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Prinzessin in Pink

Titel: Prinzessin in Pink
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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natürlich viele alte Abschlussball-Klassiker, wie »Who’s got the Crack?« von den Moldy Peaches und »All Cheerleaders Die« von den Switchblade Kittens spielen, dann ein paar härtere Nummern wie »Mary Kay« von Jill Sobule und »Call the Doctor« von Sleater-Kinney. Und natürlich auch eigene Songs wie »Steine werfende Jugendliche« und »Prinzessin meines Herzens«.
    Ich fand zwar, dass sie »Steine werfende Jugendliche« lieber durch einen weniger politischen Song ersetzen sollten, etwas im Stil von »When it’s over« von Sugar Ray oder »She Bangs« von Ricky Martin, aber Michael hat gesagt, bevor er so was spielt, stellt er sich lieber nackt mit nichts als einem Cowboyhut bekleidet auf den Times Square (au ja, bitte!). Also schlug ich ihm vor, stattdessen irgendwas Old-School-Mäßiges von Spoon oder den White Stripes zu spielen.
    »Wer schreit da eigentlich im Hintergrund so rum?«, fragte er irgendwann.
    »Ach das«, sagte ich leichthin. »Das sind bloß Grandmère und Mom, die sich streiten. Grandmère will unbedingt in der Wohnung rauchen, aber Mom lässt sie nicht, weil es mir und dem Baby schadet. Grandmère hat Mom gerade als Faschistin beschimpft und gesagt, selbst Hitler und Mussolini hätten sie rauchen lassen, als sie die beiden mitten im wildesten Kampfgetümmel
des Zweiten Weltkriegs zum Tee in den Palast eingeladen hat. Und wenn die beiden es ertragen hätten, soll Mom sich gefälligst nicht so anstellen.«
    »Sag mal, Mia?« Michael räusperte sich. »Du weißt doch, wie alt deine Großmutter ist?«
    »Na klar.« Ich erinnere mich überdeutlich an Grandmères letzten Geburtstag: Sie hatte darauf bestanden, dass ich nach Genovia fliege, um dort mit ihr zu feiern - nur dass wir zu der Zeit gerade Halbjahresprüfungen hatten (DANKE, LIEBER GOTT) und ich nicht konnte. Das musste ich mir natürlich noch wochenlang bis zum Erbrechen von ihr vorhalten lassen.
    »Tja, Mia«, sagte Michael. »Ich weiß, dass Mathe nicht deine Stärke ist, aber rechne das doch mal nach. Deine Großmutter war auf dem Höhepunkt des Zweiten Weltkriegs ein kleines Kind. Sie kann Hitler und Mussolini unmöglich zum Tee in den Palast eingeladen haben, weil sie damals noch nicht mal dort gewohnt hat. Es sei denn, sie hätte deinen Großvater mit fünf geheiratet.«
    Ich war vor Erstaunen und Erschütterung absolut sprachlos. Ist das zu glauben? Meine eigene Großmutter hat mich mein Leben lang belogen. Ständig prahlt sie herum, sie hätte den Palast davor bewahrt, von Nazihorden in Grund und Boden bombardiert zu werden, indem sie Hitler auf eine Suppe einlud und lauter solche Sachen. Und ich hab sie die ganze Zeit für ihren Mut und ihr diplomatisches Geschick bewundert, weil es ihr gelang, die unmittelbar bevorstehende militärische Besetzung Genovias mithilfe einer simplen SUPPE und ihres charmanten Lächelns (na ja, damals vielleicht) zu verhindern.
    UND JETZT MUSS ICH ERFAHREN, DASS DAS ALLES ER-STUNKEN UND ERLOGEN WAR????????????????
    Nicht zu fassen. Die Frau ist gut. Echt gut.
    Es fällt mir (und ich hätte nie gedacht, dass ich das noch mal sagen werde) ziemlich schwer, auf sie sauer zu sein. Weil... na ja … immerhin hat sie den Abschlussball gerettet.

Freitag, 9. Mai, 19.30 Uhr
    Tina hat gerade angerufen. Sie kriegt sich nicht mehr ein, vor lauter Freude darüber, dass sie auf den Abschlussball gehen kann. Sie sagt, für sie sei ein Traum wahr geworden. Und ich hab gesagt, das könne ich nur unterstreichen. Dann wollte sie wissen, womit wir beide so ein irrsinniges Glück verdient hätten.
    Und ich hab geantwortet: Weil wir beide reinen Herzens sind.

Freitag, 9. Mai, 20 Uhr
    Noch etwas, von dem ich nie geglaubt hätte, dass ich es jemals sagen würde, nämlich: Arme Lilly.
    Ja. Arme, arme Lilly.
    Sie hat mitgekriegt, dass Boris Tina zum Abschlussball eingeladen hat, weil sie Michaels und mein Telefonat belauscht hat. Jetzt hat sie gerade bei mir angerufen und kann kaum sprechen, weil sie so damit beschäftigt ist, nicht loszuschluchzen.
    »M-mia?«, fragt sie mit tränenerstickter Stimme. »W-was hahab ich n-nur geta-aha-n?«
    Tja, ich weiß, was sie getan hat. Sie hat sich ihr Leben versaut, ganz einfach.
    Aber das kann ich ihr natürlich nicht sagen.
    Also spule ich die übliche Leier ab. Dass Frauen Männer ungefähr so dringend brauchen wie Fische Fahrräder und dass sie eines Tages wieder lernen wird, sich neu zu verlieben, bla bla bla und so weiter und so fort. Im Grunde genau das, was Lilly und ich
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