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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition)
Autoren: Philipp Schmidt
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Wutach eingenommen haben«, flüsterte Sedain Kraeh zu, »Berbast hasst dich.« 
    »Er hasst jeden. Außerdem wird er kaum etwas unternehmen, bevor wir heil zurückgekehrt sind. Ich habe dir doch erzählt, was Bran gesagt hat.« 
    Sedain drehte sich auf die Seite, womit er näher an das Ohr seines Freundes rutschte. 
    »Glaubst du, Bran kann auf beide seiner Heerführer verzichten?« 
    Kraeh wurde ärgerlich. »Hör zu, es ist mir gleich, was Berbast vorhat. Greift er mich an, hole ich mir seinen Kopf.« 
    Sedain schwieg, was ihn noch mehr reizte. 
    »Was?! Glaubst du, er würde gegen mich gewinnen?« 
    »Er hat noch nie einen Zweikampf verloren. Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher … Ich könnte mich um ihn kümmern, noch ehe er die Gelegenheit bekommt, dich herauszufordern.« 
    »Ochsenpisse!«, keifte Kraeh. 
    »Pst!«, zischte der Speerträger neben ihm. Sein Name war Hentrik. Ein fähiger Bursche, der nach Kraehs Auffassung nur etwas zu ernst für sein Alter war. 
    Dort wo der Hohlweg eine Biegung machte, waren Reiter aufgetaucht. Es waren Hauptmänner Rhodums, leicht zu erkennen an ihren plattenverstärkten Lederrüstungen und den Kreuzen auf den großen Schilden. Bran, der einen nicht geringen Teil seiner freien Zeit in der selbst angelegten Bibliothek verbrachte, hatte ihnen einmal erzählt, Theodosus habe seine Armee nach römischem Vorbild organisiert, aufgrund der meist leeren Kriegskasse allerdings nur einen traurigen Abklatsch jener Hochkultur erreicht. 
    Dann erschienen auch die ersten Karren und mit ihnen das Gesinde. Langsam bewegte sich der Kampfverband auf den Hinterhalt zu. Doch Kraeh ließ nicht locker. »Kennst du jemanden, der einen Zweikampf verloren hat und noch am Leben ist?« 
    »Reg dich nicht auf«, mahnte Sedain. 
    »Nein – mal ehrlich –, kennst du jemanden? Nein, natürlich kennst du keinen, denn wer im Zweikampf unterliegt, stirbt. So ist das nun einmal. Also, was für ein mieser Verdienst ist das schon?« 
    Sedain legte den Zeigefinger an die Lippen. 
    Mittlerweile waren acht von Ackergäulen gezogene Wagen auszumachen. Eine Nachhut von Kriegern bog gerade in ihr Sichtfeld. 
    In dem Moment fiel Kraeh ein, was ihn die ganze Zeit über nachdenklich gestimmt hatte: der Verhüllte bei der Beratung! Wer war er, welche Position hatte er inne? Wie hatte er den nur vergessen können? Bei dem Gedanken an ihn sträubten sich seine Nackenhaare. Es war merkwürdig … Wie man sich am Morgen vergeblich bemüht, die Bilder eines Traumes wiederzubeleben, ging es ihm mit dem Kapuzenmann in Brans hoher Halle. 
    »Sedain …« 
    Die Nachhut war jetzt auf der Höhe, wo einige Schritt über ihnen die anderen Männer Brisaks auf ein Zeichen warteten. 
    Kraeh sprang auf und riss sein Schwert aus dem Schultergurt. »Angriff!« 
    Schon surrte ein Bolzen aus Sedains Armbrust und warf den ersten Reiter Rhodums aus dem Sattel. Im Lauf schoss der Halbelf den zweiten ab, der sich in die Schulter eines weiteren Mannes grub. Dann war Kraeh und mit ihm fünfzehn Elitekrieger unter den überrumpelten Feinden. Die Falle schnappte zu. Überrascht, in ihrem eigenen Land in einen Hinterhalt zu geraten, gefangen zwischen Hammer und Amboss, wehrten sie sich ebenso verzweifelt wie aussichtslos. 
    In Todesangst klammerte sich der letzte Mann Rhodums, der noch am Leben war, an einem Strauch fest, im Versuch, den blutgetränkten Hohlweg kletternd zu verlassen, bis Kraehs Klinge ihm tief in den Rücken fuhr. 
    Mit dem Ärmel seiner Fellweste wischte Kraeh sich das Blut aus dem Gesicht. Reue zeichnete seine Züge, als er auf die Leichen der Bauern hinabsah, die sie geschlachtet hatten wie jene das Vieh, deren getrocknetes Fleisch die Wagen füllte. Er verabscheute es zutiefst, Unschuldige zu töten, doch ein einziger Überlebender hätte gereicht, sein und das Leben seiner Männer in Gefahr zu bringen – ein Risiko, das er nicht bereit war einzugehen. Sedain sah die Bitternis im starren Blick seines Freundes und übernahm das Kommando. Er wies an, die Leichen aus dem Weg zu räumen. Es kostete sie den restlichen Morgen und den halben Tag, die Körper zu entkleiden, den Hang hochzuschaffen und sie notdürftig zu verscharren. Ihre eigenen Toten, drei an der Zahl, wurden abseits der anderen begraben. Alle drei waren Anhänger Donars und hätten daher eigentlich verbrannt werden müssen, doch es stand nicht zur Debatte, ein Feuer zu entzünden. So falteten sie ihre Hände um die Schwertgriffe, sprachen
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