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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall
Autoren: Ken Scholes
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mir einmal anvertraut, dass es leicht sei, für das Licht zu sterben – das wahrhaft Schwierige sei es, für das Licht zu töten. Es ist nicht allen bestimmt, eine solche Last auf den Schultern zu tragen.« Er blickte Rudolfo an. »Es ist kein Geheimnis, dass ich kein Papst sein will. Dies habe ich vor dreißig Jahren allzu deutlich gemacht. Ihr habt mich um einen neuen Papst gebeten. Ich werde Euch einen geben.« Er wartete, bis seine Worte sich gesetzt hatten. »Wer von Euch versammelten Androfranzinern hierherkommt, dieses Messer nimmt und diesen verurteilten Mann hinrichtet, mag meinen Segen als Patriarch haben und das Siegel des Evangeliums des P’Andro Whym tragen. Tötet diesen Mann, und seid unser Papst.«
    Niemand regte sich. Im Zelt wurde es still.
    Ganz langsam erhob sich Neb.
    Vlad Li Tam
    Vlad Li Tam beobachtete, wie der Fischer die Spielsteine auf dem Brett bewegte, und er erkannte darin das Werk seines Vaters. Er hatte nicht mit Sethberts plötzlicher Entschlossenheit gerechnet. Seine Drohung war unnötig gewesen. Nun sah er, wie der junge Mann sich erhob, und er bemerkte den Ausdruck von Kummer, der für einen kurzen Augenblick über Petronus’ Gesicht huschte.
    Aber mit Sicherheit hatte Petronus dies vorausgesehen. Sie hatten sich während dieses Sommers vor langer Zeit gegenseitig unterrichtet, deshalb wusste er, wie er ihn einzuschätzen hatte. Petronus hatte ihm beigebracht, wie man fischt, wie man das Netz auswirft und es einholt, und wie man die Angel wirft und den Haken dort ins Wasser hängt, wo die Forellen an die Oberfläche kommen. Im Gegenzug hatte Vlad Li Tam ihn gelehrt, wie man Damenkrieg spielt, und er war talentiert, aber unbeholfen gewesen.
    Inzwischen spielte er wie ein Meister.
    Petronus starrte den Jungen an. Schließlich wiederholte er seine Worte noch einmal – sie waren für den einen jungen Mann in diesem Zelt bestimmt, der kein Zögern kannte. »Wer von Euch Androfranzinern«, sagte er, »kommt und nimmt dieses Messer.« Er unterbrach den Blickkontakt mit dem Jungen und blickte auf den Mechoservitor, der dasaß und zuhörte, damit die Verhandlung später auf Papier wiedergegeben werden konnte. »Nehmt in den Bericht auf, dass der junge Mann, Nebios ben Hebda, durch einen Exkommunikationsschrieb nach päpstlichem Ermessen aus dem Orden ausgeschlossen worden ist.«
    Vlad Li Tam lächelte. Noch eines von Petronus’ alten Gesetzen.
    Neb starrte finster und setzte sich.
    Eine Stimme ertönte, und Petronus wandte seinen Blick von dem Jungen ab. »Ein Papst würde so etwas nicht tun«, sagte einer der Bischöfe. »Die whymerische Bibel verbietet es.«
    Petronus wartete. Ein Murmeln erhob sich unter dem Zeltdach, und ein Böe peitschte von draußen herein, brachte den Geruch von Nadelbäumen und Lavendel mit sich.
    Vlad Li Tam beobachtete den nächsten Zug seines alten Freundes und nickte. Die Brillanz und Schönheit des Werks seines Vaters war wunderbar anzuschauen. In diesem Augenblick erkannte er seinen Anteil an diesem Werk, und er wurde von Ehrfurcht ergriffen.
    »Nun gut«, sagte Petronus. Er ging zu Sethbert und stellte sich vor ihn. »Keiner von Euch will für das Licht töten.«
    Petronus legte eine Hand auf Sethberts Wange, sanft, als wäre er ein Vater, der sein verlorenes Kind tröstet.
    Aber als der alte Mann mit der anderen Hand das Messer nach oben riss, geschah es schnell und sicher, mit der Genauigkeit eines Fischers.
    Petronus ließ die Klinge fallen. Er hob seine blutigen Hände über den Kopf.
    »Dieser rückwärtsgewandte Traum ist nun vorbei«, sagte Petronus. »Ich bin der letzte Papst der Androfranziner.«
    Dann zog er seinen Ring vom Finger und ließ ihn neben das rot verschmierte Messer fallen.
    Vlad Li Tam erhob sich schnell und schlüpfte aus dem Pavillon. Er bewegte sich rasch, seine Eskorte neben sich.
    Bald, dachte er, werde ich zum Fischen zurückkehren.

Kapitel 32
    Petronus
    Petronus scheuerte sich am Springbrunnen vor der Waldresidenz das Blut von den Händen und Unterarmen. Er war in dem Aufruhr, der gleich nach seiner letzten Handlung als Papst entstanden war, in einen einfachen braunen Talar geschlüpft, hatte sich dann auf den Weg durch den Hintereingang des Pavillons gemacht und war quer durch den Wald zur Stadt gegangen.
    Bis jetzt war es genau so verlaufen, wie er es geplant hatte, obwohl er sich selbst für den Schmerz verabscheute, den er dem Jungen zugefügt hatte – Neb. Er hatte die Vögel bereits abgeschickt, mit denen er die
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