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Prinz Charming

Titel: Prinz Charming
Autoren: Julie Garwood
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Erlebnisse schildern müssen.
    Gedankenverloren stieg sie den Berghang hinter der Stadt hinauf, und auf dem Gipfel setzte sie sich ins Gras und betrachtete das schöne Tal. Warum war Lucas so entsetzt gewesen, als er geglaubt hatte, sie würde für immer Weggehen? Dachte er ernsthaft, sie würde ihren Mann und die Kinder verlassen? Nie hatte er seine Gefühle gezeigt - bis zu diesem Tag. Und dafür gab es wohl nur einen einzigen Grund.
    Er liebte sie. Heiße Freudentränen liefen ihr über die Wangen, aber dann wurde sie von neuer Sorge erfaßt. Wenn er sie liebte, warum hatte er ihr das nicht gesagt?
    Mit dem Rocksaum wischte sie ihr Gesicht ab und stand auf. Warum mußte die Liebe so kompliziert sein? Vielleicht wußte Lucas noch nicht, daß er sie liebte. Ja, das ergab einen Sinn. Großer Gott, sie mußte sich mit Geduld wappnen. Irgendwann würde Lucas erkennen, was er empfand, und sie konnte nur hoffen, daß sie noch nicht tot unter der Erde liegen würde, wenn der begriffsstutzige Mann endlich die Wahrheit herausfand.
    Es war an der Zeit, nach Hause zu gehen. Immerhin hatte sie versprochen, in einer Stunde zurückzukommen. Und mittlerweile waren zwei Stunden verstrichen. Während sie den Hang hinabeilte, beschloß sie, ihr anstrengendes Tagespensum etwas zu reduzieren. Das Leben war viel zu kurz, um sich dermaßen zu plagen. Außerdem brauchte sie niemandem irgend etwas zu beweisen. Nun wünschte sie sich nur noch eine schöne Zukunft an der Seite ihres Mannes - und das Glück, ihre Kinder heranwachsen zu sehen und zu beobachten, wie sie ihren Träumen folgten. Und so leidenschaftlich sie Lucas auch liebte - sie würde ihm nicht erlauben, ihr alle Träume zu rauben. Sie würde bleiben, wo sie war, hier in Redemption, und damit basta.
    Allmählich ging die Sonne unter, und Taylor blieb stehen, um das prächtige Schauspiel zu bewundern. Dann beschleunigte sie ihre Schritte und eilte weiter. Da sie den Weg abkürzen wollte, betrat sie den Gemischtwarenladen durch den Hintereingang, begrüßte Frank und lief durch die Vordertür hinaus.
    Plötzlich stand sie ihrem Onkel Malcolm gegenüber. Sie stießen beinahe zusammen. Verwirrt wich sie zurück. Die Begegnung schien ihn nicht im mindesten zu überraschen. Er packte ihren Arm, zerrte sie von der Tür weg und stieß sie gegen die Holzwand. Ein heftiger Schmerz durchfuhr ihren Rücken, aber sie schrie nicht. Diese Genugtuung mißgönnte sie ihm.
    Malcolm sah so häßlich aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte, aber er erschien ihr dicker als früher. Am Oberkopf war sein Haar schütter geworden, an den Schläfen grau. Er trug einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd mit fleckigem Kragen und stank ekelerregend nach Whiskey.
    Ja, Malcolm war genauso widerwärtig wie eh und je. »Laß mich los!« verlangte sie entrüstet.
    »Begrüßt man so seinen lieben Onkel?« gurrte er.
    Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, und sie starrte absichtlich die Narbe an, die sich kreuzweise über sein linkes Auge zog. Als er das merkte, gab er ihr eine schallende Ohrfeige. Im selben Moment trat Frank aus dem Laden, um festzustellen, was da geschah, und lief schreiend zu ihr.
    Malcolm schob ihn beiseite, zog Taylor ins Geschäft und versperrte die Tür hinter sich. Dann preßte er seine Nichte an den Ladentisch. »Du dachtest wohl, du könntest dich in dieser gottverlassenen Gegend vor mir verstecken, was? Vorhin warst du ziemlich überrascht über meinen Anblick.«
    »Ja«, gab sie zu. »Ich wußte, du würdest noch mehr Männer nach Amerika schicken, mit dem Auftrag, mir die Mädchen wegzunehmen. Aber ich hätte nicht erwartet, daß du selber kommen würdest.«
    »Ich bringe sie nach England.« Triumphierend klopfte er auf seine Brusttasche. »Hier habe ich Papiere, die meine gesetzliche Vormundschaft beweisen.«
    »Die gelten in den Staaten nicht.«
    Wütend kniff er die Lippen zusammen, dann rannte er zur Hintertür, um sie ebenfalls zu verriegeln. »Wir werden hier warten.«
    Taylor spähte durch das Schaufenster. Da sie Frank nirgends entdeckte, nahm sie an, er würde Lucas holen.
    »Wegen des Ärgers, den du mir gemacht hast, könnte ich dich umbringen«, fügte Malcolm hinzu. »Es war deine Idee, nicht wahr?«
    Sie beobachtete, wie er rastlos im Mittelgang hin und her wanderte. »Was?«
    »Die Änderungen, die meine Mutter in ihrem Testament vorgenommen hat.«
    »O nein. Sie verschwieg mir, was sie vorhatte, und ich erfuhr erst nach ihrem Tod
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