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Prinz Charming

Titel: Prinz Charming
Autoren: Julie Garwood
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das Mädchen, das sie wie eine eigene Tochter großgezogen hatte, verheiratet und versorgt zu sehen.
    Aber Taylors Hochzeit war geplatzt, dank der Einmischung von Jane. Wenigstens hatte diese schreckliche Demütigung auch ihre Vorteile und endlich die Augen der gutmütigen Lady Esther geöffnet.
    Nun hoffte Thomas inständig, Lady Taylor würde rechtzei-tig erscheinen, um die Papiere zu unterzeichnen und sich von ihrer Großmutter zu verabschieden. Eine Zeitlang wanderte er rastlos umher, dann scheuchte er die unverschämten Gäste von der Treppe in den ohnehin schon brechend vollen Wintergarten im Hintergrund des Hauses. Dorthin lockte er sie mit dem Hinweis auf ein üppiges Büfett und weitere Champagnerflaschen, und nachdem er hinter dem letzten Schurken die Tür geschlossen hatte, kehrte er in die Eingangshalle zurück.
    Als er einen Wagen die Zufahrt heraufrollen hörte, trat er ans Fenster, erkannte das Wappen der schwarzen Kutsche und schickte erleichtert ein Dankgebet zum Himmel. Endlich war Lady Taylor eingetroffen.
    Thomas warf einen Blick in den Salon und vergewisserte sich, daß der Graf und dessen Tochter immer noch mit ihren Freunden plauderten. Lautlos schloß er die Tür, der sie den Rücken kehrten. Wenn er Glück hatte, würde es ihm gelingen, Lady Taylor unbemerkt von Onkel und Kusine die Halle und die Treppe hinaufzuführen.
    Während er die Haustür öffnete, bahnte sich Taylor einen Weg durch das Gedränge der Opportunisten, die auf der Zufahrt ausharrten. Würdevoll ignorierte sie die Schufte, die ihre Aufmerksamkeit zu erregen und ihr Visitenkarten in die Hand zu drücken suchten. Jeder einzelne gab sich lautstark als bester Investmentberater von England aus, der das Erbe der Lady binnen kürzester Zeit verdreifachen würde.
    Dieses aufdringliche Getue widerte Thomas an, und er bedauerte, daß er keinen Besen bei sich trug. Sonst hätte er das Gesindel in die Flucht geschlagen. »Lassen Sie die Lady in Ruhe!« befahl er und lief ihr entgegen. Schützend umfaßte er ihren Ellbogen und geleitete sie ins Haus. »Verbrecher sind das, wenn Sie mich fragen«, murmelte er.
    Ohne Zögern stimmte sie ihm zu. »Am liebsten hätten Sie das ganze Pack verprügelt, was, Thomas?«
    »Cecil würde mir die Ohren langziehen, wenn ich mich auf dieselbe Stufe stellte wie diese Leute«, erwiderte er grinsend. »Und da ich in seine Fußstapfen treten will, darf ich mich nicht wie ein Bauer benehmen. Ein Butler muß Haltung bewahren.«
    »Ja, natürlich. Wie geht’s unserem Cecil? Letzte Woche schrieb ich ihm, bekam aber keine Antwort.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen um ihn. Er ist zwar steinalt, aber zäh wie Leder. Um sich von Ihrer Großmutter zu verabschieden, ist er von seinem Krankenlager aufgestanden. Lady Esther hat ihn bereits pensioniert, und sie war sehr großzügig. Bis zum Ende seiner Tage wird es ihm an nichts mangeln.«
    »Immerhin hat er ihr fast dreißig Jahre lang treu gedient. Und was werden Sie tun, Tom? Mein Onkel wird Sie wohl kaum hier beschäftigen.«
    »Lady Esther hat mich beauftragt, ihren Bruder Andrew zu betreuen. Da muß ich ins Hochland übersiedeln, doch das kümmert mich nicht. Um die Wünsche meiner Herrin zu erfüllen, würde ich sogar ans andere Ende der Welt ziehen. Sie vermachte mir ein Stück Land und ein monatliches Einkommen. Aber das wissen Sie wahrscheinlich schon. Es war Ihre Idee, nicht wahr? Immer hatten Sie mein Wohl im Auge, wenn ich auch älter bin als Sie.«
    Diese Idee stammte tatsächlich von Taylor, aber sie bezweifelte nicht, daß auch ihre Großmutter darauf gekommen wäre, hätte sie sich nicht mit anderen Dingen befassen müssen. »Nur zwei Jahre älter.«
    »Trotzdem ... Geben Sie mir bitte Ihren Umhang. Wie schön, daß Sie Weiß tragen, so wie Ihre Großmutter es wollte. Ein hübsches Kleid, und - wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf - heute sehen Sie viel besser aus.« Sofort bereute Thomas dieses Kompliment, denn er hatte sie nicht an die letzte Begegnung erinnern wollen. Nicht, daß Taylor jene Erniedrigung jemals vergessen würde ...
    Sie sah tatsächlich besser aus. Sechs Wochen lang war sie nicht hiergewesen, seit jenem Nachmittag, an dem sie im Salon von Lady Esther die Neuigkeiten über ihren Verlobten erfahren hatte. Thomas hielt an der Tür Wache, um unerwünschte Eindringlinge abzuwehren, und beobachtete Taylors Entsetzen. Wenn sie auch nicht die Fassung verlor, so wurde sie doch leichenblaß. Und der Glanz in ihren schönen blauen Augen
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