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Private Dancer

Private Dancer

Titel: Private Dancer
Autoren: Peter Porsani
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indem er mich untertariflich bezahlte, Nein! Ich wurde nicht mit Schimpfwörtern oder gorillagebrüllartigen Lauten begrüßt und noch nicht einmal geschlagen.
    Es ging mir einfach außergewöhnlich gut! Im Vergleich zu meinen Genossen hatte ich es wohl am besten. Warum die sich wie Dreck behandeln ließen, hatte ich sowieso nie begriffen. Obwohl es mir so gut ging wusste ich aber eines ganz klar, nämlich, dass ich wenn ich in dem Betrieb bliebe, mich daran gewöhnen würde und vielleicht für immer dort festsäße. Ich sah ihn vor mir, einen vierzigjährigen Peter Porsani, der das Wort „Leidenschaft” als einen Begriff aus der Vergangenheit bezeichnete, bequemlich war und über die Maßen unglücklich und verbittert. Der nur arbeiten ging, damit seine unzufriedene Frau nicht noch kratzbürstiger würde und dessen versehentlich gezeugte Bälger mit zwanzig noch auf der Hauptschule saßen oder noch schlimmer-erfolgreich waren und ihr Leben lebten, ohne ihn! Aufstehen, Küche, schlafen, aufstehen, Küche, schlafen… noch heute einer meiner schlimmsten Albträume!
    Ergo: Betriebswechsel! Aber wohin??? Es gab herausragende Betriebe mit großartigen Möglichkeiten und einzigartigen Aufstiegschancen und ausbeutenden Chefs und Achtzehn-Stunden-Schichten und Urlaubssperren und… auch das wollte ich nicht. Ich kannte sie zur Genüge, die Spitzenköche in den besten Positionen, manche von Ihnen sogar einigermaßen entsprechend bezahlt. Aber etwa siebzig Prozent von denen schnupften mehrere Lines Koks am Tag, um ihre Schicht zu überstehen und rauchten Joints, um danach einschlafen zu können, was nach spätestens zwei Jahren einschlägige Wesensveränderungen zeigte. (Ich war vierundzwanzig Jahre alt und man erwartete von mir eine längere Belastbarkeit, als die „zwei Jahre ohne Nebenwirkungen-Periode“. Außerdem war ich nicht scharf drauf mich bereits so früh abhängig zu machen, das hatte ich erst ab dem Rentenalter vorgesehen) Weitere zehn Prozent dieser Köche waren von Natur aus bescheuert und brauchten solche absurden Dinge wie Freizeit nicht, weil sie keine Freunde oder Familie hatten, geschweige denn anderweitige Interessen. Wiederum zehn Prozent überlebten die Arbeit mehrere Jahre ohne Drogen, wurden dann aber doch in die Klapse geschickt (Burn-out nennt man’s wohl…). Weitere zwei Prozent wurden der größte Abschaum, den der Beruf je hervorgebracht hatte (Fernsehkoch) und die letzten acht Prozent …na ja… die gibt’s  irgendwo und es geht ihnen gut, ich hab sie nie getroffen…(ich glaube übrigens auch an die Existenz von Meerjungfrauen)
    Das alles hört sich so an, als würde ich meinen Job milde ausgedrückt nicht mögen, aber können Sie sich erinnern was ich über mich und meine Genossen geschrieben habe? Wir, die die Ausbildung absolviert hatten? Ich liebe meinen Beruf! Die Kreativität die darin steckt, die Möglichkeit seinen Mitmenschen eine Freude zu machen, über die Ernährung aufzuklären und über deren Wichtigkeit (Ernährung spielt übrigens in vielen Bereichen eine große Rolle, man findet sie auch in der Weltpolitik, aber die meisten wollen das nicht hören …leider...). Ich spürte, dass ich auf jeden Fall richtig war, nur die Gastronomie in ihrer Form hatte mich ermüdet. So ging es nicht. Mein Lehrer, dem ich vieles zu verdanken habe, schlug mir vor mich schulisch weiter zu bilden und zu sehen, ob ich somit wieder auf positivere Gedanken komme was meine Arbeit anging und erst einmal Abstand zu all dem Negativen bekäme. Es war fast schon ein Zeichen, dass genau in diesem Jahr die Fachoberschule für Ernährungswissenschaft in Saarbrücken eröffnet wurde.
    Nachdem ich mir vorkam, als hätte man diese Schule nur für mich erfunden, sah ich mich also am Ende des Sommers auf der Schulbank sitzend … mit vierundzwanzig Jahren und ohne Geld…
    Wie Sie sich denken können, war es ein schwieriges Jahr für mich, nachdem ich jahrelang finanziell unabhängig war (auf bescheidene Art und Weise), mir alles kaufen konnte was ich wollte und alleine lebte, nun plötzlich mit nichts da zu stehen, als einem Haufen Rechnungen. Da ich nun eine abgeschlossene Ausbildung hatte und Vater Staat, sowie mein leiblicher Vater mich eigentlich arbeitend sehen wollten, (so sin’ se, die Väter) konnte ich also auch auf keine große finanzielle Unterstützung mehr hoffen. Ich erinnere mich noch sehr deutlich an eine Situation, in der ich mit meinem alten, klapprigen VW Passat mitten in der Stadt
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