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Rambo

Rambo

Titel: Rambo
Autoren: David Morrell
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gebetet. Es hatte ihn immer etwas irritiert, weil er nicht an Gott glaubte und sich wie ein Heuchler vorkam, wenn er vor Angst betete, als gäbe es trotz seiner Ungläubigkeit vielleicht doch einen Gott, der sich von einem Heuchler zum Narren halten ließ. Als Kind hatte er an Gott geglaubt. Wie war doch noch sein tägliches Abendgebet gewesen? Er erinnerte sich dunkel an die einst so vertrauten Worte. Lieber Gott, ich bereue von Herzen, was denn?
    Alles, was in den letzten Tagen geschehen war. Es tat ihm leid, daß es so gekommen war, daß es so kommen mußte. Aber wenn er die Uhr zurückdrehen könnte und es wieder der vorige Montag wäre, würde er wieder genau das gleiche tun. Teasle ebenso. Es gab Dinge, denen man nicht entrinnen konnte. Sie hatten nicht nur aus Stolz gekämpft, sondern um etwas Wichtigeres.
    Was zum Beispiel?
    Zum Beispiel um den Scheiß, den man Freiheit und Menschenrechte nennt. Er hatte nicht gekämpft, um ein Prinzip aufrechtzuerhalten. Er wollte sich nur nicht herumstoßen und schikanieren lassen. Das war etwas ganz anderes. Kein ethisches Ideal, sondern etwas ganz Persönliches, Gefühlsbedingtes. Er hatte viele Menschen getötet und konnte sich vormachen, daß es notwendig gewesen war, weil sie zu denen gehörten, die ihn herumschubsten und ihn nicht in Ruhe ließen. Aber das glaubte er selber nicht ganz. Dazu hatte er den Kampf als solchen zu sehr geliebt, die Gefahr, den Nervenkitzel. Vielleicht hatte ihn der Krieg so gemacht. Vielleicht hatte er sich so sehr daran gewöhnt, daß er nicht mehr aufhören konnte.
    Nein, das stimmte auch nicht ganz. Er hätte sich beherrschen können, wenn er es wirklich gewollt hätte. Aber er war entschlossen gewesen, jeden zu bekämpfen, der sich mit ihm anlegte.
    Na also, dann hatte er ja gewissermaßen für ein Prinzip gekämpft. Aber so einfach war das auch wieder nicht, denn er war stolz darauf gewesen und hatte damit angegeben, was für ein Kämpfer er war. Wer ihn herumschubste, hatte sich den Falschen ausgesucht – o ja, und jetzt lag er im Sterben und wollte ebensowenig sterben wie jeder andere, und all die Prinzipien, mit denen er sich rechtfertigte, waren nichts als Scheiße. Was jetzt mit ihm geschah, hatte nichts mit Stolz und Prinzipien zu tun. Er hätte anders leben sollen. Mehr nette Mädchen und Partys und Fröhlichkeit. Aber das war auch alles Scheiße. Jetzt daran zu denken, und an Gott, komplizierte alles nur noch mehr. Es war ein leichter Tod zu verbluten und zu fühlen, wie die Arme und Beine immer gefühlloser wurden, aber es war auch ein elender Tod. Hilflos. Passiv. Noch hatte er die Wahl zu sterben, wie er wollte. Nicht langsam krepieren wie ein hilfloses, verwundetes Tier. Jetzt sofort. In einem letzten, gewaltigen Ausbruch von Stolz.
    Seit er zum erstenmal gesehen hatte, wie Eingeborene eine menschliche Leiche verstümmelten, hatte er Angst davor gehabt, was nach seinem Tode mit ihm geschehen würde. Ob er es noch fühlen würde, wenn man ihm das Blut aus den Adern ließ, seine Innereien herausschnitt und ihn einbalsamierte? Er hatte sich vorgestellt, wie der Leichenbestatter seine Lippen und seine Augenlider zusammennähte. Es hatte ihn angeekelt. Er fürchtete nicht so sehr den Tod als solchen, als vielmehr das, was nachher geschehen würde. Aber wenn er sich selbst zerstörte und nichts mehr von ihm übrig war, konnten sie ihm nichts mehr tun.
    Er nahm seinen letzten Dynamitstab aus der Tasche, befestigte Zünder und Lunte und steckte die Ladung unter den Gürtel. Dann zögerte er, bevor er die Lunte ansteckte. Dieses verdammte Problem mit Gott komplizierte alles. Es war Selbstmord, und dafür kam man in die Hölle. Wer daran glaubte. Aber er glaubte ja nicht an solche Dinge, und im Krieg hatte er von seinem Kommandeur eine Giftkapsel bekommen, damit man ihn nicht gefangennehmen und foltern konnte. Aber als er dann gefangengenommen wurde, hatte er keine Zeit mehr gehabt die Kapsel zu schlucken. Jetzt würde er die Lunte aber anzünden.
    Aber wenn es doch einen Gott gab? Wenn es Ihn gab, würde er es ihm auch nicht übelnehmen, daß er seinem Unglauben treu blieb. Er würde keinen Schmerz verspüren, sich mit einem einzigen mächtigen Knall auflösen. Das war doch was. Jetzt würde er die Sprengladung zünden. Er warf noch einen letzten Blick übers Feld auf den Spielplatz und sah die Umrisse einer Gestalt, die zwischen den Schaukeln und Rutschbahnen gebückt auf ihn zu schlich. Sie trug die Uniform der >Green Berets<. Der
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