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Rachekind: Thriller (German Edition)

Rachekind: Thriller (German Edition)

Titel: Rachekind: Thriller (German Edition)
Autoren: Janet Clark
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wenn man wie Marten in dem Kasten lag.« Sie machte eine Pause. Suchte nach Worten. »Tom schreibt, dass … er schreibt … euer Stevie ist tot.«
    Marys Hand hielt abrupt in der Bewegung inne. George gab ein gurgelndes Geräusch von sich. Er riss ihr das Schulheft aus der Hand, als hätte sie ihn damit bedroht.
    »Es tut mir so leid. So unendlich leid.«
    Hektisch blätterte George die Seiten durch.
    »Es steht auf den letzten Seiten. Der Heimleiter hat ihn getötet.«
    Stille legte sich über das Krankenzimmer. Hanna suchte nach den richtigen Worten, um Mary und George zu trösten, doch sie fand keine.
    Nach einer Pause, die wie eine Ewigkeit schien, klappte George das Heft zu und ging zu Mary. Sein Gesicht war puterrot, seine Hände zitterten. Mary hingegen strahlte eine unnatürliche Ruhe aus. Sie hatte ihre Hand von Lilous Kopf genommen und in ihren Schoß gelegt.
    »Wir haben es schon lange geahnt.« Marys Stimme war genauso unbewegt wie ihr Gesicht. »Aber solange ich es nicht wusste, durfte ich die Hoffnung nie aufgeben.«
    Abrupt ließ George den Rollstuhl los und drehte sich zur Wand. Wie ein Donnerschlag krachte seine Faust dagegen. Er keuchte, als stünde er vor einem Kollaps. Hanna wollte aufstehen und zu ihm humpeln, doch Mary hielt sie zurück.
    »Lass ihn. Er braucht das jetzt.«
    Sie schwiegen gemeinsam. Dann kehrte George zum Bett zurück. Sein Gesicht war noch immer gerötet. »Er wird wieder davonkommen«, presste er hervor. »Und wir haben nichts als ein altes Schulheft. Das wird nie als Beweis reichen. Solange wir nicht wissen, wo Stevie …«
    Hanna nahm seine Hand. »Ich glaube, ich weiß, wo Stevie vergraben ist.« Sie dachte an Lilous Wal und an ihr Schnalzen, als sie in dem Karussell gesessen hatte. Es war mehr als nur die Freude am Fahren gewesen. Sie war am Ziel gewesen. An dem Ort, zu dem Steve und Tom sie geführt hatten. An den Ort, an dem Steve vor Toms Augen verscharrt worden war. »Sucht ihn unter dem Karussell mit dem Wal.«

Donnerstag, 6. Oktober

78
    »In zwei Stunden hole ich dich wieder ab.«
    Hanna warf George eine Kusshand zu und schloss die Autotür. Dann humpelte sie mit ihrem Gehgips durch die inzwischen wohlbekannten Gänge des Krankenhauses. An der Tür zu Martens Zimmer verharrte sie kurz und genoss das Kribbeln in ihrem Bauch. Sie atmete tief durch, dann öffnete sie die Tür.
    »Na endlich!«, begrüßte Marten sie, und sie erkannte an seiner Stimme, wie ungeduldig er schon auf sie gewartet hatte.
    Sie küsste ihn auf die Wange und setzte sich zu ihm aufs Bett. Er nahm ihre Hand. Die Berührung ließ die Schmetterlinge in ihrem Bauch wild mit den Flügeln schlagen, und sie wünschte, sie könnte sich einfach zu ihm aufs Bett legen und sich an ihn schmiegen. Seit er sie zu dem Hotel begleitet hatte, war ihr bewusst, dass sie inzwischen weit mehr verband als eine einfache Freundschaft. Sie spürte, dass er genauso fühlte, auch wenn sie beide es mit keinem Wort erwähnten.
    »Du strahlst heute so. Was ist los?«, fragte er.
    »Wir haben ihn im Sack!«
    Marten runzelte die Stirn. »Ich dachte, das sei längst geklärt? Diese absurden Vorwürfe gegen uns sind doch schon fallen gelassen worden.«
    »Stimmt, aber das betrifft nur Linus. Der Alte selbst hat nichts getan. Auch an meinen Sachen waren nur Linus’ Fingerabdrücke. Die Fußspuren, unsere Verletzungen … sie können dem Alten nichts anlasten. Beihilfe vielleicht. Aber selbst da könnte er sich rauswinden, und so wie er zu seinem Sohn steht …«
    »Was dann?«
    »Sie haben Stevie identifiziert. Zusammen mit Toms Tagebuch reicht das für eine Anklage.« Hanna ließ Martens Hand los und humpelte zum Fenster. Sie warf einen Blick hinaus auf den Krankenhausgarten, dessen Bäume eine herbstliche Färbung angenommen hatten. Sie verfolgte die sachte Bewegung der Äste im Wind und dachte an die stürmische Nacht, die sie vor einer Woche gemeinsam erlebt hatten. Sofort beschleunigte sich ihr Puls, wie jedes Mal, wenn sie sich an die schrecklichsten Stunden ihres Lebens erinnerte. Dann drehte sie sich wieder zu Marten um.
    »Du hast George die letzten Tage nicht erlebt. Als wäre er besessen. Als sie Stevie ausgegraben haben, ist er den ganzen Tag dabei gewesen. Und dann die Autopsie … Wenn er nicht da war, dachte ich immer, gleich läutet das Telefon, und wir erfahren, dass George den Alten umgebracht hat.«
    Sie humpelte zum Bett zurück und setzte sich wieder zu Marten. Wie so oft, hörte er einfach nur zu, als
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