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Rachel

Rachel

Titel: Rachel
Autoren: Linda Lael Miller
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großen, steinernen Kamin flackerte ein Feuer. »Guffy und Trey können sich selbst bedienen.«
    Mit diesen Worten führte Mrs. McCaffrey Rachel zu einem Zimmer am anderen Ende der Station. Es war ein kleiner Raum mit einem hohen Fenster. Das Bett wirkte sehr einladend, auch wenn es nur ein einfaches Eisengestell war, mit einer Matratze, zwei Kopfkissen und einer alten Decke, die schon ein wenig ausgeblichen war. Auf einem Ti sch daneben stand eine frisch gefüllte Kerosin-Lampe - lind eine Schachtel Zündhölzer war auch zur Hand. An den Wänden waren Haken eingeschlagen, an denen Rachel ihre Kleider aufhängen konnte, und in der Ecke gab es einen rot-weiß emaillierten Waschstand.
    »Nachdem Sie gegessen haben, können wir Wasser heiß machen, falls Sie baden möchten«, meinte Miss June ruhig.
    Und ob sie das wollte! Schon bei dem Gedanken an ein heißes Bad traten Rachel Freudentränen in die Augen. Es würde eine Erlösung sein, sich nach der wochenlangen Reise endlich wieder richtig waschen zu können. Tage und Nächte hatte sie zuerst in verschiedenen Zügen verbracht und weiter im Westen hatte sie dann die Postkutschen benutzt. Es war wirklich nicht immer einfach gewesen, sich während dieser Zeit wenigstens notdürftig sauber zu halten, obwohl Rachel getan hatte, was menschenmöglich war. Aber jetzt brauchte sie ein Bad, so wie sie Nahrung und Schlaf brauchte - und wahrscheinlich brauchte sie das Bad am dringendsten.
    »Sie sind wirklich sehr freundlich«, murmelte sie und nickte dankbar.
    Mrs. McCaffrey warf einen kurzen Blick auf den Ableger der Pfingstrose. »Die könnte ich für Sie ins Wasser stellen. Sieht aus, als hätte das Pflänzchen eine Menge Kraft verloren.«
    Rachel lächelte und gab ihr den Ableger. »Evangeline hat mich gebeten, ihr eine Pfingstrose mitzubringen«, erklärte sie, »aber ich muss zugeben, dass es mir manchmal zu viel war, das verhutzelte Ding weiter zu hegen und zu pflegen. Ich bezweifle aber nicht, dass all die Mühen vergessen sind, sobald ich die erste Rose aufblühen sehe.«
    June betrachtete den Ableger so sehnsüchtig, dass Rachel es bedauerte, nicht zwei davon mitgebracht zu haben - auch wenn das noch mehr Mühe gemacht hätte. »Es muss schön sein, so einen Strauch im Garten zu haben«, sagte die ältere Frau mit einem leichten Seufzen.
    »Die Blüten werden sooo groß«, erklärte Rachel und formte mit beiden Händen einen tellergroßen Kreis in der Luft. »Ich bin sicher, dass Evangeline Ihnen liebend gerne einen Ableger schenken wird, wenn die Staude erst mal angewachsen ist und sich an ihre neue Umgebung und das andere Klima gewöhnt hat.«
    June strahlte. »Vermutlich haben Sie Recht«, meinte sie. »Ich werde Evangeline jedenfalls danach fragen, sobald ich sie das nächste Mal sehe.« Mit diesen Worten ließ die Leiterin der Kutschstation Rachel allein, damit sie sich in ihrem neuen Zuhause einrichten konnte. Es war vereinbart, dass Rachel bis auf weiteres in der Station bei den McCaffreys wohnen würde, da es bis jetzt in Springwater noch keine Pension oder eine andere Unterkunftsmöglichkeit für eine junge Lady gab. Kaum war die ältere Frau gegangen, als Guffy an die offene Tür klopfte. In den Händen trug er eine Reisetasche und eine kleine Truhe, die Rachels persönliche Dinge enthielten.
    »Ma'am«, sagte er, wandte den Blick ab und errötete so tief, als hätte er die junge Frau nackt in ihrem Zimmer vorgefunden, obwohl sie doch nur auf der Bettkante saß und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen.
    »Danke«, sagte sie, »stellen Sie das Gepäck bitte neben das Fenster.«
    Kaum war Guffy gegangen, als Jacob auftauchte. Er trug ein hölzernes Tablett, das mit Essen beladen war, eine Schüssel mit frischem Huhn und dampfenden Knödeln, Brot und einem Apfel, der schon leicht verschrumpelt war.
    Rachel rückte die Lampe und die Zündhölzer zur Seite, damit Jacob das Tablett abstellen konnte. Sie fühlte sich ein bisschen schuldig, weil sie sich von allen bedienen ließ. Man hätte ja glauben können, dass sie krank sei oder unfähig für sich selbst zu sorgen. Aber das stimmte natürlich nicht, denn als Tochter eines Farmers, das jüngste von vier Kindern und das einzige Mädchen, war Rachel durchaus an harte Arbeit gewöhnt.
    »Ich hätte doch auch im Saal am Tisch essen können«, protestierte sie schwach.
    Jacob bedachte sie mit einem seiner seltenen Lächeln. In ihren Briefen hatte Evangeline Jacob und seine Frau so präzise geschildert, dass Rachel das
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