauen flehten die Sieger an, die Überlebenden zu schonen, die sich auf einer Seite des großen Innenhofes aneinanderdrängten.
    Ramses’ Streitwagen fuhr in die zurückeroberte Zitadelle ein.
    «Wer befiehlt hier?» fragte der König.
    Aus dem kläglichen Häufchen der Besiegten trat ein Mann von etwa fünfzig Jahren vor, dem der linke Arm fehlte.
    «Ich bin der älteste Soldat… Alle meine Vorgesetzten sind tot. Ich bitte den Herrn der Beiden Länder untertänig um Gnade.»
    «Weshalb sollte ich Milde gegen jene walten lassen, die ihr Wort nicht gehalten haben?»
    «Dann möge der Pharao uns wenigstens einen schnellen Tod gewähren.»
    «Vernimm meine Entscheidungen, Kanaanäer: In deiner Provinz werden alle Bäume gefällt und ihr Holz nach Ägypten gebracht. Die Gefangenen – Männer, Frauen und Kinder –werden ins Delta geführt und dort zu Arbeiten herangezogen, die für das Wohl des Staates von Nutzen sind. Alle Viehherden und Pferde gehen in unseren Besitz über. Die dem Tode entronnenen Soldaten werden in meine Armee eingezogen und fortan unter meinen Befehlen kämpfen.»
    Glücklich, daß sie mit dem Leben davongekommen waren, verneigten sich die Besiegten tief.

    Setaou war nicht unzufrieden. Es gab nur wenige wirklich schwer Verwundete, und der Heilkundige hatte genügend rohes Fleisch und Honig zur Verfügung, um Verbände anzulegen, die das Blut stillen würden. Mit flinken, sicheren Fingern schob Lotos die klaffenden Ränder der Wunden zusammen und hielt sie durch Haftbinden aneinander, die sie über Kreuz anbrachte. Dabei linderte das Lächeln der schönen Nubierin die Schmerzen der Versehrten. Auf Bahren wurden sie zum Siechenzelt des Feldlagers getragen, wo man sie mit Salben und Ölen einrieb und ihnen einen Heiltrank verabreichte, ehe sie nach Ägypten zurückkehrten.
    Ramses dankte den Soldaten, die, um ihr Land zu verteidigen, Schaden an ihrem Leib auf sich genommen hatten.
    Dann rief er die hohen Offiziere zusammen und tat ihnen seine Absicht kund, den Feldzug gen Norden fortzusetzen, wobei er nach und nach wieder alle Festungen Kanaans einzunehmen gedachte, die mit Hilfe der Männer des Sandes unter den Einfluß der Hethiter geraten waren.
    Die Begeisterung des Pharaos übertrug sich auf seine Heerführer. Die Angst wich aus ihren Herzen, und jeder freute sich über die Nacht und den Tag, die er ihnen als Ruhepause zugestand. Ramses aß mit Setaou und Lotos zu Abend.
    «Wie weit willst du vordringen?» fragte der Heilkundige.
    «Wenigstens bis in den Norden Syriens.»
    «Bis… bis Kadesch?»
    «Das werden wir noch sehen.»
    «Falls der Feldzug zu lange dauert», bemerkte Lotos, «dann reichen unsere Arzneien nicht aus.»
    «Die Hethiter haben sehr schnell einen neuen Vorstoß gewagt, deshalb müssen wir noch schneller sein.»
    «Wird dieser Krieg jemals enden?»

    «Ja, Lotos, an dem Tag, an dem der Feind seine endgültige Niederlage erleidet.»
    «Mir ist es ein Greuel, über Staatsgeschäfte zu reden», wandte Setaou mürrisch ein. «Komm, Liebste, laß uns dem Feuer der Hathor huldigen, ehe wir uns auf die Suche nach Schlangen begeben. Ich habe das Gefühl, daß wir in dieser Nacht einige einsammeln werden.»

    In der kleinen Kapelle neben seinem Zelt inmitten des Lagers hielt der Pharao die Morgenriten ab. Verglichen mit den Tempeln von Pi-Ramses war sie ein sehr bescheidenes Heiligtum, doch das tat dem Eifer, den der Sohn des Lichts dabei an den Tag legte, keinen Abbruch. Nie würde sein Vater Amun den Menschen sein wahres Wesen enthüllen, nie würde er sich in irgendeine Form pressen lassen, dennoch spürten alle die Gegenwart des Verborgenen.
    Als der Herrscher die Kapelle verließ, gewahrte er einen Soldaten, der mit einem Strick eine Säbelantilope festhielt und diesen Spießbock nur unter Mühen zu bändigen vermochte.
    Ein sonderbarer Soldat, fürwahr, in seinem bunten Gewand, mit langen Haaren, einem kurzen und spitzen Kinnbart und einem Blick, der dem des Pharaos auswich. Und weshalb hatte er dieses ungezähmte Tier ins Feldlager geführt, so nahe an das königliche Zelt?
    Ramses blieb keine Muße, sich weitere Fragen zu stellen, denn in diesem Augenblick ließ der Beduine den Spießbock los, der mit gesenktem Kopf, die spitzen Hörner gegen den Bauch des unbewaffneten Herrschers gerichtet, auf ihn zurannte.
    Schlächter schnellte mit einem Satz über die linke Flanke der Antilope und hieb ihr seine Krallen in den Nacken. Sie brach unter der Last des Löwen
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