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Proust 1913

Proust 1913

Titel: Proust 1913
Autoren: Luzius Keller
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sprechen und dieses bekannt zu machen. So erkundigt er sich Mitte Oktober bei dem Literaturkritiker André Beaunier, ob es besser sei, auf dem Buchdeckel anzukündigen »
À la recherche du temps perdu
wird noch zwei weitere dann und dann erscheinende Bände umfassen« oder »
Du côté de chez Swann
wird eine aus zwei Bänden bestehende Fortsetzung haben […]. Doch welches ist das Wort, man sagt nicht bestehend. Welches Wort muss ich wählen.« ( XII , 278 – 279 ) Solche Probleme hätte Proust ganz einfach mit seinem Verleger besprechen können. Er schreibt an Beaunier, dem er zwei Rezensionen seiner Ruskin-Übersetzungen verdankt, um ihm nahezulegen, sich auf eine weitere Rezension vorzubereiten.
    Mit dem Näherrücken des 14 . Novembers schaltet sich auch der Verleger in die Werbekampagne ein. In den ersten Novembertagen schreibt Proust an René Blum, den Chefredakteur der Zeitung
Gil Blas:
»Grasset möchte, dass
Gil Blas
für mich eine sogenannte ›literarische Indiskretion‹ begeht. Das soll, wenn ich es recht verstehe, eine Spezialität, ja eine Rubrik des
Gil Blas
sein. Man sollte die Sache nicht hinausschieben. Das Buch ankündigen und ein paar Worte über den Autor sagen. Es ist mir sehr peinlich, Sie darum zu bitten. – Tun sie es nicht, wenn es Ihnen ungelegen kommt.« ( XII , 295 ) Bevor er dann näher auf das demnächst erscheinende Buch eingeht, aufzählt, wer es schon gelesen hat (Cocteau, Louis de Robert, Lucien Daudet), die Widmung an Calmette erwähnt, den Titel kommentiert, auf die Madeleine-Episode hinweist, schreibt er: »Es ist im Übrigen wahr, dass ich dem Buch, in das ich das Beste meines Denkens, ja meines Lebens gelegt habe, unendlich mehr Bedeutung zumesse als allem, was ich bisher gemacht habe.« ( XII , 295 ) Der gewünschte Hinweis ist am 9 . November erschienen.
    Dieselbe Bitte um eine literarische Indiskretion richtet Proust zur selben Zeit an Robert de Flers: »Lieber Robert, es tut mir leid, Dich zu belästigen. Mein Verleger, Grasset, möchte, dass man in der Rubrik Echo von
Le Figaro
die bevorstehende Publikation meines Buches ankündigt.« Nach den Angaben zum Ganzen, den Teilen und den Titeln folgen spezifischere Angaben beziehungsweise Anweisungen: »Man muss hauptsächlich sagen, es handle sich nicht um meine Artikel in
Le Figaro,
sondern um einen Roman voller Leidenschaften, voller Betrachtungen, voller Landschaftsbilder. Am wichtigsten: Das Buch ist völlig verschieden von
Les Plaisirs et les jours,
es ist weder
delikat
noch
feinsinnig.
 […] Ich habe mein ganzes Denken, mein ganzes Herz, ja mein Leben hineingelegt.« ( XII , 298 – 299 ) Am 12 . November schreibt Proust an Calmette, er sei »etwas traurig festzustellen, dass unter den Zeitungen, die sich ein wenig um Literatur kümmern,
Le Figaro
die einzige sei, die [sein] Buch nicht angekündigt haben« ( XII , 308 ). Am 16 . November aber erscheint das erhoffte Echo, verfasst von Robert Dreyfus.
    Am ausführlichsten aber wird
Du côté de chez Swann
in der Zeitung
Le Temps
angekündigt, die am 12 . November ein Interview bringt, das der Journalist Élie-Joseph Bois am 8 . November mit Proust durchgeführt hat. Prousts Erläuterungen zu
Du côté de chez Swann
haben offensichtlich das Ziel, möglicher Kritik vorzubeugen. Es geht um die ungewöhnliche, mehrere Bände erfordernde Länge von
À la recherche du temps perdu,
um den Roman als Psychologie in der Zeit, um die Perspektivenwechsel, um die Bedeutung des Unbewussten, um willentliche und unwillkürliche Erinnerung, um das Verhältnis von Reflexion und Gefühl, schließlich um den Stil als Schlüssel zu einer neuen Welt: jener des Autors. Ein weiteres Interview mit Proust wird am 19 . November von dem Journalisten André Arnyvelde durchgeführt; es erscheint am 21 . Dezember in
Le Miroir
und meldet das »aufsehenerregende Erscheinen von
Du côté de chez Swann
« ( XII , 17 ).
    Noch vor dem 14 . November verschickt Proust die ersten Exemplare seines Romans – an Freunde und besonders auch an Leute, von denen er sich wirksame Werbung versprach, beispielsweise an Madame de Pierrebourg, eine unter dem Pseudonym Claude Ferval publizierende und in Literatenkreisen gut vernetzte Romanautorin. Diese Dame hat etwas zu sagen bei der Verleihung des Prix de la Vie Heureuse (heute Prix Femina), einem Literaturpreis, den einige Autorinnen 1904 als Alternative zu dem männerlastigen Prix Goncourt ins Leben gerufen hatten. Proust schreibt ihr kurz nachdem sie
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