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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)
Autoren: Gabi Kreslehner
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bisschen freier zu fühlen, ein bisschen gelassener, nicht so allein. Die Einsamkeit in den Hotelzimmern ertrug ich, aber nie routiniert.
    Immer kurz vor dem Ende meiner Reisen begann ich eine Traurigkeit zu spüren. Es war die Traurigkeit über das Abgeschlossene, das Fertige, und eine Sehnsucht begann mich zu erfüllen nach dem Aufregenden des Anfangs.
    Dazwischen sah ich Jonas. Der tatsächlich nicht mehr fotografierte. Es war, als hätte ich es von ihm übernommen und trüge nun seine Spuren weiter. Er beschränkte sich auf die Galerie, hatte tolle, vielbeachtete Ausstellungen.
    »Bei mir flaut das ab«, sagte er, »meine Karriere ist im Sinken begriffen. Aber deine, deine geht kometenhaft los mit diesen genialen Bildern deiner Rastlosigkeit.«
    Er lächelte, aber ich spürte seine Wehmut. Er litt, ich wusste nicht, woran. Vielleicht kam er schlecht damit zurande, der »Prinzgemahl« an meiner Seite zu sein, vielleicht spürte er sein Alter schmerzlicher als sonst, vielleicht war es ihm ein Dorn, ein immerfort schmerzender. Vielleicht fühlte er mit meinem Erfolg seine Existenz in Frage gestellt, weil ich ihn damit auf sich selbst zurückwarf.
    Ich hatte das Gefühl, dass er mir zum einen dankbar dafür war, was er mir durch Zartheit, durch Zärtlichkeit zeigte; zum anderen wusste er, dass ich ihn für mein Fortkommen nicht brauchte – und vielleicht … war das sein größter Schmerz.
    Nein, ich brauchte ihn nicht. Ich habe ihn nie gebraucht. Ich durfte ihn nicht brauchen, ich durfte nicht beginnen, ihn zu brauchen. Ich musste mir meine Freiheit bewahren, denn sie konnte keine Luftballonfreiheit sein, eine, die zerplatzte bei der ersten Gelegenheit, die sich auflöste und nichts mehr galt, weniger als Nichts.
    Und so lebten wir uns auseinander, da hatten wir uns noch gar nicht zusammengelebt. Und doch war seine Zurückhaltung etwas Unvorgesehenes.
    »Ist es eine Pflicht geworden?«, habe ich ihn gefragt. »Dann sollten wir es beenden. Ich kann keine Pflicht sein.«
    Er bestritt das. Vehement. Nein, keine Pflicht. Was ich für Drohungen ausstieße.
    Aber ich habe immer gespürt, wir konnten uns nicht folgen in unsere Welten, sie blieben fremd, fremde Welten hinter fremden Augen. Trotzdem bin ich eines Tages seine Frau geworden.
    Einmal saß ein Mann neben mir auf dem Flughafen in München, noch nicht lange her, ein paar Wochen, ich spürte seine Augen, die mich neugierig streiften, ich spürte, dass er bereit war, mir nahe zu kommen auf ein Gespräch, auf einen Blick. Gut, dachte ich, das soll er haben, das soll möglich sein. Ich blickte auf und fand eine Wärme in diesen Augen, die hatte ich lange vermisst.
    »Sie fliegen auch nach Köln?«, fragte er.
    »Ja«, sagte ich, »auch nach Köln«, und redete mit einer Leichtigkeit, die mich erstaunte, »genau. Wollen wir etwas trinken gehen?«
    »Ja«, sagte er, »das machen wir. Darf ich Sie einladen? Wir haben ja noch ziemlich viel Zeit.«
    Seufzend blickte er auf die Informationstafel am Gate, Verspätung, Verspätung, Verspätung, erst in vier Stunden sollte der Flieger starten.
    Wir setzten uns in das nächstgelegene Restaurant und ich weiß nicht, warum, aber ich begann zu erzählen, von dieser komischen Liebe, in der ich festhing, die sich nicht orten und nicht festmachen ließ an Ziel und Zeit, die mir zu schaffen machte mit dieser, ich weiß nicht, Körperlosigkeit. Ja, das konnte ich plötzlich feststellen, das wusste ich plötzlich mit großer Hellsicht und Klarheit.
    Nein, ich habe keine Ahnung, warum ich es erzählt habe. Vielleicht, weil es Nacht und still war und die Absätze, wenn man die Gänge entlangschritt, lauter klackten als am Tag. Vielleicht, weil dieser Mann mir so fremd war und trotzdem so nah, vielleicht, weil ich wusste, dass ich ihn nicht wiedersehen würde.
    Ich sprach ein bisschen gedämpft, ein bisschen leiser als sonst, wie in einem Zwischenton in einer Zwischenwelt. Er hörte mir zu und während ich erzählte, sah ich, dass er lockiges, braunes Haar hatte, dass er einen Businessanzug trug, Krawatte, natürlich einen Laptop dabeihatte, natürlich einen dunklen Mantel und zu Hause Frau und Kinder, wahrscheinlich zwei, wahrscheinlich noch im Schulalter. Wie es sich gehört, dachte ich ein wenig spöttisch, wie es sich gehört, und wusste, dass wir’s tun würden.
    Wir taten es in einer dunklen Nische auf dem Parkplatz irgendwo zwischen den Autoreihen, da ließen sich dunkle Nischen finden, alles war ruhig, war voll Nebel in diesem
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