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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition)
Autoren: Philipp Schmidt
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kämpfte, in warmes Orange getaucht da. Unter ihm balgten die Söhne und Töchter Brans in einem Innengarten mit denen des Königs. Ihr Lachen verstummte, als die Kindermädchen versuchten, sie mit erhobenen Zeigefingern einzusammeln, und damit ihr Spiel störten. 
    Etwas stimmte ihn nachdenklich, aber er konnte nicht genau ausmachen, was es war. Auch wenn in der ganzen Stadt großes Aufheben um die Aussicht eines neuen Krieges gemacht wurde, war das eigentlich nichts Neues. Das Wort Frieden kannte er der Bedeutung nach, es hatte für ihn jedoch nicht mehr Wirklichkeitscharakter als für einen Fisch die Gemütlichkeit einer Feuerstelle. 
    Es musste etwas anderes sein, das seine Instinkte alarmierte. Er ging die Situation des Reiches systematisch durch. Zuerst einmal gab es da ihren Nachbarn Theodosus. Sein Bruder, der eigentliche Thronerbe Rhodums, war bei einem dubiosen Jagdunfall ums Leben gekommen, fast ebenso merkwürdig war der Tod seines Vaters Marc gewesen. Aber was bedeutete das schon? Auch Bran war nicht zimperlich, wenn es um den Erhalt seiner Macht ging. Theodosus war nicht mehr als ein Machthungriger mit einer selbst gebastelten Krone auf dem Haupt, der von seinen Priestern schlecht beraten wurde und bald in seine Schranken verwiesen würde. 
    Die Orks brauchten noch Jahre, bis sie an eine Überquerung des Flusses denken könnten, zumal sich in ihrer Flanke der Wald der Zauberin befand. Kein Mann, und das galt auch für Orks, sagte man, sei jemals aus ihrem Reich zurückgekehrt. Ihre Kriegerinnen wurden Druden genannt und ihre Unbarmherzigkeit war legendär. Aus den Schädeln ihrer Opfer hatten sie einen Grenzzaun errichtet. Kraeh hatte ihn einst mit eigenen Augen gesehen. Menschen, Orks, Trolle – jede Rasse schien ihren Blutzoll gezahlt zu haben. Ein Schauer jagte ihm über den Rücken. Doch da sie nie ihren Wald verließen, stellten die Druden keine Gefahr dar, zumindest keine erkennbare. Dann gab es noch die Fersen. So wurden all die Landstriche genannt, in denen wilde Stämme lebten. Mit ihnen gab es keinen Handel. Von gelegentlichen Überfällen abgesehen, verhielten sie sich ruhig. Da sie aufgrund ihrer großen Zahl und kaum ausgeprägten Organisationsform nicht zu befrieden waren, hatte es sich eingebürgert, ihre Gebiete schlicht zu umgehen. Sie waren wie unwegsame Natur und machtpolitisch daher zu vernachlässigen. 
    Was also war es, das ihn beunruhigte? Welches Detail hatte er übersehen? – Wer war vorhin bei der Besprechung alles zugegen gewesen? 
    Hier unterbrach ihn das Geräusch von Lederstiefeln auf Steinboden in seinen Überlegungen. Berbast stieg die Stufen der Treppe hinauf, die auf den Wehrgang führte. Er war älter als Kraeh und hätte schwerfällig auf ihn gewirkt, wenn er diesen Muskelberg nicht schon hätte kämpfen sehen. Er war zwar aufbrausend und leicht zu reizen, verlor aber nie die Kontrolle über sich. Ein Wolf im Bärenpelz, dachte Kraeh. 
    Der General trat neben ihn. »Schaust du dir an, was du mit deinem Meuchelfreund verraten hast?« 
    »Es ist ein schöner Abend«, sagte Kraeh unbekümmert, wohl wissend, dass es keinen Sinn hatte, mit dem ausschließlich schwarz-weiß denkenden Berbast zu diskutieren. 
    Weit unter ihnen öffnete sich ein Tor einem Tross von Wagen, die mit frischem Fisch beladen waren. 
    »Also gut, wir haben sowieso keine Wahl. Diesmal kämpfen wir noch Seite an Seite. Aber irgendwann, Kraeh, das verspreche ich dir, werde ich dich töten.« 
    »Irgendwann«, Kraeh sah ihm tief in die Augen, »werde ich dein Leben bei dem Versuch beenden.« 
    Berbast rümpfte die Nase. »Hast du einen Plan?« 
    »Vielleicht …« 
     
    *** 
     
    Auf der Kuppe eines Hohlweges lagen Kraeh, Sedain und neben ihnen zwanzig Speerträger in den frühen Morgenstunden flach auf dem Bauch. Die Streitkraft Brisaks war vor sechs Tagen ausgerückt. Sie waren bei Nacht geritten und hatten tags geschlafen. Zwei Sonnenläufe zuvor hatte sich die Truppe Kraehs, deren andere Hälfte sich auf der gegenüberliegenden Seite des Hohlweges leicht versetzt verborgen hielt, von der Hauptstreitkraft unter der Führung Berbasts getrennt. Wenn alles nach Plan verlief, würden sie sich bald wieder vereinen. 
    Sie hatten es geschafft, sich unbemerkt hinter die feindlichen Linien zu bewegen. Seit der Mond hinter den hohen Bergen im Westen verschwunden war, lagen sie nun schon auf dem kalt-feuchten Boden und warteten. 
    »Du solltest dich in Acht nehmen, wenn wir erst einmal die
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