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Pringle in Trouble

Pringle in Trouble

Titel: Pringle in Trouble
Autoren: Nancy Livingston
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kennt man mich natürlich; ich sitze im
Aufsichtsrat. Sie sind niedergelassener Arzt?»
    «Nein, ich arbeite im Pinner.»
    «Ah...» Da erübrigte sich jeder weitere
Kommentar.
    «Würden Sie bitte Ihr — Kleidungsstück
— ablegen und sich auf die Waage stellen?»
    Da seine Jockey-Unterhosen alle
rutschten, hatte er sich extra für die Untersuchung Boxer-Shorts angezogen. Sie
waren, wie er sich erinnerte, seinerzeit Teil seiner Aussteuer gewesen. Doch
wie seine Ehe hatten auch sie sich als Fehlinvestition erwiesen und
schlabberten ihm zerknautscht um die Hüften.
    Heftig mit der Zunge schnalzend, schob
der Arzt die Gewichte weiter und weiter nach rechts. «Na, na, na, wir haben
aber ganz schön Übergewicht, was?»
    Hugh blieb stumm. Der Anblick seiner
verschrammten Schienbeine lenkte den Arzt vom Thema Übergewicht ab.
    «Um Himmels willen, wie ist denn das
passiert?»
    «Ich bin die Treppe im Solarium
heruntergefallen.»
    «Was für ein ungewöhnlicher
Zeitvertreib!»
    «Wenn ich vielleicht etwas Arnika haben
könnte...»
    «Arnika!» Dr. Willoughby lächelte nur
nachsichtig, griff in seinen Medizinschrank und preßte Hugh in Jod getränkten
Mull auf die Schrammen. Die braune Flüssigkeit lief ihm die Beine hinunter,
drang auch noch in den kleinsten Riß und brannte bis hindurch zu seinem
Schienbein. Mit schmerzverzerrtem Gesicht, die Zähne zusammengebissen, hüpfte
er im Zimmer umher. Die Boxer-Shorts waren ihm von den Hüften gerutscht und
hingen ihm in den Kniekehlen. Dr. Willoughby runzelte gereizt die Stirn. «Das
ist nur der erste Moment, das wissen Sie doch. Würden Sie sich jetzt bitte
hinlegen?»
    Die lederbezogene Untersuchungscouch
war, wie auch der Rest der Einrichtung, antik und solide. Willoughby legte ein
Papierhandtuch in die Mitte, und Hugh ließ sich vorsichtig darauf nieder. Der
Arzt schlug ihm leicht gegen den Knöchel; der kräftige Reflex ließ sie beide
gleichermaßen zusammenzucken. «Nervöse Anspannung, vermutlich.»
    «Das war eine Blutblase. Haben Sie ein
Kleenex?»
    Während Hugh sich ächzend das Blut
abtupfte, hatte sich Dr. Willoughby schon wieder hinter seinem Schreibtisch
niedergelassen.
    «Noch weitere... medizinische
Probleme?»
    «Ich habe ein Magengeschwür.»
    «So. So. So.» Magengeschwüre waren
vulgär. Damit sollten sich gefälligst die Ärzte des staatlichen
Gesundheitsdienstes befassen. Am liebsten waren Dr. Willoughby jene Patienten,
die als einziges Symptom Stress nannten.
    «Die Arbeit im Pinner setzt Ihnen zu, nehme
ich an.»
    Hugh schüttelte den Kopf. Er spürte
plötzlich das Bedürfnis, sich auszusprechen.
    «Nein, meine Frau. Sie schläft seit
einiger Zeit mit dem Golf-Pro in unserem Club.» Er lachte verlegen. «Es macht
mich sauer — buchstäblich offenbar.»
    Dr. Willoughby zeigte kein Mitgefühl.
    «Ein Golfer?» sagte er und lachte
dröhnend.
    «Und mit welchem Handikap spielt sie?»
    Wieder im Warteraum, warf Hugh einen
Blick auf die Uhr. Vier Minuten und fünfundzwanzig Sekunden für 50 Pfund plus
Mehrwertsteuer. Seine Sorge, zu spät zu kommen, war überflüssig gewesen.
    Er hatte sogar noch Zeit, sich vor dem
Abendessen umzuziehen.
     
     
    In ihren eleganten Zimmern im
Edwardianischen Seitenflügel, eingehüllt in die luxuriöse Wärme ihrer
Kaminfeuer, machten sich auch die anderen Gäste allmählich daran, sich für das
Abendessen umzukleiden. Fast alle hatten den Fernseh-Dokumentarfilm
eingeschaltet, aber die leidenschaftliche Appelle für die hungernden Kinder in
Äthiopien erreichten sie nicht wirklich. Sie waren hier, um ihre eigenen Bäuche
abzuspecken, nicht um sich Gedanken zu machen über die geschwollenen
Hungerbäuche einiger Schwarzer.
    Sheila Arburthnot lag im Badezimmer
ihrer Plantagenet-Suite und dachte an Eric. Das tat sie nur selten, denn immer,
wenn sie an ihn dachte, verspürte sie Wut, und Wut schadete dem Teint. Auf dem
Gemälde unter der Decke vertrieb sich eine Frau, die wohl Eleonore von
Aquitainien darstellen sollte, mit allerlei Kurzweil die Zeit, während sie auf
die Rückkehr ihres Heinrich wartete. Wie gut, dachte Mrs. Arburthnot, daß sie
nicht mehr mit Erics Rückkehr zu rechnen brauchte! Sie war schließlich selbst
dabei gewesen, als er im Krematorium verbrannt worden war. Nichtsdestotrotz war
es ihr, als habe das überraschende Auftauchen van Tenkes seinen Geist erneut
heraufbeschworen. Nach all den Jahren brachen plötzlich die Erinnerungen über
sie herein — meistens unangenehme Erinnerungen. Erics letztes und
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