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Rampensau

Titel: Rampensau
Autoren: A Blum
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in seinen Augen gewesen? Sie wandte den Kopf und begegnete Lunkes Blick. Nein, sie kapierte nicht, was hier passiert war. Ein Mann, der aus seiner Flanke blutete, war mit einem unförmigen gelben Auto, an dem ein Fenster kaputt war, in den Wald gefahren, um zu sterben.
    Mehr kapierte sie nicht – aber auf klügere Gedanken konnte man bei diesem Gedröhne auch nicht kommen.
    Langsam zog sie sich von der offenen Tür zurück, und sofort nahm der widerwärtige Blutgeruch ab, und sie konnte wieder atmen.
    »Dachte, du würdest wissen, was passiert ist, kluge Kim«, sagte Lunke und wirkte tatsächlich ein wenig beleidigt. »Aber wenn wir schon mal hier sind, können wir ja ein Bad nehmen, der See ist gleich da drüben.« Seinen Worten schickte er ein dreistes Grinsen hinterher.
    Wovon träumst du eigentlich nachts, wollte Kim sagen, dann fiel ihr ein, dass es ja Nacht war, und außerdem wollte sie gar nicht so genau wissen, wovon er träumte. Ihre Vermutung reichte ihr.
    Im nächsten Moment, gerade noch rechtzeitig, um Lunke einen Stoß zu versetzen, damit er die Schnauze hielt, bemerkte sie die Gestalt, die auf den Waldpfad stapfte und geradewegs auf den Wagen zuhielt.
    Hab’s dir ja gesagt, meldete sich die Stimme in ihrem Kopf. Nun gibt es richtig Ärger.

3
    Konnte das sein? Wo sollte mitten in der Nacht ein Mensch herkommen? Vielleicht konnte sie nicht mehr klar denken und klar sehen, da sich das dröhnende Töt-Töt immer weiter in ihren Kopf fraß.
    Nein, sie irrte sich nicht. Ein Mensch hielt auf den Wagen zu, er bewegte sich ohne jede Angst und schien es eilig zu haben, oder vielleicht war es die Neugier, die ihn antrieb. Vermutlich hatte er die Hupe auch gehört.
    Kim und Lunke schafften es gerade noch, sich ins nächste Gebüsch zu schlagen, bevor der Mann an dem Wagen angelangt war. Nebeneinander kauerten sie hinter einem ausladenden Farn und spähten zu der Gestalt hinüber, wobei Lunke die Gelegenheit nutzte und sich ein wenig an ihr rieb.
    »Lass das!«, raunte sie ihm ärgerlich zu.
    »Ich habe Angst, da gehe ich immer auf Tuchfühlung«, flüsterte er und lachte leise.
    »Fritz – das Muttersöhnchen«, zischte sie, und er verstummte sofort und rückte ein wenig von ihr ab.
    Vorsichtig schritt der Mann um den Wagen herum, genau wie sie vor ein paar Momenten. Das laute Töt-Töt störte ihn offenbar nicht, jedenfalls stachelte es ihn nicht zur Eile an.
    Kim konnte nicht erkennen, ob der Mann eine Waffe in der Hand hielt. Hatte er den anderen Mann im Auto verletzt? Nein, so wie er sich näherte, wusste er offenbar nicht, was ihn erwartete.
    Kurz darauf erreichte der Mann die offene Wagentür. Trotz des Gehupes meinte Kim zu verstehen, wie er »Alles klar, Kumpel?« sagte und abwartete, ob der andere ihm antwortete.
    Als keine Reaktion kam, tippte er den Verletzten leicht an und wartete wieder. Dann drehte er sich abrupt um und starrte genau zu der Stelle hinüber, wo sie und Lunke sich versteckt hielten. Hatte er sie bemerkt? Aber das war bei diesem Gedröhne völlig ausgeschlossen, und die menschliche Nase funktionierte im Allgemeinen so schlecht, dass er sie auch nicht gerochen haben konnte.
    Der Mann schaute sich nach allen Seiten um, dann streckte er beide Hände vor und berührte den Verletzten an den Schultern. Einen Moment später hörte das Hupen auf. Der letzte Nachhall des Dröhnens zog durch den Wald und erstarb.
    Eine seltsame, tödliche Stille trat ein, die auch das leise Rattern des Motors nicht durchdringen konnte.
    Der Mann im Wagen war tot, begriff Kim. Lunke hatte recht. Vielleicht hatte er noch einmal die Augen geöffnet, um sie anzuschauen, vielleicht hatte sie es sich auch nur eingebildet.
    »O Mann, das Gehupe hat mich ganz schwindlig gemacht«, sagte Lunke neben ihr und seufzte.
    Kim bedeutete ihm mit einem strengen Blick zu schweigen. Nun mussten sie erst recht leise sein.
    Der Mann am Wagen zögerte. Überlegte er, was zu tun war? Wollte er Hilfe holen und wusste nicht, wie? Er kehrte zur Rückseite des Wagens zurück und öffnete langsam den Kofferraum. Ein winziges Licht flammte auf, das den Mann geradezu unförmig groß wirken ließ. Nachdem er einen Blick hineingeworfen hatte, klappte er den Kofferraum wieder zu und wischte anschließend mit dem Hemd über das Blech.
    Was hatte er vor? Er sah nicht aus, als würde er Hilfe holen wollen.
    »Der Kerl macht es ganz schön spannend«, flüsterte Lunke neben ihr. Er war wieder ein Stück an sie herangerückt. Sie glaubte, sein
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