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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)
Autoren: Gabi Kreslehner
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gefunden.«
    »Ja«, sagte Hanna. Sonst. Nichts.
    96 Ja, dachte Franza, sonst nichts, nur ein gutes Gefühl. Von Weitergehen, von Nichtstehenbleiben, von Wohinauchimmer, das weiß man doch nicht, das kann man nicht wissen, nie, aber immer weiter und weiter, und wenn es nur die Au ist oder die Donau. Dann stehen bleiben und hinunter bis Wien schauen und hinunter bis ins Schwarze Meer.
    Es kann klappen, dachte Franza und kämpfte sich durch die Au, ja, ich habe ein gutes Gefühl, während Hopfenstänglein sich in ihren Haaren verhakten, Hagebuttenstacheln ihre Arme ritzten und die Blätter der Sträucher ringsum schon ein bisschen angedörrt waren an den Rändern, eine Farbe zwischen Grün und Grau, zwischen Bleiben und Vergehen. Nebenbei die Sonne, ein mildes Spektakel am Herbstrand.
    Vor drei Tagen hatten sie den Fall abgeschlossen, vor zwei Tagen hatte Franza Urlaub genommen und ein Flugticket gekauft, gestern war sie Richtung München losgefahren, Richtung Flughafen.
    Nach der halben Strecke etwa war sie von der Autobahn abgefahren, hatte sich den kleinen See gesucht, an dem Port und sie im letzten Jahr ein Wochenende verbracht hatten, war ausgestiegen, hatte sich an das Auto gelehnt, eine Zigarette geraucht. Es war Nachmittag, gegen vier. Die Bäume verglühten rot und gelb, flammende Gemälde vor der Klarheit des Herbsthimmels. Leichter Wind kam auf, kräuselte die Wellen, Sonnenglitzer und der Spiegel der Bäume im Wasser, manchmal sprang ein Fisch, klatschte zurück in die Wellen, ansonsten Septemberstille.
    Dann noch eine Zigarette, dann nahm sie das Flugticket aus der Tasche, schaute es an, legte es vor sich hin auf das Autodach, nahm das Handy und schickte eine SMS . Erneut nahm sie das Ticket, schaute es noch mal an, musste lächeln, traurig – und zerriss es.
    Zerfetzelte es in kleine Fetzelchen, warf sie in die Luft und ins Wasser und manche landeten da und manche landeten dort. Die in der Luft trug der Wind weiter, die im Wasser das Wasser und Franza stellte sich vor, wie sie eintrafen in Wien, in der Strömung der Donau dort oder am Rochusmarkt im Dritten Bezirk, wo Port jetzt wohnte. Sie stellte sich vor, dass er sich bückte nach so einem Fetzelchen, dass er es hochhob und sich fragte, was es wohl gewesen war, als es noch Teil eines Ganzen gewesen war.
    Franza musste lächeln, als sie sich das vorstellte, wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht, wischte die Nässe fort, atmete tief durch, dass es wie ein Stoß aus ihr kam, schüttelte den Kopf, stieg zurück ins Auto und fuhr zu Herz. Der fragte nichts, der nahm sie in die Arme und dann kamen die Zwillinge angesprungen und Angelika servierte Kaffee und Kuchen, leckeren, saftigen, fetten Kuchen voller explodierender Kalorien. Franza aß zwei Stück und wusste, morgen würde sie sich darüber ärgern, wie immer, aber das war morgen und heute war heute und heute war es gut.
    Sie schwiegen ein bisschen, schauten den Kindern zu, wie sie spielten und stritten und stritten und spielten und nichts war gut, aber doch ein wenig, und irgendwann in der Nacht fuhr Franza heim, mit guten Vorsätzen gepanzert, keine Zigaretten mehr, gesundes Essen, viel Bewegung.
    Nichts war ausgestanden, nichts, das wusste sie, Baustellen, wohin sie schaute, da warteten Schmerzen, die ihrem Namen gerecht werden würden, aber es würde zu ertragen sein, alles, immer, irgendwie, sie waren ja alle keine siebzehn mehr, standen in der Mitte ihres Lebens und fragten sich doch ständig: Was ist gewesen? Was kann noch sein?
    Endlich rief sie ihn an.
    »Was ist los?«, fragte er. »Wieso?«
    Sie schloss die Augen, lauschte seiner Stimme nach. Sie hatte ein bisschen beleidigt geklungen, ein bisschen aufgeregt, ein bisschen traurig. Ja, dachte sie, das ist in Ordnung.
    »Du bist mein allerliebster Schauspieler«, sagte sie und lächelte ein wenig, »und du wirst das immer sein«, und spürte Sehnsucht wie ein Ziehen in der Brust und wusste nicht mehr weiter.
    »Wieso?«, wiederholte er, »sag es mir. Ich verstehe es nicht.«
    »Du bist dort«, sagte sie, »und ich bin hier.«
    »Und?«, fragte er.
    Sie schwieg. Er legte auf.
    Sie stand noch eine Weile mit dem Handy in der Hand da und dachte an die Fetzelchen und ob eins gelandet war in Wien und ob Port es gefunden hatte und wusste natürlich, dass es Quatsch war, aber es war trotzdem schön, es sich vorzustellen.
    Dann ging sie an den Computer, schrieb ihm eine Mail.  … manchmal in der nacht blasen schon die ersten
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