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Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)

Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)

Titel: Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
Autoren: Franz Grömmer
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Daher kann ich Thormirs gegenwärtige
Meinungen im königlichen Rat nicht nachvollziehen. Erst neulich, als wir die
weitere Erschließung Polleschs besprachen, gab er sich zögernd und abwartend.
Du kannst dich gewiss daran erinnern. Seine Worte waren, dass wir zunächst das
Erreichte sichern sollten, bevor wir Gewolltes wagten. Versteh‘ mich nicht
falsch, Regnir. Ich bin keineswegs dafür, morgen das ganze Eiland zu beanspruchen.
Ich frage mich nur, woher der Sinneswandel kommen mag.“
    „Vielleicht ist es das Alter?“,
meinte der König etwas hilflos. „Viele der Greise unseres Volkes werden
wunderlich und leben zurückgezogen wenn das Leben fortgeschritten.“
    Theodus nickte und lehnte sich an
ein Regal der Westwand der Halle: „Womöglich bin ich einfach nur zu besorgt um
Thormir. Solange ich denken kann, begleitet er uns. Ich fühle mich geehrt, dass
er mich als seinen Nachfolger ansieht, wenngleich ich auch sehr verunsichert bin.
Nie hat der alte Knabe zuvor über Abschied geredet. Er hat all dies geplant und
aufgebaut. Ich fürchte, dass, sollte er uns verlassen, es zu einem
Richtungsstreit kommen wird. Einige der Traditionalisten im Tribunal scharren
mit den Hufen und wollen das Rad der Zeit zurückdrehen. Sollte dieser Konflikt
in der Zukunft offen zutage treten, dann weiß ich nicht, ob wir ihn so einfach
abwehren können.“
    Regnir blickte stumm vor sich hin
und verarbeitete diese Worte. Er erinnerte sich, dass Thormir ihm auf den Weg
in den Krieg sagte, dass die Zeiten, in denen er sie an die Hand genommen
hatte, früher oder später enden müssten. Vielleicht bereitete er im Stillen
tatsächlich seinen Abschied aus dem Rat vor. Das Amulett, so dachte der König,
würde dem Magier nichts anhaben können, da er die mächtigste Gestalt im Lande
war. In der Zwischenzeit wusste er sich nicht einmal mehr sicher, ob er die
Visionen tatsächlich gehabt hatte. Es war hinreichend bekannt, dass hohes
Fieber von Zeit zu Zeit Halluzinationen bedingte, die realer als die Realität
sein konnten. Zudem rief er sich ins Gedächtnis, dass der Kanzler vor nicht
allzu langer Zeit ihm mitgeteilt hatte, dass das Amulett für die Welt der
Menschen unzugänglich sei. Schließlich sagte Regnir:
    „Ich kenne Thormirs Gedanken
nicht und habe es auch vor einer Ewigkeit aufgegeben, sie ergründen zu wollen.
Wenn er sich tatsächlich zurückziehen möchte, wer sind wir, dass wir ihm dieses
Recht verwehren? Es ist doch auch so, dass wir in der Tat irgendwann auf eigenen
Füßen stehen müssen. Wir können wohl kaum erwarten, dass er uns immer die
Richtung weisen wird. Um offen zu dir zu sprechen Theodus – auch Ingmir bemerkt
seit geraumer Zeit, dass etwas mit dem Kanzler nicht in Ordnung ist. Er meint
oft, dass er sich ausgelaugt fühle. Ich denke, es ist das Alter. Soviel hat er
für unser Volk getan. Jeder von uns wird in einen Lebensabschnitt kommen, in
dem wir uns fragen, ob es nicht Zeit wäre, die Zügel in die Hände Anderer zu
legen.“
    „Nun gut, Regnir. Ich bin dennoch
über Thormirs Gesundheit besorgt.“
    „Ich werde später mit ihm reden“,
sagte der König abschließend und so gingen beide Männer wieder auseinander.
    Regnir musste sich noch um
vielerlei Angelegenheiten kümmern. Die Kundschafter berichteten ihm neuerdings
über Reisende, deren Anführer Gharmon nicht unähnlich wäre. Zu gut konnte der
König sich an dessen Weggang erinnern, den Thormir ihm versüßt hatte. Gewiss
würde dieser Mensch auf Rache sinnen und zurückkehren wollen. Regnir ging in
ein Nebenzimmer der großen Königshalle, wo er ungestört war. Erst diesen Morgen
hatten ihn Dokumente erreicht, die auf den altbekannten Störenfried hinwiesen,
der zwischenzeitlich mit einer kleinen Gruppe in den Norden der Insel
vorgedrungen sein sollte.
    Der König setzte sich auf einen kleinen
Schemel und zog die Zuschriften aus einer Tasche, die an seiner rechten Seite
hing. Er breitete sie auf dem niedrigen Tisch vor sich aus und entzündete vier
Kerzen. Nicht wenige der Briefe enthielten unwichtige Informationen. So gaben
die außerhalb Eisenhands stationierten Verbände regelmäßig Rückmeldungen über
die Begebenheiten der letzten Zeit. Sehr häufig waren dies Zwischenfälle mit
Wild oder kleinere Probleme in der Versorgung der Soldaten. Manche der
Militärlager fragten kontinuierlich nach neuen Männern, obwohl die Kontingente
unabänderlich festgelegt waren und der königliche Rat schon mehrfach
verlautbart hatte, dass eine Entsendung
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