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Profit

Profit

Titel: Profit
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lassen. Von oben sah er die Wellblechseitenwand des Gewerbegebäudes und eine verrostete, nicht mehr verschließbare Ladezonentür, die den Blick auf etliche Quadratmeter Leerfläche freigab. Im trüben Licht konnte er den halben, auf dem Dach liegenden BMW ausmachen. Mäßige Erleichterung über seine eigenen Steuerkünste sickerte…
    Bewegung.
    Er fuhr herum, spannte den Finger um den Abzug der Remington.
    Und zog ihn sofort wieder weg, als habe er sich an dem Metall verbrannt. Auf dem Abhang des nächsten Hügels waren zwei Kinder im Alter von vier oder fünf in ein Spiel mit den zerfetzten Gliedmaßen und Rümpfen von Plastikpuppen vertieft. Sie erstarrten zunächst, als sie ihn erblickten, dann rappelten sie sich hoch und begannen zu rufen:
    »Menn-etscher-Arsch, Menn-etscher-Arsch! Menntscher-Arsch, Menntscher-Arsch!«
    Kopfschüttelnd ließ er das Gewehr sinken und fuhr sich mit der Hand über den Mund. Aus so kurzer Entfernung hätte die Schredderladung…
    »Menntscher-Arsch, Menn-tscher-ARSCH!« Elfenhafte Gesichter, verzerrt von der Emphase ihres Geschreis.
    Eine Frauenstimme erklang von den Häusern her, laut und vor Besorgnis rau. Die Kinder empfingen das Signal, sahen einander auf eine Weise an, über die man unter anderen Umständen hätte lachen können, und stoben dann wie zwei verschreckte Tiere davon. Sie kletterten über die Schutthaufen und anschließend durch ein Loch in der Mauer, das er nicht gesehen hatte. Zurück blieb das Plastikgemetzel der verstümmelten Puppen.
    Scheiße. So eine blöde Scheiße. Scheiß auf Louise Hewitt und ihr Scheißplastik.
    Aber er ging dennoch weiter, über die Schutthaufen hinweg zur Verladetür und hindurch.
    Drinnen war es kalt. Wasser tropfte unablässig vom eisenträgergestützten Dach herunter und bildete Pfützen auf dem unebenen Betonfußboden. Der BMW lag unter dem Loch, das er geschlagen hatte, die Nase vom Gewicht des Motors und der Panzerung in den Boden gedrückt, das Heck freischwebend. Ein leichtes Zischen kam von der Vorderseite her, und an einer Stelle, wo die Motorhaube sich beim Aufprall verzogen hatte, kräuselte Dampf heraus. Ansonsten sah der Wagen bemerkenswert unbeschädigt aus. Die Panzerung hatte standgehalten.
    Chris bewegte sich seitwärts zur Fahrertür, zögerte einen Moment, dann zog er sie auf. Bryant kam herausgepurzelt wie ein Bündel Wäsche. Der Anzug blutbeschmiert, die Augen geschlossen und der Mund offen. Ein Arm stand in unmöglichem Winkel vom Körper ab.
    Übelkeit. Das Heranfluten der verzögerten Reaktion auf das Duell. Chris presste die Zunge gegen den oberen Gaumen und kniete neben dem regungslosen Körper nieder. Das Gewehr unter den Arm klemmend, schlug er eine Seite von Bryants Jackett zurück. Der goldene Eckenbeschlag der Brieftasche glitzerte aus der Innentasche. Er fasste sie mit Daumen und Zeigefinger und zog sie heraus. Schlug sie auf. Gegenüber von Mikes Kartenfächern lächelte ihm das Foto von Suki und Ariana entgegen.
    Eine Hand schloss sich um sein Bein.
    Chris musste sich vor Schreck beinahe übergeben. Das Gewehr polterte über den Boden. Er stolperte vom Auto weg, befreite sich aus dem Griff und sah, was los war. Bryant war noch am Leben, die Augen in dem umgedrehten Gesicht weit aufgerissen, nach oben starrend. Sein gesunder Arm machte schwache Bewegungen. Sein Mund öffnete und schloss sich stumm, wie bei einem an Land geworfenen Fisch. Es war unmöglich zu sagen, ob er Chris erkannte oder nicht.
    Sie bringen sie nicht ins Krankenhaus, Chris.
    Sie bringen die Sache zu Ende.
    Er trat zurück und hob das Gewehr. Bryant sah es und fuchtelte verzweifelt mit allem, was er noch hatte. Ein abgebrochenes Stöhnen drang aus seinem Mund. Anscheinend versuchte er den funktionierenden Arm hinauf zu seinem Schulterhalfter und der Nemex zu führen, aber er hatte nicht die Kraft dazu. Chris presste die Lippen noch fester zusammen, trat einen weiteren Schritt zurück und legte an. Abgehackte Bewegungen, schnell, bevor er zum Nachdenken kam. Er hatte aufgehört zu atmen.
    Bring die verdammte Sache zu Ende, Chris.
    Er drückte den Abzug.
    Nichts.
    Kein Klicken, keine Detonation, kein Rückstoß. Kein Verspritzen von Blut und Gewebe. Der Abzug ließ sich ungefähr halb durchziehen und klemmte dann. Chris zog fester. Immer noch nichts. Er repetierte und schleuderte eine absolut einwandfreie, nicht abgefeuerte Patrone in die Luft. Sie fiel auf den Betonboden und rollte fröhlich kirschrot davon.
    Mikes Gesicht,
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