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Psychologische Venentherapie

Psychologische Venentherapie

Titel: Psychologische Venentherapie
Autoren: Berndt Rieger
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wichtigsten Dermatologen des 20. Jahrhunderts. Er erlebte, wie seine Methode der Krampfaderbehandlung unter seinem Nachfolger Wilhelm Schneider florierte. Linser war Ehrenmitglied der Griechischen, Türkischen und Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Dermatologischen Gesellschaft und wurde im September 1961 aufgrund seines Schaffens auch mit dem großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Dieser europaweite Ruf und die große fachliche Anerkennung entstand durch den schlagenden Erfolg der Kochsalztherapie, die damals zur ersten Methode der Wahl bei Krampfadern geworden war. Paul Linser starb am 10. Juni 1963 in Tübingen im Alter von fast 92 Jahren, nichtsahnend, dass seine größte Entdeckung in kurzer Zeit beinahe vergessen werden würde.
     
    In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg kommt eine andere Methode auf, mit der man Krampfadern sanieren kann. Es sind die Amerikaner, die sie schon seit längerer Zeit ausüben, und Europa wird damals nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs sehr stark von der angelsächsischen Medizin dominiert. Was deutsche Wissenschaftler entwickelt haben, wurde früher von den Amerikanern in vielen Fällen geprüft und kopiert. Besonders im Bereich der Medizin aber kann man nun neuerdings mit vielen „Heilmethoden“, die unter den Nazis florierten, nur wenig anfangen. Die heute so beliebte Homöopathie und die Behandlung mit Schüßler-Salzen geraten damals zu großen Teilen in Vergessenheit, und vieles andere wie die Paracelsusmedizin oder die Klosterheilkunde verschwinden fast vollständig. Für die „deutsche Seele“ war diese Begeisterung für die zupackende, auf Brachiallösungen setzende „amerikanische“ Wesensart, die das Denken der Menschen im Nachkriegsdeutschland bestimmte, eine Katastrophe. Was deutsche und jüdische Philosophen und Mediziner im 19. Jahrhundert entwickelt hatten – vor allem die Psychoanalyse ist hier zu nennen, aber auch die Homöopathie, die anthroposophische Medizin und viele andere sanfte, geistige Heilmethoden – war ja der Versuch, den Arzt oder Therapeuten einen Schritt zurück tun zu lassen, den Boden für Eigenverantwortung und Selbstheilung des Leidenden zu bereiten. Unterstützer der Heilung zu sein, Berater von Patienten, nicht ihr Herr und Meister, wie das im Bild des „Halbgottes in Weiß“ gezeichnet wird. In den Wirtschaftswunderjahren wird in Deutschland viel Chemie geschluckt, bis hin zur Contergan-Katastrophe, als die Menschen wieder aufwachen und erkennen, dass Pharmazeutika mitunter große Gefahren bergen. Auch das unkritische Operieren von Schilddrüse, Gebärmutter, Blinddarm, Gallenblase und Gaumenmandeln, das damals flächendeckend wird, geht im Laufe einer Neubesinnung auf diese wertvollen Organe wieder zurück. Heute hat sich diese Einstellung einer sanften Medizin wieder ganz neu in den Köpfen vieler Menschen herausgebildet. Die „Schulmedizin“ wird heutzutage weitgehend auf die Diagnostik und auf die Durchführung mechanischer Eingriffe wie Unfallchirurgie, Hüftgelenks- oder Organersatz zurückgedrängt und gilt in anderen Bereichen erst als Mittel der letzten Wahl im Versuch, sanftere Lösungen für Beschwerden zu finden.
     
    Die Krampfadertherapie hinkt hier immer noch deutlich der sonstigen Entwicklung im medizinischen Bereich nach. Das amerikanische Vorbild der Operation nach Babcock oder der Verödung mit Gewebsgiften wird von den deutschen Krankenkassen bis zum heutigen Tag anstandslos bezahlt, und gilt als Goldstandard, während sanfte Methoden wie die Kochsalztherapie als unwirksam oder gefährlich gelten.
     
    Wenn es um Krampfadern geht, arbeiten die Amerikaner prinzipiell gerne mit Phenol, einer Karbolsäure, die in Verbindung mit Formaldehyd Bakelit erzeugt, einen Vorläufer von Plastik. Phenol ist eigentlich giftig für den menschlichen Körper. Aber es hat eine gute Eigenschaft: Wenn man Hämorrhoiden damit spritzt, kann man diese dadurch effektiv veröden, denn die Bindegewebsreaktion läuft ungewöhnlich schmerzhaft und sehr intensiv ab. Diese Therapie ist erstaunlicherweise trotz ihrer Nebenwirkungen bis heute in Amerika noch flächendeckend üblich, obwohl die Giftigkeit von Phenol für den menschlichen Körper sehr hoch ist. Bei der Behandlung von Krampfadern der Beine ist Phenol aber nicht geeignet, weil es zu starken Hautverfärbungen kommt, wenn man es in Krampfadern spritzt. Das ist im weit geringeren Maß auch bei der Therapie mit
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