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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel
Autoren: Stuart Neville
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kam um den Wagen herum.Galya ließ ihn ihre Hand nehmen und sich auf die Füße helfen. Am Horizont schimmerten durch den Nebel unzählige Lichter.
    »Was ist da drüben?«, fragte sie.
    »Der Flughafen«, sagte Lennon.
    »Wo sind wir hier?«, fragte sie.
    »Das ist eine Pension«, erklärte Lennon. »So etwas wie ein Hotel. Hier bleiben wir heute Nacht. Kommen Sie, lassen Sie uns aus der Kälte verschwinden.«
    Er machte die Tür zu, verschloss den Wagen und führte sie zum Haus. Hinter den geschlossenen Vorhängen im Erdgeschoss brannten Lichter. Lennon drückte auf einen Klingelknopf. Ein paar Augenblicke später wurde einer der Vorhänge zurückgezogen, und eine ältere Dame spähte hinaus.
    Der Vorhang fiel wieder zurück, dann sah man durch das geriffelte Glas in der Tür, wie in der Halle das Licht anging. Auf der anderen Seite tauchte die Silhouette der Dame auf. Sie schob eine Sicherheitskette vor und öffnete die Tür ein paar Zentimeter. Die Sorge war ihr ins Gesicht geschrieben.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.
    »Wir brauchen ein Zimmer«, sagte Lennon.
    »Um diese Zeit?« Sie riss die Augenbrauen hoch. »Am Weihnachtsabend?«
    »Ich weiß, es ist auf den letzten Drücker«, sagte Lennon. Er legte Galya einen Arm um die Schulter. »Die Mutter meiner Freundin ist zu Hause in Lettland krank geworden. Wir fliegen morgen ganz früh hin.«
    Die Dame sah nacheinander Galya und Lennon an. »Nun ja, da wir weder einen Stall noch eine Krippe haben, wo wir Sie unterbringen können, lasse ich Sie wohl besser herein. Sind auch noch drei Könige zu erwarten?«

84
    Lennon dankte Gott, dass Galya den Verstand besessen hatte, sich ihre Fragen zu verkneifen, bis sie auf dem Zimmer waren. Als sie drin waren, ignorierte sie die geblümten Vorhänge und den schalen Kohlgeruch und setzte sich auf die Bettkante.
    »Wohin fliegen wir?«, fragte sie.
    »Nicht wir«, sagte Lennon. »Nur Sie.«
    »Wohin fliege ich dann?«
    »Weiß ich nicht«, sagte er und lief vor ihr auf und ab. »Sie nehmen den erstbesten Flug, den ich Ihnen besorgen kann. So nah zu Ihnen nach Hause, wie es geht.«
    »Warum? Wegen des Mannes in dem Wagen?«
    »Ja. Strazdas hat jemanden bei der Polizei. Nur so war es möglich, dass jemand uns verfolgt hat, als wir zur Dienststelle gefahren sind. Und ich habe auch einen Verdacht, wer es ist.«
    »Wer?«, fragte sie.
    Er machte schon den Mund auf und wollte ihr erzählen, dass es Dan Hewitt vom Geheimdienst C3 war, erkannte dann aber, dass dieses Wissen sie in noch größere Gefahr bringen würde, als sie ohnehin schon war.
    »Irgendjemand eben.«
    »Ein schlimmer Mann?«
    »Ja«, sagte Lennon. »Früher war er mal ein Freund von mir. Er ist ein dreckiger Kerl.«
    »Dreckig?«
    »Er lässt sich bestechen, nimmt Geld von Gaunern.«
    »Verhaften Sie ihn?«, fragte sie. »Stecken Sie ihn ins Gefängnis?«
    Unwillkürlich musste Lennon lachen. »So einfach ist das nicht. Und er ist nicht gut auf mich zu sprechen.«
    »Heißt das, er kann Sie nicht leiden?« Sie grinste. »Ich glaube, Sie können ihn nicht leiden.«
    »Nein, das kann ich nicht«, gab Lennon zu. »Aber wenn ich recht habe, dann sind Sie auf keiner Polizeistation sicher. Das bedeutet, Sie müssen hier weg. Nach Hause.«
    Sie nickte. »Nach Hause. Ich will nach Hause und meinen Bruder wiedersehen. Aber Sie werden in Schwierigkeiten kommen.«
    »Vielleicht«, sagte Lennon. »Wahrscheinlich. Aber ich setze Sie trotzdem in ein Flugzeug.«
    Die Zimmerwirtin zeigte Lennon den Computer im Aufenthaltsraum der Pension. Es war ein altes Gerät mit einer elend langsamen Internetverbindung, aber nach ein paar Minuten hatte er trotzdem herausgefunden, dass der einzige Flug, der überhaupt für Galya infrage kam, der um sieben Uhr morgens nach Krakau war. Er hatte keine Ahnung, wie es in Osteuropa um die öffentlichen Verkehrsmittel bestellt war, hoffte aber, dass Galya von Krakau einen Zug nach Kiew würden nehmen können und von dort einen in ihr Dorf, wo immer das auch sein mochte.
    Aber der Preis. Einen Moment lang überlegte Lennon in Panik, wie viel Kredit er noch auf seiner Mastercard hatte. Nicht viel, aber vielleicht reichte es ja. Wissen würde er es erst, wenn er es ausprobierte und die Webseite seine Zahlung entweder akzeptierte oder nicht.
    Die Erleichterung kam, als er seine Kartennummer eingab und auf dem Bildschirm eine Zahlungsbestätigung sowie ein Link fürden Online-Check-In erschien. Der uralte Drucker brauchte eine halbe Ewigkeit, um
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