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Prophetengift: Roman

Prophetengift: Roman

Titel: Prophetengift: Roman
Autoren: Nick Nolan
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nicht«, warnte Mateo. »Wenn du erst einmal durch bist, gibt es kein Zurück mehr.«
    Sebastian zog sich wieder zurück.
    »Weißt du, was drüben passiert ist«, fragte Mateo, »und warum du jetzt hier bist?«
    Sebastian sah sich auf dem hohen Podest stehen und auf den scharlachroten Blutfleck auf seiner Robe starren. »Ich glaube, jemand hat auf mich geschossen. Weißt du, wer es war?«
    »Du wirst alles noch früh genug erfahren, aber erst muss eine Entscheidung getroffen werden: Was hältst du davon, nicht zurückzugehen, sondern stattdessen weiterzugehen? Wofür bist du deiner Ansicht nach bereit?«
    »Es fühlt sich so angenehm an. Wie war es für dich?«
    »Es ist schön hier, aber ich vermisse meine Mutter, meinen Vater und meine Freunde – aber ich wurde auch nicht vor die Wahl gestellt, ob ich gehen oder bleiben wollte. Diese Typen, du weißt schon ...«
    »Ja, ich erinnere mich. Also, bevor ich meine Wahl treffe, kannst du mir sagen, was du hier so machst?«
    »Hauptsächlich lernen wir etwas über uns selbst und über das, was wir auf Erden richtig oder falsch gemacht haben. Es kommt alles ans Licht, unser ganzes Leben – als würden die Seiten einer Zeitschrift alle einzeln auf einem Tisch ausgebreitet. Danach werden manche in einem anderen Körper wiedergeboren,
während diejenigen, die gelernt haben, was sie lernen mussten, als Geistführer zurückgehen können, um anderen zu helfen. Es ist ein ziemlich cooles System – es gibt Wahlmöglichkeiten.«
    »Und ... was passiert mit denen, die nicht zurückzugehen brauchen? Die bereits Geistführer waren und alles?«
    »Sie gehen in ein anderes Reich. Aber genau wie wir auf Erden nicht genau wissen, was nach dem Tod mit uns geschieht, wird uns nicht gezeigt, wo diese Leute hinkommen. Wir wissen nur, dass sie zu Gott gehen.«
    »Also ... was ist mit Gott?«, fragte Sebastian.
    »Wir alle kommen von Gott. Alle Lebewesen, sogar Pflanzen und Tiere, haben etwas von Gott in sich: Fliegen nur sehr wenig, aber Hunde, Delphine, Kühe und Elefanten – und Menschen – sehr viel. Für mich ist Gott wie ... die Sonne, die immer Wärme abstrahlt, und wir alle werden aus dieser Wärme geschaffen, die Leben und Liebe ist. Später kehren die meisten zurück und werden wieder mit Gott vereint, mit dieser riesigen Sonne der Liebe, wenn ihre Seelen dafür bereit sind.«
    »Wird irgendjemand Gott vorher begegnen?«
    »Klar«, lachte Mateo. »Du bist ihm bereits begegnet.«
    »Wann?«
    »Gerade jetzt – das schöne Gefühl, das du hast? Das ist Gott. Gott, das ist, wie Liebe sich anfühlt. Gott ist diese wunderbare Kraft, die einen emporzieht und hält ... und die Freude, die du empfindest, wenn du dafür sorgst, dass jemand anderes sich gut fühlt – wie damals, als du zu dieser alten Frau an der Straßenecke gesagt hast, mit ihrer neuen Frisur sehe sie sehr hübsch aus. Sie hat dich angelächelt, als hättest du ihr gerade mitgeteilt, sie hätte im Lotto gewonnen.«
    »Woher weißt du das?«, lachte Sebastian.
    »Manches spricht sich einfach herum. Aber die Freude, die du empfunden hast, ist für Gott das, was Regentropfen für eine
dicke Gewitterwolke sind. Die Regentropfen waschen und lindern und säubern und nähren. Und schließlich, das hast du ja in der Schule gelernt, kehren alle Regentropfen zum Himmel zurück.«
    »Versteh ich nicht.«
    »Sebastian, alle Menschen sind eigentlich nur Regentropfen, die anderen helfen zu wachsen. Und wenn wir sterben, kehren wir zu Gott zurück – zu dieser großen Wolke im Himmel.«
    »Ich dachte, du sagtest, Gott sei wie die Sonne.«
    »Betrachte das Leben als Sonne und die Freude als Regen. Auf Erden lässt Gott auf diese Weise alles wachsen.«
    »Ich glaube, ich versteh’s, Mateo. Vielen Dank, dass du es mir erklärt hast.«
    »War mir ein Vergnügen.«
    »Also«, Sebastian zögerte, »wie lange kann ich mir überlegen, ob ich zurück will oder weitergehen will?«
    Mateo lauschte. »Sie sagen gerade ... die Entscheidung fällt jetzt oder nie.«
    Sebastian schloss die Augen und ließ sich von dieser sonnigen Decke des Friedens einhüllen.

    Der Rettungswagen holperte, schwankte und sauste mit heulender Sirene durch die Straßen von Westchester zum Dr.-Martin-Luther-King. Jr.-Krankenhaus, wo das Trauma-Team schon bereitstand. Hilflos angeschnallt auf ihrem Sitz hinten im Rettungstransportwagen, schaute Reed zu und betete verzweifelt, während der Defibrillator sich neu auflud und ein Sanitäter versuchte an
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