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Profit

Profit

Titel: Profit
Autoren: authors_sort
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wachsam und mit einem harten Zug um die Augen. Er macht das schon lange, hat sich wahrscheinlich in Sperrzonenclubs die Hörner abgestoßen, bevor er diesen Job ergatterte. Er hat schon andere Leute schockbehandelt, und Martin hat mittwochs um halb fünf seine Büroklamotten natürlich abgelegt, trägt stattdessen ausgeblichene Jeans und einen abgetragenen Pullover, dem man nicht mehr ansieht, wie teuer er mal war. Der Wachmann glaubt zu wissen, mit was für einem er es hier zu tun hat. Dass er sich da täuscht, kann er nicht ahnen.
    Martin stößt sich vom Tresen ab.
    Die flache Hand schnellt nach vorn und macht dem Wachmann die Nase platt. Das Knie stößt in die Weichteile. Während der Mann bereits fällt, rammt Martin ihm noch die geballte Faust gegen den Schädel.
    Der Wachmann schlägt schwer auf dem Boden auf.
    »Keine Bewegung!«
    Martin wirbelt herum und sieht sich der kleiner gewachsenen Kollegin des Wachmanns gegenüber, die soeben ihre Pistole aus dem Halfter zieht. Immer noch durchgeschüttelt von dem Stromknüppel, macht er eine jähe Bewegung in die falsche Richtung, auf die Frau zu; die drückt sofort ab, und sein Gehirn spritzt über seine Frau und seinen Sohn, über die Kasse und die Kassiererin und über all die glitzernd verpackten Waren auf dem Laufband, die sie sich jetzt nicht mehr leisten können.

 
     
DATEI 01:
Einstiegsinvestition

 
EINS
     
     
    Wach.
    Quer im Bett liegend, schweißgebadet.
    Bruchstücke des Traums hielten noch den Atem in der Kehle fest, drückten ihm das Gesicht ins Kissen, während seine Wahrnehmung durchs abgedunkelte Zimmer torkelte.
    Die Wirklichkeit legte sich über ihn wie ein frisches Laken. Er war zu Hause.
    Er seufzte schwer und tastete nach dem Wasserglas neben dem Bett. Im Traum war er gefallen, in einem Supermarkt, war voll auf die Fliesen geschlagen und dann sogar hindurch.
    Auf der anderen Bettseite rührte sich Carla, fasste nach ihm.
    »Chris?«
    »Schon gut. War nur ein Traum.« Er nahm einen Schluck. »Hab schlecht geträumt, weiter nichts.«
    »Murcheson mal wieder?«
    Er zögerte, seltsam unwillig, ihrer Vermutung zu widersprechen. Von Murchesons himmelschreiendem Tod träumte er gar nicht mehr so oft. Er zitterte ein bisschen. Seufzend rückte Carla näher an ihn heran. Sie nahm seine Hand und drückte sie auf ihre volle Brust.
    »Mein Vater wäre begeistert. Schwere Gewissensbisse. Er hat immer gesagt, du hättest gar kein Gewissen.«
    »Genau.« Chris nahm den Wecker in die Hand und spähte auf die Anzeige. Drei Uhr zwanzig. Na toll. Er wusste, dass er lange brauchen würde, um wieder einzuschlafen. Wirklich ganz toll. Er ließ sich ins Kissen zurücksinken. »Aber wenn’s darum geht, die Miete zu bezahlen, leidet dein Vater bequemerweise unter Gedächtnisverlust.«
    »Geld regiert die Welt. Was glaubst du, warum ich dich geheiratet habe?«
    Er drehte seinen Kopf und boxte ihr sanft auf die Nase. »Willst du mich verschaukeln?«
    Als Antwort griff sie nach seinem Schwanz und rollte ihn zwischen den Fingern.
    »Nein, ich nehm dich hoch«, flüsterte sie.
    Als sie zusammenrückten, spürte er, wie das heiße Verlangen nach ihr den Traum wegblies, aber es dauerte etwas, bis er unter ihren Händen steif wurde. Und erst in den letzten Zuckungen des Höhepunkts gelang es ihm loszulassen.
    Fallen.
     
    Es regnete, als der Wecker klingelte. Sanftes Zischen drang durchs offene Fenster, wie ein empfangsgestörter, ganz leise gedrehter Fernseher. Er schaltete das Piepen ab, blieb noch eine Weile, dem Regen lauschend, liegen und glitt dann aus dem Bett, ohne Carla zu wecken.
    In der Küche setzte er die Kaffeemaschine in Gang, ging dann unter die Dusche und war rechtzeitig wieder da, um die Milch für Carlas Cappuccino aufzuschäumen. Er brachte ihn ihr ans Bett, weckte sie mit einem Kuss und machte sie auf die Lieferung aufmerksam. Wahrscheinlich würde sie wieder einschlafen und den Kaffee später kalt trinken. Er holte sich verschiedene Sachen aus dem Kleiderschrank – ein schlichtes weißes Hemd, einen der dunklen italienischen Anzüge, die argentinischen Lederschuhe – und nahm sie mit nach unten.
    Angekleidet, aber mit noch ungebundener Krawatte, trug er seinen doppelten Espresso zusammen mit einer Scheibe Toast ins Wohnzimmer, um die Sieben-Uhr-Nachrichten zu verfolgen. Wie üblich war die Auslandsberichterstattung sehr ausführlich, und es wurde Zeit aufzubrechen, noch bevor Prom & App, der Spot über Beförderungen und Ernennungen, an der
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