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Profit

Profit

Titel: Profit
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flehentlich zu ihm hochgerichtet.
    Noch mal drücken. Nichts.
    »Scheiße.« Es kam zwischen den Zähnen hindurch, als befürchte er, in dem leeren Lagerhaus belauscht zu werden. Dennoch schien es von den Wänden widerzuhallen. »Scheiße, Scheiße!«
    Die Schlösser – das Einschlagen auf die Schlösser, bis sie zersprangen. Er dachte an die Wildheit, mit der er zu Werke gegangen war, an die ungünstigen Winkel, die die Enge des Gitterkäfigs am Ende der Treppe ihm aufgezwungen hatte.
    Er hatte den Mechanismus verklemmt, irgendwas verschoben, vielleicht irgendwas im Innern kaputtgemacht, und es war nicht zu beheben.
    Er stand da und blickte auf Mike Bryant. Wischte sich über den Mund, schluckte.
    Bring es zu Ende. Bring es verdammt noch mal zu Ende.
    Er schlich dichter heran, starrte fasziniert in die Augen des anderen. Bryant glotzte zu ihm hoch, mit zuckendem Gesicht. Er machte Geräusche, in denen der Name Chris, das Wort bitte zu erahnen waren.
    Aus irgendeinem Grund reichte ihm das jetzt.
    »Du kannst mich mal, Mike«, sagte er schnell. »Du hast deine Chance gehabt.«
    Mit dem Fuß drehte er den Kopf des Verletzten zur Seite, fasste die Remington am Lauf und rammte den Griff der Waffe gegen Bryants freiliegenden Hals. Legte sein ganzes Gewicht dahinter.
    »Leck mich, Mike!« Jetzt fauchte er die Worte hervor, vorgebeugt, hasserfüllt in Mikes Gesicht starrend. »Leck mich! Leckt mich alle, ihr Anzugarschlöcher!«
    Es schien ewig zu dauern.
    Zuerst gab Bryant nur würgende Geräusche von sich. Dann fand er doch noch irgendwo die Kraft, seinen unverletzten Arm zu heben und die Remington um den Abzugsbügel zu packen.
    Chris kickte die Hand weg und stellte sich drauf. Er keuchte.
    Mikes Würgegeräusche wurden immer verzweifelter. Er wälzte seinen Kopf gegen den Beton. Er wand seine eingeklemmten Finger um den Rand von Chris’ Schuh, die Nägel krallten sich in das argentinische Leder.
    Chris stieß noch fester zu. Tränen sprangen ihm aus den Augen und flossen über sein Gesicht. Er hob den Fuß und trampelte auf Mikes Hand. Er hörte das trockene Knacken eines zerbrechenden Fingers. Noch einmal holte er aus. Ließ die Schrotflinte mit voller Wucht niedersausen, hob dabei fast vom Boden ab.
    Etwas knirschte. Mike bewegte sich nicht mehr.
    Hinterher konnte Chris sich kaum aufrecht halten. Es war, als könne er ohne das Gewehr jetzt gar nicht mehr auskommen, als sei er plötzlich von einer muskulären Krankheit befallen. Humpelnd entfernte er sich von der Leiche, so heftig zitternd, dass seine Zähne aufeinander schlugen. Plötzlich krümmte er sich zusammen und übergab sich schließlich doch noch. Ein dünnes Rinnsal von Erbrochenem und Gallenflüssigkeit – er hatte am Morgen kaum etwas gegessen, aber das Wenige kam restlos hoch. Würgend sank er auf die Knie, landete in einer Pfütze.
    Das Geräusch von Stiefeln auf nassem Untergrund.
    Er blickte, eigentlich ohne großes Interesse, auf und sah die Männer. Große, klobige Gestalten in dem von draußen hereinsickernden Licht, wie mittelalterliche Ritter aus irgendeinem Fantasyfilm.
    Er blinzelte, um einen klaren Blick zu bekommen.
    Es waren neun Mann, alle in das übliche Zonengangsta-Out-fit gehüllt. Billige, schmierige Klamotten, weite Segeltuchhosen, massige gepolsterte Jacken, rasierte Köpfe und Arbeitsstiefel. In den Händen Brechstangen, Schraubenschlüssel, abgesägte Billardstöcke und eine Reihe von anderen Gegenständen, die ihrer Unförmigkeit wegen nicht leicht zu identifizieren waren. In den Gesichtern Souvenirs aus vermutlich zahlreichen Straßenkämpfen. Augen aufmerksam auf das Geschehen gerichtet, das sie soeben unterbrochen hatten.
    Er erhob sich etwas schwankend. Einer der Männer trat nach vorn. Er war annähernd zwei Meter groß, ausgesprochen muskulös unter einem ärmellosen T-Shirt mit der in Rot gehaltenen Aufschrift I am the Minister for the Redistribution of Health. Die Buchstaben waren klecksend gemalt, damit es schön blutig aussah. In seinem Gesicht zog sich eine Narbe vom linken Auge bis hinunter zum Kinn. Sie verlieh ihm einen seltsam melancholischen Ausdruck.
    »Biste jetzt fertig? Ist er tot?«
    Chris blinzelte und hustete.
    »Wer seid ihr?«, fragte er rau.
    »Wer sind wir?« Gelächter schnarrte, erst nur aus einer Kehle, dann zu einem vom Metalldach zurückgeworfenen rasselnden Echo gesteigert. Es erstarb schnell wieder. Der Bandensprecher hatte ein kurzes, schwarz emailliertes Stemmeisen in der Hand, das er
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