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Rampensau

Titel: Rampensau
Autoren: A Blum
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Gefühl, dass dieses Geräusch Ärger bedeuten könnte, und nichts war ihr in den letzten Wochen wichtiger gewesen, als in Ruhe auf der Wiese ihre Runden zu drehen.
    Doch der Mond schwebte hoch oben am Himmel, und es roch nach feuchtem Gras, und das Geräusch hörte gar nicht auf …
    Plötzlich stand Kim vor dem schmalen Durchlass und zwängte sich hindurch. Sie würde nur kurz nach dem Rechten sehen und sofort wieder verschwinden – sich gleich in den Stall zurückzuziehen, dazu war ihre Neugier einfach zu groß.
    Kaum hatte sie den schmalen Pfad betreten, der in den Wald führte, sprang schon ein mächtiger Schatten aus dem Gebüsch. Kim gelang es, einen Schreckensschrei zu unterdrücken.
    »Dachte schon, du kommst gar nicht mehr, kleine Kim«, sagte Lunke. Er schaffte es, spöttisch und vorwurfsvoll zugleich zu klingen.
    Lunke gehörte zu den wilden Schwarzen, die im Wald lebten – und, nun ja, sie waren befreundet … irgendwie. Kim war sich über ihre genaue Beziehung nicht ganz im Klaren. Lunke war ein Großmaul, ein Lügner, ein Muttersöhnchen, aber er war auch groß und stattlich und ging keinem Abenteuer aus dem Weg. Kurz, er spielte in einer anderen Liga als die Schwachköpfe Che und Brunst. So viel ließ sich immerhin zu seinen Gunsten sagen.
    »Was ist das für ein merkwürdiges Geräusch?«, fragte Kim, weil es klüger war, über Lunkes Tonfall einfach hinwegzugehen.
    »Bist neugierig, was?« Er lächelte. »Ja, wir haben Besuch bekommen. Eine Überraschung – sollten wir uns ansehen.« Mit einem fetten Grinsen stieß er ihr seine Schnauze in die Flanke und trabte los. Immerhin hatte er aufgepasst, dass er sie nicht mit seinen scharfen Eckzähnen erwischte – am linken fehlte nach einer Keilerei ein Stück.
    Kim folgte ihm und hatte Mühe, Schritt zu halten. Vielleicht hätte sie doch nicht so viel fressen sollen, überlegte sie, während sie immer kurzatmiger wurde. Lunke war eindeutig in besserer Form.
    Das nervige Töt-Töt wurde immer lauter, und beim Näherkommen konnten sie noch ein anderes Geräusch ausmachen – ein leises, weniger aufdringliches, rhythmisches Rattern.
    Was war das? Kim wusste es und kam doch nicht darauf.
    Lunke wurde immer schneller, nicht weil er besonders neugierig war, sondern weil er seine Kraft und Überlegenheit vorführen wollte. O, wie hasste sie sein eitles Getue!
    Kim blieb stehen. Ja, wollte sie schreien, du bist wirklich der Schönste und Stärkste im Wald – kommst gleich hinter deiner fetten Mutter. Emma, die Bache, führte bei den wilden Schwarzen ein strenges Regiment – da kniff selbst Lunke den Schwanz ein. Leider war Kim so außer Atem, dass sie nicht den leisesten Laut hervorbringen konnte. In ihrem Kopf dröhnte es. Für solche Läufe durch die Nacht war ein einfaches Hausschwein nicht gebaut.
    Dann, inmitten des Lärms, fiel es ihr ein. Es war ein Motor. Irgendwo im Wald stand ein Auto mit laufendem Motor – das war das Geräusch, das unter dem Töt-Töt zu hören war.
    Lunke war gnädigerweise auch stehen geblieben.
    »Wir müssen noch ein Stück weiter«, raunte er ihr zu. »Dahin, wo der Feldweg endet.«
    Kim nickte. Das Geräusch war nun so laut, dass man sich hätte anschreien können, ohne fürchten zu müssen, entdeckt zu werden.
    Ein Mensch war mit seinem Auto in den Wald gefahren und machte dieses furchtbare Geräusch – aber warum?
    Langsam ging Kim weiter. Ihr Herz klopfte, allerdings nun nicht mehr wegen der Anstrengung, sondern weil sie aufgeregt war. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Kein einziges Tier war ihnen über den Weg gelaufen, und von der Rotte der wilden Schwarzen schien auch keiner in der Nähe zu sein.
    Umkehren, sagte eine Stimme in ihrem Kopf, die sich ganz nach ihrer Mutter Paula anhörte. Umkehren – zu Cecile, Doktor Pik, Brunst und Che. Umkehren – oder du gerätst ernsthaft in Schwierigkeiten, Kim.
    »Was ist?«, raunte Lunke vor ihr und entblößte sein Gebiss. »Willst du nun wissen, was los ist? Oder willst du hier stehen bleiben und Bäume anstarren?«
    Bäume anstarren ist jedenfalls nicht gefährlich, sagte die Stimme, und dann flüsterte sie: Fordere das Schicksal nicht heraus, Kim!
    Kim schüttelte den Kopf. Nun war es besser, wenn die Stimme ihrer Mutter sie für eine Weile in Ruhe ließ.
    Nach drei, vier zaghaften Schritten sah Kim ein grelles, weißes Licht, das durch die Bäume blitzte. Nein, es waren zwei Lichter – Scheinwerfer genauer gesagt. Ein paar Schweinslängen vor
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