Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rache auf leisen Pfoten

Rache auf leisen Pfoten

Titel: Rache auf leisen Pfoten
Autoren: Rita Mae Brown
Vom Netzwerk:
»Kommt ganz auf die Geheimnisse an.«

 
2
     
    Die kühle, trockene Luft des Hochdruckkeils, der aus Kanada nach Mittelvirginia drang, brachte Erlösung von der feuchten, drückenden Augusthitze.
    Harry, die an diesem Abend auf Knien ihren Garten jätete, ließ sich auf die Fersen zurückfallen, um den leichten, kühlen Duft einzuatmen. Das Quecksilber war auf achtzehn Grad gesunken, deshalb hatte sie ein durchlöchertes marineblaues Sweatshirt übergezogen.
    Mrs Murphy pirschte sich an einen Ahornschädling heran, der ihr Kommen sogleich bemerkte; seine Facettenaugen sahen einfach alles. Das gelb-rosa Insekt flatterte empor und ließ sich auf dem Buchsbaum nieder. Aus dieser majestätischen Höhe beobachtete es die geschmeidige Katze, die, so geschickt sie auch war, keinen Buchsbaum erklimmen konnte.
    Der Haufen Unkraut wuchs zu einem Berg.
    »Ich bring das lieber weg, bevor es zu schwer wird.« Harry schob die Heugabel unter das Unkraut und hob es mit einer schwungvollen Bewegung hoch. Sie ging zum Komposthaufen, der in einiger Entfernung vom Düngerstreuer war.
    »Schmeiß es auf den Düngerstreuer«, schlug Murphy vor.
    »Du musst ja nicht mitkommen«, erwiderte Harry ihrer Katze, weil sie dachte, dass sie sich beschwerte. Sie ging bis zum Waldrand, wo sie das Unkraut ablud. Murphy holte sie ein.
    »Hättest du’s doch auf den Düngerstreuer geschmissen, Harry, das wäre viel leichter gewesen.«
    Harry stützte sich auf die Heugabel und blickte über die Wiese. Die Abenddämmerung brach herein, und die Bienen flogen zu den Stöcken zurück. Selbst die lästigen knallgelben Grabwespen strebten ihren labyrinthartigen unterirdischen Nestern zu. Droben rührten sich die Fledermäuse und vertilgten Insekten.
    »Farmers Freunde«, sagte Harry. »Wusstest du, Mrs Murphy, dass Fledermäuse, Kletternattern, Gottesanbeterinnen und Eulen die besten Partner sind, die man unter den frei lebenden Tieren haben kann?«
    »Weiß ich. Ich hab vergessen, dir zu sagen, dass die Kletternatter, die auf dem Heuboden überwintert, jetzt fast anderthalb Meter lang ist und dass sie auf der Südseite vom Garten wohnt. Ihr Jagdgebiet ist ein riesengroßer Kreis, und sie grast ihn gegen den Uhrzeigersinn ab. Ihr Anblick ist zum Fürchten. ’türlich, der Anblick von Plattgesicht, der Schleiereule, ist auch zum Fürchten. Sie ist zweimal so groß wie voriges Jahr. Die bildet sich ein, sie ist was Besseres als wir.«
    Harry nahm ihre kleine Freundin auf den Arm und küsste sie auf den Kopf. »Du bist die wunderbarste Katze auf der Welt. Habe ich dir das in letzter Zeit mal gesagt?«
    »Danke schön.« Murphy schnurrte, dann zappelte sie, weil sie runterwollte. Die Nachttiere, die aus ihren Verstecken kamen, waren eine zu große Verlockung. Sie wollte sich an ein paar von ihnen gütlich tun.
    Harry schnappte sich die Heugabel, die sie an einen Walnussbaum gelehnt hatte. »Komm, Zeit fürs Abendessen.«
    Der süße Duft von rot blühendem Klee stieg ihnen in die Nase, als der schmale Bodennebelstreif sich muschelrosa, dann mauve, dann perlgrau färbte. Hinter ihnen rief eine Wachtel. Die prachtvolle Eule, von der Mrs Murphy eben gesprochen hatte, verließ die Scheunenkuppel und flog zu ihrem ersten nächtlichen Raubzug.
    Harry, die Teil des Rhythmus dieses Ortes und dieser Tiere war, lehnte die Heugabel an die Wand des kleinen Lagerschuppens. Die Nachtluft kühlte die Temperatur merklich ab. Sie schob die Hände in die Taschen ihrer Jeans und eilte ins Haus.
    »Wo habt ihr so lange gesteckt?«, meckerte Pewter. »Ich dachte, ihr wolltet den Garten jäten.«
    »Haben wir auch, aber wir hatten einiges zu bekakeln.« Mrs Murphy schob sich an ihr vorbei, drehte sich jedoch schnell um, als sie den Büchsenöffner hörte. »Hoffentlich gibt’s heute Abend Thunfisch. Ich hab Lust auf Thunfisch.«
    Ein Bellen draußen, dann das Flappen des Tiertürchens verkündeten Tuckers Ankunft.
    »Wo warst du?«, fragte Mrs Murphy auf der Anrichte, während Harry den Thunfisch in zwei Katzenschüsseln löffelte. Auf der einen stand »Ihre Hoheit«, auf der anderen »Pölsterchenvernichter«.
    »Bei Blair Bainbridge.« Der Hund sprach von Harrys nächstem Nachbarn im Westen. »Er hat den Grundstock für eine Viehherde gekauft, und ich musste ihm beim Treiben helfen. Er hat ja nicht die leiseste Ahnung, und nach seinen Verletzungen letztes Jahr ist er noch ein bisschen langsam. Warte nur, bis du die Kälber siehst. Schlaksige, spindeldürre Beine und mager auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher