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Rachsucht

Titel: Rachsucht
Autoren: M Gardiner
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brachte die Versicherung dazu, in dieser Sache keinerlei Ansprüche anzuerkennen.
    Das brachte Jesse in größte Schwierigkeiten. Er war schwer verletzt und völlig pleite, ein Jurastudent, der Behandlungskosten in Höhe einer sechsstelligen Summe aus eigener Tasche begleichen sollte. Seine Zukunft sah düster aus.
    »Ich dachte schon, ich muss auf der Straße um Essen betteln oder Bleistifte an wohlmeinende Seelen verkaufen«, erzählte er mir einmal. »Ich hatte nichts zu verlieren. Deswegen hab ich alles auf eine Karte gesetzt.«
    Er drohte, die Versicherung wegen bösgläubiger Ablehnung der Haftung zu verklagen. Dann rief er George Rudenski bei Mako an und erzählte ihm von Isaacs Tod und seiner eigenen Wirbelsäulenverletzung. Alles nur, weil Mako Brand ein Fünfundsechzigtausend-Dollar-Auto zum Spielen überlassen hatte. Er erklärte, dass Mako Technologies in dem Verfahren gegen die Versicherungsgesellschaft Mitbeklagte sein würde. Dann mailte er Rudenski Fotos vom Unfallort. Farbfotos.
    Achtundvierzig Stunden später erklärte sich die Versicherung zu einem Vergleich mit Jesse und Isaacs Bruder bereit. Rudenski hatte für Ordnung gesorgt.
    »Gemischte Gefühle« war gar kein Ausdruck, wenn es um Jesses Einstellung gegenüber Mako Technologies ging.
    »Brand ist jemandem ins Museum gefolgt«, sagte er jetzt. »Er will wieder Kontakt aufnehmen.«
    »Warum sollte er so ein Risiko eingehen?«
    »Denk mal nach.«
    Ich überlegte. Aus Dummheit. Aus Liebe. Oder … »Wegen Geld.«

    »Das vermute ich auch.«
    »Meinst du, er hat mit Mako noch eine Rechnung offen?«
    »Ja. Und was für ihn gilt, das gilt auch für mich.«
    Er fuhr ganz langsam und musterte dabei die Menschen auf dem Gehsteig. Rotgoldenes Licht ergoss sich über sein Gesicht und seine Schultern und spiegelte sich in seinen Augen.
    »Er hat mir ins Gesicht geblickt, Ev. Direkt ins Gesicht, ohne mit der Wimper zu zucken. Er hat keine Ahnung, wer ich bin.«
    Jesse behauptete immer, dass er mit der Sache abgeschlossen hatte. Mit der Vergangenheit zu hadern hatte seiner Meinung nach keinen Sinn. Das Leben war ein Glücksspiel. Immer nach vorn schauen, das war sein Motto.
    Sein Schicksal akzeptieren nennt man das wohl.
    Jesse war ein außergewöhnlicher fähiger, kluger Mensch. Immer hatte er einen lockeren Spruch auf den Lippen, mit dem er mich zum Lachen brachte. Er nahm, was ihm das Leben gab, und parierte jeden Schlag präzise und sauber. Vor einem Jahr hatte er mir das Leben gerettet. Jesse sah gut aus, war mutig, und ich liebte ihn. In neun Wochen wollten wir heiraten.
    Aber als ich den Schmerz in seiner Stimme hörte, wurde mir schlagartig klar, dass alles eine Illusion war. Jesse konnte gar nichts akzeptieren – nicht, solange Brand auf freiem Fuß war. Alles hatte sich von einem Augenblick auf den anderen verändert. Für ihn und für mich.
    »Du solltest wenden«, sagte ich.
    »Wieso das?«
    »Wir müssen zurück zum Museum. Wir haben da noch eine Rechnung offen.«

    Er ließ mich vor der Treppe zum Museum aussteigen. Mir war klar, dass meine Klemmbrett-Freundin mich nie im Leben noch einmal durchlassen würde. Wachsam stand sie an der Tür und klickte mit ihrem Kugelschreiber. Es hörte sich an wie Morsecode. Invasion der Supremes . Benötige Luftunterstützung.
    »Ganz ruhig bleiben«, sagte ich. »Ich schau mich nur um.«
    Ich spähte über ihre Schulter ins Foyer. George Rudenski war nirgends zu entdecken, aber mein Steve McQueen verputzte gerade seine Kanapees. Ich klopfte an die Tür und winkte ihm zu. Sich die Finger leckend, schlenderte er zu mir nach draußen.
    »Wollen Sie noch eine zweite Runde mit Mari Diamond? Wird bestimmt lustig«, begrüßte er mich.
    »Ich brauche Ihre Hilfe. Könnten Sie George Rudenski ausrichten, dass Evan Delaney ihn sprechen möchte?«
    »So?« Er rammte die Hände in die Taschen seiner Jeans und trat viel zu dicht an mich heran. »Und Sie glauben, der kommt gelaufen, wenn Sie pfeifen?«
    »Sagen Sie ihm, es geht um Franklin Brand.«
    Das schien ihm nicht zu gefallen. Er schielte an mir vorbei. Am Fuß der Treppe hievte Jesse sich gerade aus dem Auto.
    »Warum reden Sie nicht mit mir? Ich bin Kenny Rudenski.«
    Mein dritter Flop in Folge. Erst Zorro, dann der Brand-Doppelgänger und jetzt das hier.
    »Gern«, erwiderte ich. »Wenn Sie Ihren Vater geholt haben.«
    Er musterte mich. »Sie sind ganz schön frech. Aber ich mag das.«

    Er ging wieder nach drinnen, und ich lief die Treppe hinunter. Jesse
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