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Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen

Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen

Titel: Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen
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»Aber
jetzt möchte ich lieber etwas über Ihren irregeleiteten Erzeuger hören.«
    Ergeben begann Lydia von ihrem Vater
zu erzählen, und obwohl Joe den Tee aufgoß, die Tassen holte und einschenkte,
hörte er die ganze Zeit aufmerksam zu. Nicht ein einziges Mal unterbrach er den
Bericht über all jenes Elend; eines Elends, von dem Lydia noch nie zuvor einem
anderen Menschen erzählt hatte.
    »Vielleicht hätte ich Papa in den
Saloons lassen sollen«, sagte Lydia, als sie schließlich die lange Beschreibung
ihrer demütigenden Erfahrungen beendet hatte. »Statt dessen habe ich es ihm
höchstens noch erleichtert, dorthin zurückzukehren, weil ich immer dafür
sorgte, daß er morgens in seinem eigenen Bett erwachte und der Schmutz der
durchzechten Nächte beseitigt war. Auf diese Weise brauchte er sich nicht mit
den Folgen seiner Handlungsweise auseinanderzusetzen und konnte sich die
Illusion bewahren, daß bei uns zu Hause alles in bester Ordnung war.«
    Joe trank nachdenklich an seinem
Tee. »Hat er Sie mißbraucht?«
    Lydia wischte sich eine Träne ab.
»Nicht so, wie Sie es meinen«, erwiderte sie heiser. »Er hat mich nicht
geschlagen und mich auch nie auf unschickliche Weise berührt. Auf der anderen
Seite jedoch hatten wir nie genug zu essen und nie ausreichend Kohlen für ein
Feuer, und ich trug meine Kleider noch sehr lange, nachdem ich schon aus ihnen
herausgewachsen war. Trotzdem war mein Leben nicht schlechter als das vieler
anderer Kinder.«
    »Sie haben sich immer um Ihren Vater
gekümmert«, meinte Joe.
    Wieder stimmte Lydia zu. »Ich habe
ihn nicht nur aus den Saloons herausgeholt, sondern auch seine Patienten
belogen, den Krämer, den Kohlenhändler und jeden anderen, der ihm Probleme
hätte bereiten können.«
    Joe nahm ihre Hand. »Sie haben
getan, was Sie konnten, Lydia, und Sie haben es aus Liebe getan. Machen Sie
sich keine Vorwürfe.«
    Lydia schwieg nachdenklich, dann
sagte sie leise: »Brigham ist nicht wie Papa. Ich weiß, daß er anders ist.«
    Joe rieb sich seufzend seinen
Nacken. »Das ist wahr, Brigham scheint ein gesunder, vernünftiger Mann zu sein,
der niemanden braucht, der sich um ihn kümmert, und ich glaube, das ist ein
Teil ihres Problems, Lydia.« Verwundert starrte sie ihren Freund an, dann stieg
Ärger in ihr auf. »Was wollen Sie damit sagen?«
    Joe zögerte nicht, es zu erklären.
»Sie sind eine starke Frau, Lydia.
Sie haben immer für sich selber sorgen müssen, und die Vorstellung, sich auf
einen anderen Menschen zu stützen, und wenn auch nur vorübergehend, ist Ihnen
fremd. Ich glaube, Sie hätten es viel lieber, wenn Brigham ein schwächerer
Mensch wäre, denn dann könnten Sie für ihn sorgen, wie Sie es für Ihren Vater
taten.«
    »Das ist nicht wahr!« erwiderte
Lydia entrüstet.
    »Nein? Brigham ist ein
gleichwertiger Partner und in jeder Hinsicht genauso stark wie Sie. Das ist es,
was Ihnen Angst einjagt. Brig braucht nicht nur eine Frau, sondern auch eine
Partnerin, aber Sie, Lydia, haben keine Ahnung, wie Sie das anstellen
sollen.«
    Sie sprang auf, ließ sich jedoch
gleich darauf wieder auf dem Stuhl nieder. »Er will gar keine Partnerin«,
protestierte sie, obwohl sie sich ihrer Ansichten jetzt nicht mehr so sicher
war, »Brigham will eine Frau, die er beherrschen kann.«
    Joe lächelte nachsichtig.
»Tatsächlich? Wir haben uns einige Mal bei einem Brandy unterhalten, Brig und
ich, und dabei deutete er an, daß er mit seiner ersten Frau nicht besonders
glücklich war. Sie scheint sehr zart gewesen zu sein, litt unter
Ohnmachtsanfällen und fürchtete sich vor jedem Schatten.«
    »Schatten?« entgegnete Lydia, aus
dem Bedürfnis heraus, Isabel Quade zu verteidigen, vielleicht, weil es ohne
sie keine Charlotte und keine Millie gegeben hätte. »Diese Frau hat unfaßbare
Härten erlebt — Indianerangriffe, Krankheiten und einen Ort, an dem sie weit
entfernt von allem und allen war, die sie kannte und liebte!«
    Joe nickte. »Und auf all das
reagierte sie mit Flucht — indem sie weinte, die Hände rang und Brigham
anflehte, sie nach Maine zurückzubringen. Bei Ihnen, Lydia, kann ich mir eine
solche Reaktion nicht vorstellen. Sie betrachten das Leben als Herausforderung,
als Abenteuer und keinesfalls als eine nicht enden wollende Bedrohung.«
    »Ich habe in meinem Leben genug
geweint und die Hände gerungen, Joseph!«
    »Ja. Aber ich möchte wetten, daß es
in der Ungestörtheit eines Armeezelts geschah, spät nachts, wenn Ihr Dienst
beendet war und Sie nichts
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