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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts
Autoren: Christian Jacq
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zukünftigen
Regenten ausersehen hat!«
    »Nein, mein Prinz; dein älterer Bruder wurde bereits
benannt.«
    »Hat er die Stierprobe bestanden?«
    »Sethos wollte dich nur mit der Gefahr konfrontieren,
die du ja so liebst.«
    »Hätte er wegen solch einer Belanglosigkeit seine Zeit
vergeudet? Kr hat mich berufen, da bin ich mir ganz sicher!«
    »Berausche dich nicht, entsage diesem Wahn.«
    »Wahn?«
    »Es gibt genügend einflußreiche Persönlichkeiten bei
Hofe, die dich ganz und gar nicht schätzen.«
    »Was wirft man mir vor?«
    »Du selbst zu sein.«
    »Willst du mir etwa nahelegen, ins Glied
zurückzutreten?«
    »Die Vernunft erfordert es.«
    »Sie besitzt nicht die Kraft eines Stieres.«
    »Die Machtspiele sind grausamer, als du dir
vorstellst. Unerschrockenheit genügt nicht, um als Sieger daraus
hervorzugehen.«
    »Dann wirst du mir eben helfen.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Du kennst die Gepflogenheiten bei Hofe; benenne mir
meine Freunde und meine Feinde, und dann berate mich.«
    »Verlang nicht zuviel von mir… Ich bin nur dein
Erzieher.«
    »Solltest du vergessen haben, daß meine Kindheit
vorüber ist? Entweder wirst du mein Lehrmeister, oder wir werden uns trennen.«
    »Du zwingst mich, unüberlegt Wagnisse einzugehen, und
besitzt doch selbst nicht das Zeug für die höchste Macht. Dein älterer Bruder bereitet
sich seit langem darauf vor. Reiz ihn nicht, sonst wird er dich vernichten.«
     
    DREI
     
     
    endlich war er da, der große Abend. Der neue Mond wurde geboren, die
Nacht war so schwarz, wie man sich’s nur wünschen konnte. All seinen
Mitschülern, die wie er »Zöglinge des Königs« waren, hatte Ramses eine Aufgabe
gestellt, die für ihn entscheidend war. Wären sie Manns genug, von den Wächtern
unbemerkt bis zur Stadtmitte zu gelangen, um das Wesentliche, diese Frage, die
allen auf der Zunge lag, die aber niemand zu stellen wagte, zu erörtern?
    Ramses sprang aus dem Fenster seines im ersten Geschoß
gelegenen Schlafgemachs, die lockere Erde der Blumenbeete fing den Aufprall ab.
Dann lief er am Gebäude entlang. Die Wächter behelligten ihn nicht, die einen
schliefen, die anderen saßen beim Würfelspiel. Sollte er das Pech haben, einem
zu begegnen, der tatsächlich seinen Dienst versah, würde er ihn schon in ein
Gespräch verwickeln oder niederschlagen.
    Einen Aufseher hatte er in seiner Hochstimmung
vergessen, und der lag nicht auf der faulen Haut: Es war ein goldgelber Hund
von mittlerer Größe, stämmig und muskulös, mit hängenden Ohren und
Ringelschwanz. Er hatte mitten auf dem Weg Posten bezogen, bellte nicht,
verwehrte aber den Durchgang.
    Instinktiv suchte Ramses seinen Blick. Der Hund setzte
sich auf sein Hinterteil, und der Schwanz begann rhythmisch zu schlagen.
    Der junge Mann trat näher und streichelte ihn. Sie
waren vom ersten Augenblick an Freunde. Auf dem roten Lederhalsband stand sein
Name: »Wächter«.
    »Hast du nicht Lust mitzukommen?«
    Die kurze Schnauze mit der schwarzen Nase nickte
zustimmend. Wächter geleitete seinen neuen Herrn zum Ausgang des
Palastbereichs, in dem die künftigen Honoratioren Ägyptens erzogen wurden.
    Trotz der späten Stunde schlenderte noch allerlei Volk
durch die Straßen von Memphis. Das Ansehen der ältesten Hauptstadt des Landes
war ungebrochen, trotz des Reichtums des südlichen Theben. Die großen
Lehranstalten befanden sich in Memphis, und dort genossen die Kinder des
Königshauses und die für die höchsten Ämter Ausersehenen eine strenge und
umfassende Erziehung und Ausbildung. Wer ms »Kap«, dieses »Gehege, wo Schutz
und Nahrung geboten wurden«, aufgenommen war, wurde von vielen beneidet, aber
wer wie Ramses dort seit frühester Kindheit lebte, hatte nur den einen Wunsch,
von dort auszubrechen!
    Er hatte ein schlichtes, kurzärmeliges Hemd
übergezogen, um unter den Vorübergehenden nicht aufzufallen, und gelangte
unbehelligt zum berühmten Brauhaus im Medizinerviertel, wo die künftigen Ärzte
es sich nach langen Studiertagen Wohlergehen ließen. Da Wächter ihm nicht von
den Fersen wich, unternahm der Prinz auch nichts und betrat mit ihm die den
»Kindern vom Kap« untersagte Schenke.
    Aber Ramses war ja auch kein Kind mehr, und es war ihm
gelungen, aus seinem vergoldeten Käfig auszubrechen.
    Im großen Saal des Brauhauses mit den gekalkten Wänden
harrten Matten und Schemel der munteren Kunden, die starkes Bier, Wein und
Palmlikör zu schätzen wußten. Bereitwillig zeigte der Wirt seine Amphoren, die
aus dem
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