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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes
Autoren: Douglas Clegg
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Lebensjahr zu einem Kind der Großen Schlange wurde.
    Da du danach fragtest, werde ich von Dingen erzählen, wie ich sie in meinem unsterblichen Leben erleben durfte. Ich werde Ihnen den großen Tempel der Lemesharra zeigen und die Unterwelt namens Alkemara sowie die gewaltigen Zitadellen des Schleiers selbst, und, ja, auch seine düsteren Bewohnerinnen und Bewohner, und dann die Abscheulichkeiten, die vielen Leuten als Myrrydanai bekannt sind, diese Seuchenbringer, die aus den verdorbenen Schößen der Chymers stammen. Ich werde Ihnen von Flügen über die Meere der Welt erzählen und von den sprechenden
Felsen, von dem singenden Blut und dem ewigen Neugeborenen, das in den heiligen Gewässern schläft und dessen Träume all jene töten, die sich ihm nähern. Darüber hinaus werde ich von dem erzählen, was ich durch das zweite Gesicht gesehen habe, von anderen, die ihre Rollen in der Geschichte meines Daseins spielten, von Pfaden, die ich nicht eingeschlagen habe, und von jenen, die mich zur Dunkelheit und zur Wahrheit geführt haben. Ich werde Ihnen das Geheimnis vom Leben des Blutes selbst enthüllen, ebenso von Pythia sprechen - und von ihrer Eifersucht. Vor allem werde ich Ihnen aber die Geschichte der Gefallenen der Medhya erzählen, wie auch die des Stammes, der einst Geier und Schakal war und zu Falke und Wolf und Drache wurde.
    Ich werde davon erzählen, weil ich darum weiß.

DAS ERSTE BUCH
STERBLICHKEIT

GEBOREN IM QUATEMBER
    Ich bin ein Kind des Blutes, und zum Blut kehre ich zurück.
    Wir alle, die wir aus Fleisch und Blut bestehen, sind Kinder der Gewalt, die aus dem gleichen Fleisch und Blut hervorbricht. Genauso wie die Katze schreit, wenn die Widerhaken des brutalen Phallus ihres leidenschaftlichen Liebhabers ihr Innerstes zerreißen, um neue Kätzchen in dieses Nest des Lebens zu setzen, wurde auch meine Mutter von Männern zerrissen, damit ich auf die Welt kam. Das Innere ihres Körpers führte Krieg mit ihrem Verlangen. Später erfuhr ich, dass sie sich von mir zu befreien suchte, indem sie Tränke und Blumen verwendete, die nur den Weisen Frauen des Waldes bekannt waren, duftende, aber todbringende weiße Blütenblätter, in Wasser gekocht, das mit Insektengift vergiftet war. Sie versuchte, die Instrumente der Hebammen zu nutzen, um mich aus ihrem Inneren zu treiben und meinen Schädel zu zermalmen, wie sie es bei meinen glückloseren Geschwistern schon getan hatte, die, wie es hieß, am Rande der Gerstenfelder meines Heimatlandes vergraben lagen, wo das Riedgras wild wuchs.
    Doch ich widersetzte mich in ihr und wurde bis zum Ende ausgetragen.
     
    Also entstand ich vor vielen Hunderten von Jahren auf einem Fleckchen Erde, das meine Vorstellungskraft und mein Herz so gefangengenommen hat, wie es kein anderes jemals könnte. Es war ein Ort, den du nicht er kennen würdest, obwohl über mein erstes Jahrhundert geschichtliche Werke geschrieben wurden, über seine Kriege und Könige und Territorialstreitigkeiten. Ich wurde in einem
Land der Bretonen geboren, das nun als Bretagne bekannt ist. Meine Ahnen waren von mannigfaltiger Art, denn da ich aus einer Familie niederen Ranges stammte und es sich bei meinen Vorfahren ebenfalls um Bastarde handelte, galt ich mütterlicherseits als eine Mischung aus Gallier, Kelte, Bretone und Franke. Mein Vater, mein leiblicher Vater, war laut der Legende ein sächsischer Kaufmann. Doch nur diesehr Wohlhabenden konnten mit Sicherheit sagen, von wem sie abstammten, und selbst das war fragwürdig. Auf Grund meiner Abstammung wurde ich also als ein Mischling angesehen, wie es bei zahlreichen bäuerlichen Familien in meiner Welt der Fall war.
    Wenn nicht England um die Herrschaft über die Bretagne kämpfte, so tat dies Frank reich, und wenn ein mal keines von beiden Ländern damit beschäftigt war, dann landeten irgendwelche fremden Eindringlinge an den Küsten, insbesondere die Wikinger. Zu der Zeit, als ich geboren wurde, war Armorica, Brittanien, also meine Bretagne in manchen Teilen zu Ödland verkommen, in anderen zu dicht mit Bäumen bewachsen. Viele Angehörige der Kirche oder der großen Häuptlinge hatten es ver lassen. Am Rande des Großen Waldes, wo wir lebten, bekamen wir die vielen Sprachen zu hören, die dort gesprochen wurden, wo Stadt und Wald zusammentrafen. Die französische Sprache hatte die Stelle der bretonischen einzunehmen begonnen und Familien wie die meine hatten im Laufe der letzten Generationen alles verloren. Wir waren die Besiegten eines
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