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Prinz Rajin - Der Verdammte

Prinz Rajin - Der Verdammte

Titel: Prinz Rajin - Der Verdammte
Autoren: Alfred Bekker
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stärker an sie band.
    „Ein gutes Mädchen für den winterländischen Barbaren, als der ich aufgewachsen bin, aber nicht für den Prinzen Rajin Ko Barajan“, entgegnete Rajin. „Das ist es doch, was du sagen willst, richtig?“
    Liisho fasste den Prinzen erneut bei der Schulter. Niemand sonst, der seine wahre Identität kannte, hätte es gewagt, ihm auf diese Weise zu berühren. „Sie ist tot, Rajin. Ich weiß, dass du täglich mehrmals auf das magische Pergament starrst und hoffst, irgendein Zeichen dafür zu erhalten, dass ihre Seele in einer anderen Ebene des Polyversums oder einem magischen Schattenreich vielleicht noch existiert. Aber gib es zu: Da ist nichts, was deiner Hoffnung Substanz geben könnte! Ubranos, der Magier in Katagis Diensten, wurde erschlagen, du selbst warst dabei. Damit hat er für seine Niedertracht bezahlt – und auch dafür, dass er dir mit Trugbildern falsche Hoffnungen machte, die jeder Grundlage entbehrten. Sei zufrieden damit, dass derjenige, der deine geliebte Nya zu einer Marionette in Katagis Spiel machte, dafür gerichtet wurde, und mach dich nicht noch über Ubranos' Tod hinaus zum Opfer seiner Lügen.“
    „Ich kann nicht anders“, erklärte Rajin. „Und nichts von dem, was du sagst, kann mir die Hoffnung nehmen, Nya einst doch noch retten zu können – auch wenn du mich einen Narren schimpfst!“
    „Vielleicht bin ich der Narr, dass ich all meine Hoffnungen in dich setzte“, erwiderte der Weise Liisho düster. „Und was deinen ungeborenen Sohn betrifft – er hatte noch nicht einmal einen Namen. Er war weniger als ein Traumgespinst, Rajin.“
    Rajin ging an Liisho vorbei, auf das am Boden liegende Schwert zu.
    „Er ist eine Chimäre ohne Substanz, ein Schatten, der sich in der Dunkelheit verliert“, fuhr Liisho mit beschwörender Stimme fort, während sich Rajin nach dem Schwert bückte und es aufhob. „Nichts Greifbares - und schon gar nichts, was deine Entscheidungen beeinflussen und dir deine Kraft rauben sollte!“
    Mit dem Schwert in der Hand näherte sich der Prinz dem Weisen, der rief: „Es hat keinen Sinn, Rajin! Nicht heute und nicht jetzt!“
    Er wich zur Seite, um dem Schwertstreich Rajins auszuweichen. Der Schrei, den der junge Mann dabei ausstieß, war um einiges kraftvoller, als es Liisho von den bisherigen Versuchen seines Zöglings gewohnt war. Er hatte eine düstere, durchdringende Intensität, die den Weisen sogar erschaudern ließ.
    Doch der Schwertstreich hatte nicht dem Weisen Liisho gegolten. Der Stahl prallte funkensprühend auf den Drachenbasalt und barst. Die Spitze brach ab, sprang wie das Geschoss einer Schleuder zurück und schnellte um Haaresbreite an Rajins Kopf vorbei. Der Prinz glaubte für einen Moment, ein wütendes Drachenknurren zu hören, das aus dem Inneren des Basaltblocks drang. Die Reste einer Drachenseele bäumten sich offenbar gegen Rajins Versuch auf. Ein Versuch, der nun mehrfach gescheitert war.
    „Es hätte dich beinahe umgebracht!“, stieß Liisho voller Entsetzen hervor. „Was auch immer es sein mag, das noch in diesem Stein an Seelenrest und verblassendem Drachengeist schlummert – du hast es durch deine Torheit nur noch stärker gemacht, Rajin!“
    Und der Prinz erkannte in seinem tiefsten Inneren die Wahrheit dessen, was Liisho zu ihm gesagt hatte.
     
     
    Manche behaupteten, dass die auf mehreren Ebenen unterhalb der Burg Sukara gelegenen labyrinthischen Gewölbe nicht minder weitläufig waren als die Hafenstadt selbst, die die Festung des Fürsten vom Südfluss her wie ein breiter Gürtel umlief. Über den ursprünglichen Zweck dieser unterirdischen Anlagen kursierten die absonderlichsten Legenden, und so mancher Geschichtenerzähler in den engen Gassen am Hafen gab vor, aus sicherer Quelle von grausigen Wesenheiten zu wissen, die von den Vorfahren des Fürsten in der Tiefe gezüchtet worden wären. Wesen, die angeblich so verderbt waren, dass ein einziger Strahl reinen Tageslichts sie auf der Stelle getötet hätte und sie daher nur des Nachts aus den Labyrinthen emporstiegen, um in der Gestalt von Schatten durch die Straßen zu schleichen und den Bewohnern Sukaras böse Träume zu senden.
    In einem Teil dieser Labyrinthe, deren ganze Ausmaße auch der Fürst nicht kannte, befand sich eine Totengruft, wo die Mitglieder der fürstlichen Familie nach dem Ritus der Kirche des Unsichtbaren Gottes beigesetzt worden waren.
    Dort war nun auch Nya zu finden. Sie lag in ihrem gläsernen, zweifellos magischen
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