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Puppenmord

Titel: Puppenmord
Autoren: Tom Sharpe
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einfach bis zum Morgen warten? Und überhaupt geschieht dir ganz recht«, fuhr sie fort, um der Antwort, die sie erwartete, zuvorzukommen, »wenn du so viel Bier trinkst. Du sollst Clem ausführen und nicht Bier saufen in dieser ekelhaften Finte.«
    »Pipi oder nicht Pipi, das ist hier die Frage«, sagte Wilt und tat sich Müsli auf. »Was erwartest du von mir? Daß ich mir einen Knoten in das verdammte Ding mache?«
    »Das würde mir auch nichts ausmachen«, sagte Eva bitter.
    »Mir würde das aber verdammt nochmal 'ne ganze Menge ausmachen, na, besten Dank.«
    »Ich sprach von unserem Sexualleben, das weißt du genau.«
    »Ach so«, sagte Wilt.
    Aber das war an einem von »diesen Tagen da«.
    An einem ihrer besseren Tage geschah irgendwas Unerwartetes, das das tägliche Einerlei mit neuem Sinn erfüllte und die in ihr schlummernden Hoffnungen erweckte, daß sich plötzlich alles irgendwie zum Besseren wendete und auch so bliebe. Diese Hoffnungen waren es, auf denen ihre Lebenszuversicht beruhte. Sie waren der geistige Ausgleich für die geistlosen Tätigkeiten, die sie in Anspruch nahmen und Henry nervten. An einem ihrer besseren Tage schien die Sonne strahlender, der Boden in der Diele leuchtete strahlender und Eva Wilt selber war strahlender zumute, und sie summte: »»Du sollst der Kaiser meiner Träume sein« . . .«, während sie die Treppe staubsaugte. An einem ihrer besseren Tage trat sie der Welt mit einer entwaffnenden Gutmütigkeit gegenüber, die in anderen Menschen genau dieselben Hoffnungen erweckte, die Eva erbeben ließen. An einem ihrer besseren Tage mußte Henry für sein Abendbrot selber sorgen und blieb, wenn er klug war, so lange wie möglich von zu Hause weg. Eva Wilts Hoffnungen ersehnten sich etwas sehr viel Anregenderes als Henry Wilt nach einem Tag Berufsschule. Und am Abend solcher Tage geschah es dann, daß er wirklich fast so weit war, sie umzubringen, und zum Teufel mit allem, was danach kam.
    An diesem speziellen Tag war sie auf dem Weg zum Gemeindezentrum, als sie zufällig Sally Pringsheim traf. Es war eine dieser rein zufälligen Begegnungen, die nur dadurch zustandekam, daß Eva den Weg zu Fuß statt mit dem Fahrrad machte und durch den Rossiter Grove statt einfach die Parkview Avenue langging, was eine halbe Meile kürzer gewesen wäre. Sally kam gerade in einem Mercedes mit P-Kennzeichen aus dem Tor, das hieß, der Wagen war nagelneu. Eva bemerkte es und lächelte entsprechend.
    »Wie ulkig, daß ich Sie gerade hier treffe«, sagte sie strahlend, als Sally hielt und den Schlag öffnete.
    »Kann ich Sie ein Stück mitnehmen? Ich fahre gerade in die Stadt, um nach 'ner netten Kleinigkeit zu sehen, die ich heute abend anziehe. Gaskell hat irgendso 'n schwedischen Profes sor aus Heidelberg zu Besuch, und wir wollen mit ihm ins »Ma Tante«.«
    Eva Wilt stieg erfreut ein, in Gedanken taxierte sie den Preis des Wagens und des Hauses und die Wichtigkeit, eine nette Kleinigkeit ins »Ma Tante« anzuziehen (wo, wie sie gehört hatte, Vorgerichte wie Garnelencocktails fast ein Pfund kosteten) und die Tatsache, daß Dr. Pringsheim schwedische Professoren ausführte, wenn sie nach Ipford kamen.
    »Ich wollte gerade in die Stadt laufen«, schwindelte sie, »Henry hat sich den Wagen genommen, und es ist so ein herrlicher Tag.«
    »Gaskell hat sich ein Fahrrad gekauft. Er sagt, das geht schneller und hält ihn fit«, sagte Sally, womit sie Henry Wilt zu einem weiteren Mißgeschick verurteilte. Eva nahm sich vor, dafür zu sorgen, daß Henry sich auf der Polizeiauktion ein Fahrrad kaufte und bei Wind und Wetter zum Dienst führe. »Ich habe gedacht, ich versuch's mal bei »Felicity Modem mit einem Seidenponcho. Ich weiß nicht, wie die sind, aber ich habe gehört, die sollen gut sein. Professor Grants Frau kauft dort, und sie sagt, sie haben die größte Auswahl.«
    »Da bin ich sicher«, sagte Eva Wilt, deren Verbindung zu »Felicity Moden« darin bestand, ins Schaufenster zu gucken und sich zu fragen, wer in aller Welt sich Kleider für vierzig Pfund leisten könne. Jetzt wußte sie es. Sie fuhren in die Stadt und parkten im Parkhochhaus. In der Zwischenzeit hatte Eva eine Menge weiterer Informationen über die Pringsheims in ihrem Gedächtnis gespeichert. Sie kamen aus Kalifornien. Sally war Gaskell begegnet, als sie durch Arizona trampte. Sie war an der Universität von Kansas gewesen, hatte aber das Studium geschmissen, um in einer Kommune zu leben. Es hatte schon andere Männer in ihrem
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