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Rachmann, Tom

Rachmann, Tom

Titel: Rachmann, Tom
Autoren: Die Unperfekten
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flehe Sie
an!< Er hatte einen wunderschönen Bariton und hat zu seiner Zeit Hörspiele
für BBC Manchester gesprochen, und man verstand sofort, warum. Wie auch
immer«, sagt Oliver. »Ich glaube, es lag am Whiskey. Nur daran. Er war nicht,
das war alles nicht ... Nicht, dass ich ihm einen Vorwurf machen würde. Er war
ganz allein und ... Ja, das und der Whiskey. Es war nicht sein Fehler. Egal,
Schluss mit dem Gegrübel.«
    Oliver hat
zum Abendessen beim Personal involtini di vitello bestellt.
Er selbst ist nicht gerade verrückt nach Kalbsröllchen, aber sein
schwanzwedelnder Gefährte verschlingt sie mit Begeisterung. Und Schopenhauer
vertilgt sie fast alle - zu viele, wie sich herausstellt, danach hat er
Magengrimmen. In den folgenden vierundzwanzig Stunden spielt Oliver
Krankenschwester und Putzfrau in einem und wischt Hundekotzelachen auf.
    Als das
Schlimmste vorbei ist, liest er dem an seiner Seite dösenden Hund der
Aventin-Otts aus dem >Hund der Baskervilles< vor. Oliver kennt das Buch
so gut, dass Vorlesen es nicht ganz trifft - er streift darin herum, frischt
alte Bekanntschaften auf, lässt sich von Dr. Watsons feinem Faden sanft
vorwärtsspulen. Aber irgendwie haben die Seiten heute Abend etwas Dröges und
Vergilbtes. Er fasst Schopenhauer am Kinn.
    »Du musst
wieder auf die Beine kommen!«, sagt er. »Du musst bald wieder gesund werden!«
Er zieht Schopenhauer näher heran. »Ich habe schon viel zu viel Zeit als Krankenschwester-Putzfrau
vergeudet.« Er krault ihn. »Und ich kann das gar nicht gut. Als ich Boyd
gepflegt habe, habe ich ihm keine Ruhe gelassen. Ich versuchte das Gegenteil,
aber es half nichts. Er sagte mir immer: >Du findest es bestimmt toll, dass
ich krank bin - du hast mich jetzt als Ausrede, um Yale zu schmeißen, und
brauchst keinen Abschluss mehr zu machen.< Dabei hatte ich gedacht, er will, dass
ich nach Hause komme und mich um ihn kümmere. Hatte ich wirklich gedacht.
Manchmal überlege ich, ob er mich bloß nach Hause beordert hat, um mich zu
testen - um zu gucken, ob ich mich füge. Und ich als alter Weichling habe mich
natürlich gefügt, und das hat er gehasst. Er hat immer gesagt:
    >Frauen
fügen sich, Männer vergnügen sich.< Wie auch immer«, sagt Oliver. »Aber,
ich meine, hätte ich denn wirklich als Akademiker enden wollen? Ich und
Vorlesungen halten? Kann ich mir nicht vorstellen. Ich hoffe, ich war ihm eine
Hilfe. Dich hat er jedenfalls angebetet, mein kleiner Freund! Kannst du dich an
meinen Vater erinnern? Er hat so gern deine quiekende kleine Gummiratte durch
die Luft geworfen. Weißt du noch, wie er die in Atlanta extra für dich immer
über den ganzen Rasen geworfen hat? Und du bist einfach sitzen geblieben und
hast dich nicht gerührt, bloß voller Verachtung hinter dem Ding hergestarrt.«
Oliver lächelt. »Ach, komm - du weißt genau, von welchem Blick ich rede. Und
mein Vater - wahrlich nicht der Typ, der Sachen apportiert - geht mitsamt
seinem Stock quer durch den Garten, hebt deine alberne Ratte auf und schmeißt
sie noch mal. Und du sitzt bloß da und gähnst!«
    Das
Telefon klingelt, Kathleen hinterlässt wieder mal eine Nachricht: Sie hat den
Termin für die Versammlung festgesetzt, Oliver muss die Mitarbeiter über die
Pläne des Ott-Konzerns informieren.
    »Was denn
für Pläne?«, fragt er Schopenhauer.
    Auch
Vaughn ruft an diesem Abend wieder an, und diesmal nimmt Oliver ab - wenn es da
Pläne gibt, sollte er davon vielleicht Kenntnis haben.
    »Und?«,
fragt Vaughn. »Verkaufen wir das Haus?«
    »Welches
Haus?«
    »Das, in
dem du wohnst.«
    »Großvaters?
Warum denn?«
    »Na, ich
nehme doch an, dass du zurückkommst.«
    »Wovon
redest du, Vaughn?«
    »Ollie, du
weißt doch wohl, dass wir die Zeitung von ihren Qualen erlösen, oder? Abbey hat
empfohlen, sie dichtzumachen. Das kann dir doch nicht gänzlich unbekannt sein,
Ollie! Was treibst du eigentlich da drüben?«
    »Aber
wieso denn dichtmachen?«
    »Geld in
erster Linie. Ein paar Entlassungen mehr vor ein paar Monaten, und wir hätten
die Karre eventuell noch aus dem Dreck ziehen können. Aber die haben uns ja in
allem niedergekämpft - das Einzige, dem sie am Ende zugestimmt haben, war eine gestrichene
Redaktionsstelle. Und dafür erwarten die noch Geldspritzen? Die sind verrückt.
Eine Weile haben wir Kathleen noch machen lassen und sie mit möglichen neuen
Investitionen geködert. Aber was soll das bringen? Ihr habt ja nicht mal eine
Website. Wie kann man denn ohne Internetpräsenz auf Umsatz
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