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Quintessenzen

Quintessenzen

Titel: Quintessenzen
Autoren: Sven Böttcher
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– nichts. Nur Raum. Womit wir an die Grenzen unseres erdgroßen Modellraums stoßen – und im Maßstab 1 zu 10 Milliarden nicht mal den allerwinzigsten Bruchteil dessen abgebildet haben, was du nachts leuchten siehst.
    Wir könnten jetzt spaßeshalber nicht mit normaler Geschwindigkeit, sondern Lichtgeschwindigkeit durch das tatsächliche Universum reisen, also mit 299 792 Sekundenkilometern; mit dem Speed wären wir acht Minuten nach dem Start von der Sonne aus am Busstopp Erde und nach sechs Stunden am Pluto. Anschließend wird’s etwas öde, denn die Durchquerung der bestenfalls mit ein paar Tonnen Schotter gefüllten Oort-Wolke dauert, und erst vier Jahre später erreichen wir überhaupt wieder etwas Greifbares, nämlich Alpha Centauri, drei kleine Sterne mitten im Nichts. Sirius, den hellen Stern da oben links am Nachthimmel, erreichen wir nach neun Lichtjahren, aber erst nach etwa 100 000 lichtschnellen Jahren wären wir vermutlich aus unserer Galaxis heraus (sofern der Raum tatsächlich gekrümmt ist), danach passiert wieder 4 Millionen Lichtjahre nichts bis zur nächsten Galaxis, und nach 15 Milliarden Jahren mit Lichtgeschwindigkeit sind wir dort, wo unseren Astronomen endgültig die Straßenkarten ausgehen, nachdem wir die etwa 140 Milliarden Galaxien à jeweils 100 bis 400 Milliarden Sterne passiert haben, von deren Existenz wir derzeit ausgehen.
    Etwas kürzer gesagt: Es ist wirklich viel Platz.
    Dass wir in diesem System nicht lichtschnell reisen, versteht sich von selbst, aber wie schnell wir tatsächlich sind, wissen wir deshalb noch lange nicht. Tatsache ist, dass die Erde sich dreht, und zwar mit 40 000 Kilometer am Tag, also 1 500 km/h. Da auch du immer mit diesem Tempo reist, relativiert sich jede Geschwindigkeitsüberschreitung, aber versuch mal, das einem Polizisten klarzumachen. Der wird genauso wenig beeindruckt sein, wenn du ihm sagst, dass die Bahngeschwindigkeit der Erde beim Sonnenumlauf 108 000 km/h beträgt. Zum Glück merken wir nichts vom Fahrtwind, aber Tatsache ist: Wir bewegen uns – mit der Erde – ziemlich schnell durch die Gegend. Und alles, was wir sehen, bewegt sich ebenfalls ziemlich schnell, wenn auch nicht unbedingt in unsere Richtung.
    Nachdem wir das kapiert haben (und hoffentlich gleich mit, dass dieses Nichts dazwischen vielleicht doch etwas anderes ist als Nichts), wenden wir den Blick auf das Gleiche. Nämlich ein winziges Modell des Universums: uns selbst.
    Ein Atom ist ein Modell eines Sonnensystems, bestehend aus Sonne (Kern), Protonen, Neutronen und Elektronen (Planeten und Monden). Vergrößerte man nun eines von den Abermilliarden Atomen, die dich darstellen, auf sagenwirmal die Größe des One World Trade Center, wäre der Atom kern wiederum nur so groß wie das drin vergessen herumliegende iPad des Architekten (allerdings wesentlich schwerer, da dieses Sonnen-iPad 99,9 % des Hochhausgewichtes ausmachte) – und drum herum wäre vergleichsweise wenig, besser: fast nichts. Auch Atome bestehen also vorwiegend aus Zwischenraum, und was wir um uns herum als feste Materie wahrnehmen, ist eine gelungene Illusion. Dass sich nun aber in dir fast unendliche Aberbillionen von Sonnensystemen sa gen wir mal 18 Jahre lang so verhalten, dass sie immer d ich ergeben respektive du sind, ist ein gehöriges Wunder. Dass die Zusammensetzung der Sonnensysteme sich dabei auch noch dauernd komplett verändert (binnen jedes Jahres werden 90 % unserer Körperzellen komplett gegen neue ausgetauscht), ohne dass man dich dauernd mit Emma oder Katharina oder Dieter Bohlen verwechselt, ist ein noch viel größeres Wunder. Wer das nicht begriffen hat, wird sämtlichen Wundern des Lebens nie auch nur nahekommen. Dieser Simpel wird nämlich nie begreifen, welche Kräfte offensichtlich zwischen den Planeten da draußen und denen da drinnen wirken. Und wie wenig wir diesen Phänomenen mit unserem naturwissenschaftlichen Begreifen nahekommen.
    Frag, wenn’s passt, einen Wissenschaftler oder Mediziner: Woher wissen all diese Atome eigentlich, was sie machen sollen? Und: Wo sie sich befinden? Dass sie gerade ein Herz bilden und nicht Haut oder eine Pizza Margherita? Wieso tut es im Herzen weh, wenn wir Kummer haben? Woher wissen diese ganzen Herzatome, diese Sonnensysteme, voneinander getrennt durch unendliche Leere und erst recht getrennt von der Ursache unseres Kummers, was anderswo in diesem Universum vor sich geht? Und wieso funktionieren eigentlich Gehirne? Glaub nicht, die Wissenschaft
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