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Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel
Autoren: Christian Jacq
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friedliche Stille eines Gartens ausgekostet, wie hätte er dieses bescheidene Glück genossen, fernab vom Klirren der Waffen! Doch er mußte sein Land vor dem Einfall nach Blut dürstender Horden bewahren, die nicht zaudern würden, die Tempel einzureißen und die Gesetze der Maat mit Füßen zu treten. Es ging um mehr als nur um ihn. Er hatte nicht das Recht, an sein Wohlbehagen, an seine Familie zu denken, sondern mußte Unheil abwenden, selbst wenn es ihn das Leben kosten sollte.
    Ramses betrachtete die Festung, die ihm den Zugang zum Landesinneren von Kanaan verwehrte, zu seinem angestammten Schutzgebiet. Zwölf Ellen hohe Mauern mit doppelter Neigung umschlossen diesen wichtigen Stützpunkt.
    Auf den Zinnen standen Bogenschützen. Die Gräben waren mit scharfkantigen Tonscherben aufgefüllt worden, um den Soldaten, die die Sturmleitern aufstellen mußten, die Füße zu zerschneiden.
    Ein vom Meer hereinwehender Wind brachte den Ägyptern ein wenig Kühlung. Sie standen in einer Senke zwischen zwei in praller Sonne liegenden Hügeln. Während ihres Gewaltmarsches bis in diese Region hatten sie sich in behelfsmäßig errichteten Lagern nur kurze Ruhepausen gegönnt. Allein die reichlich entlohnten Söldner fanden sich damit ab, kämpfen zu müssen, indes die erst vor kurzem eingezogenen jungen Krieger schon beim bloßen Gedanken, ihre Heimat auf unbestimmte Zeit zu verlassen, in Trübsal versunken waren und nun befürchteten, in grauenvollen Schlachten ihr Leben zu verlieren. Jeder hatte gehofft, der Pharao werde sich damit zufriedengeben, die Grenzbefestigungen im Nordosten zu verstärken, anstatt sich in ein Wagnis zu stürzen, das in einem furchtbaren Blutbad zu enden drohte.
    Es war noch nicht lange her, daß der Statthalter von Gaza, der Hauptstadt Kanaans, den ägyptischen Heerführern ein glanzvolles Festmahl bereitet und gelobt hatte, sich nie wieder mit den Hethitern zu verbünden, mit diesen ob ihrer Grausamkeit berüchtigten Barbaren aus dem Norden. Seine allzu augenfällige Heuchelei hatte Ramses’ Abscheu erregt.
    Heute überraschte sein Verrat den jungen Herrscher, der erst siebenundzwanzig Jahre zählte, nicht mehr, denn er durchschaute allmählich das verborgene Wesen der Menschen.
    Voller Ungeduld brüllte der Löwe von neuem.
    Schlächter hatte sich sehr verändert seit jenem Tag, da Ramses das damals noch kleine, todkranke Tier in der nubischen Steppe gefunden hatte. Es war von einer Schlange gebissen worden und wäre unweigerlich verendet. Doch der Löwe und der junge Mann hatten sogleich eine tiefe, geheimnisvolle Zuneigung zueinander gefaßt, und zum Glück hatte der heilkundige Setaou – auch er ein Freund aus Kindertagen und Gefährte während der gemeinsamen Jahre in der Schreiberschule – ihm die richtigen Arzneien zu verabreichen gewußt. Dank seiner unglaublichen Widerstandskraft war das Löwenjunge genesen und zu furchterregender Größe herangewachsen. Der König konnte sich keinen besseren Leibwächter vorstellen.
    Liebevoll kraulte Ramses die Mähne der Raubkatze, aber auch das vermochte Schlächter nicht zu besänftigen.

    In einem Gewand aus Antilopenleder, dessen unzählige Taschen er mit allerlei Heilmitteln in kleinen Kästchen und Fläschchen gefüllt hatte, kam Setaou den Hügel herauf. Er war stämmig, von mittlerem Wuchs, hatte einen kantigen Schädel und schwarzes Haar, schabte sich nur selten seinen Bart ab und hegte eine Vorliebe für Schlangen und Skorpione. Aus ihrem Gift bereitete er wirksame Arzneien zu. Gemeinsam mit seiner Gemahlin Lotos, einer bezaubernden Nubierin, deren bloßer Anblick die Truppen erfreute, setzte er unermüdlich seine Forschungen fort.
    Ramses hatte das Paar mit der Aufsicht über die Pflege kranker oder verwundeter Soldaten betraut. Setaou und Lotos nahmen an allen Feldzügen des Königs teil, nicht etwa aus Begeisterung für den Krieg, sondern weil sie dabei neue Kriechtiere einfangen konnten. Und Setaou vertrat die Ansicht, daß niemand besser als er geeignet sei, seinem Freund Ramses zu Hilfe zu eilen, falls ihm etwas zustoßen sollte.
    «Deine Männer sind nicht gerade bester Stimmung», bemerkte er.
    «Die Generäle möchten, daß wir den Rückzug antreten», gab Ramses zu.
    «Was erwartest du denn, wenn du bedenkst, wie sich die Soldaten bei Kadesch verhalten haben? Im Davonlaufen kann es keiner so schnell mit ihnen aufnehmen. Du wirst deine Entscheidung, wie üblich, allein treffen müssen.»
    «Nein, Setaou, nicht allein. Ich hole
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