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Rachespiel

Rachespiel

Titel: Rachespiel
Autoren: Niamh O'Connor
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Seite und konnte endlich erkennen, was auf dem Bildschirm lief. Mit verschränkten Armen verfolgte sie die Szene. Eine junge Frau mit operativ vergrößerten Brüsten und nichts als einem Stringtanga am Leib stand am flachen Ende eines Swimmingpools und befriedigte einen Mann oral, der mit aufgestützten Händen zurückgelehnt am Beckenrand saß.
    Wenige Sekunden darauf kam eine Gruppe von Männern aus einer Tür am Bildrand gestürmt und stürzte sich platschend ins Wasser. Sie feuerten den ersten Mann lautstark an, der grinsend aufblickte. Das Mädchen machte unbeirrt weiter. Jo erkannte einen irischen Akzent inmitten des englischen Gejohles. Sie griff nach dem gepolsterten Umschlag, in dem die DVD gekommen war, und sah nach der Postleitzahl, aber er hatte keine Briefmarke und war offenbar eigenhändig zugestellt worden. Um hausinterne Post handelte es sich jedenfalls nicht, denn er trug nicht den obligatorischen Behördenstempel mit der Harfe.
    Ihr Name war mit Blockbuchstaben und zwielichtigem grünen Kugelschreiber darauf gekrakelt worden, unter dem Hinweis »Persönlich und vertraulich«. Sie hatte sich eine Schere von Sergeant John Foxe borgen müssen, um durch die Schichten von Klebeband und Tackerklammern hin durchzudringen, mit denen der Umschlag verschlossen worden war. Foxy hatte die Schere nur unter der Bedingung herausgerückt, dass er sie gleich nach Gebrauch zurückbekam. Seine Initialen waren mit Tipp-Ex auf den Griff gepinselt.
    Als sie den Umschlag herumdrehte, fiel ein gefaltetes Blatt Papier heraus, das sie zuvor nicht bemerkt hatte. Nun klappte sie es vorsichtig auf und sah eine Reihe von Buchstaben und Worten, die aus Zeitungen und Zeitschriften ausgeschnitten worden waren. Der Text lautete: »Wie die andere Hälfte lebt – der Justizminister beim abendlichen Amüsement.«
    Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte Jo wieder auf den Bildschirm. Der gegenwärtige Justizminister war Blaise Stanley, und sie kannte ihn ganz gut, weil sie vor Kurzem über die Stärkung von Opferrechten vor Gericht mit ihm verhandelt hatte, doch obwohl die Party im Pool nun in vollem Gange war, sah sie ihn nirgends. Die vier Männer im Wasser hatten einen Halbkreis um das Mädchen gebildet, das sein Tun unterbrochen hatte und gerade versuchte, einen davon, der sie betatschte, von sich wegzustoßen. Jo konnte ihre Gesichter nicht erkennen, da sie alle mit dem Rücken zur Kamera standen. Der Mann, zwischen dessen Beinen die junge Frau gestanden hatte, packte sie grob an den Haaren und zwang ihren Kopf wieder hinunter in seinen Schritt. Jo beugte sich dichter an den Bildschirm heran. Zwar waren die Aufnahmen bei Nacht gemacht worden, aber sie konnte trotzdem ein paar Palmen erkennen, was bedeutete, dass sie im Ausland entstanden waren. Im Hintergrund sah man ein Hotel mit einem zwiebelförmigen Dach und davor, zwischen Gebäude und Pool, ein bei Getränken plauderndes Paar. Die beiden schienen sich nicht im Geringsten über das, was dort vor ihrer Nase passierte, zu empören, obwohl die Frau ab und zu direkt hinsah.
    Jo las die anonyme Botschaft noch einmal und richtete die Augen wieder auf den Bildschirm. Konnte der Mann Blaise Stanley sein? Sie bezweifelte es, aber es war unmöglich zu sagen, da er seinen Rücken ebenfalls der verdammten Kamera zukehrte. Das Gesicht der Frau jedoch kam ihr bekannt vor. Woher nur? , fragte sich Jo.
    Sie nahm die Fernbedienung vom Schreibtisch, richtete sie auf den am Boden stehenden DVD -Spieler und suchte nach der Rückspultaste, um die deutlichste Aufnahme von dem Mann im Hintergrund als Standbild festzuhalten, während sie sich gleichzeitig vornahm, ein Regal zu organisieren, bevor noch jemand auf das DVD -Gerät trat.
    Es klopfte, und Detective Inspector Gavin Sexton steckte den Kopf zur Tür herein. »Du tust dir noch weh, wenn du …« Er stockte, als das Lustgestöhn von dem Mann am Pool an seine Ohren drang, zog dann den Plastikstuhl vor den Fernseher und setzte sich.
    »Du hättest mir Bescheid sagen können, dass es schon losgeht«, beklagte er sich und legte die Füße auf Jos Schreibtisch.
    Jo schlug sie herunter und nahm die DVD aus dem Gerät. »Hast du zu Hause Säcke an den Türen?«, sagte sie und schloss ihre Bürotür mit einem Schubs.
    »Oho, da ist jemand heute Morgen mit dem falschen Fuß aufgestanden.« Sexton griff nach dem unberührten Starbucks-Kaffee, den sie auf dem Weg zur Arbeit gekauft hatte. »Was ist los mit dir?«
    Mit mir? , dachte Jo. Möchte eher
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