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PR2616-Countdown für Sol

PR2616-Countdown für Sol

Titel: PR2616-Countdown für Sol
Autoren: Arndt Ellmer
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war. Drei Jahre sollte es schon her sein? Ihm kam es vor, als habe es sich erst gestern ereignet. Er erinnerte sich an den Gestank und Lias Warnung und daran, dass sein Vater in die Küche gekommen war und ihn unter dem Tisch hervorgeholt hatte. Das Haus musste sehr schnell abgebrannt sein.
    Mit den Handschuhen fasste Korbinian die knochigen Hände seiner Schwester. Lia hielt die Augen offen, sie schlief also nicht. Aber sie war leblos, atmete flach. Er spürte das Pochen ihres Pulses am Handgelenk, ein langsamer, müder Puls, der nur selten über sechzig Schläge kletterte und oftmals sogar gefährlich darunter sank. Dann verabreichte das Bett ihr eine Injektion, die den Kreislauf stabilisierte.
    »Wir fahren bald an ein türkisfarbenes Meer«, erzählte er ihr und hoffte, dass sie ihn vielleicht doch verstand. »Dort ist es warm, und die Luft ist angenehm. Die Tholion-Bucht heißt auch Weiße Küste, weil es dort weißen Sand gibt. Ich wusste gar nicht, dass unsere Heimat so schön ist.«
    Der Begriff »Heimat« berührte ihn eigenartig. Er stachelte seine Neugier an. Meistens, wenn die Menschen auf Aveda von Heimat sprachen, kam die Rede auf die ursprüngliche Heimat und darauf, dass sie hier ja eigentlich nur Siedler der ersten und zweiten Generation waren. Im Stardust-System.
    Korbinian war zu jung, um die Zusammenhänge zu verstehen. Aber er wusste viel und lernte viel, und manchmal bezeichnete Erasma ihn als altklug.
    Nun, da er unablässig in das Gesicht seiner Zwillingsschwester schaute, kam er sich dumm und unwissend vor, ratlos angesichts der Hilflosigkeit seiner Schwester und der Tatsache, dass er nicht wusste, was eigentlich geschehen war.
    »Weißt du es?«, fragte er und wusste gleichzeitig, dass sie ihm nicht antworten konnte. »Kannst du mir sagen, was passiert ist?«
    Es blieben Selbstgespräche, und doch waren sie Kommunikation zwischen ihm und ihr. Er versuchte zu ergründen, was und wie sie geantwortet hätte, und sprach ihr die Antwort dann vor. Zwei Stunden blieb er bei seiner Schwester, und sie führten stille Zwiesprache. Dann ging Korbinian hinaus, kuschelte sich auf dem Sofa an seine Mutter und schlief, bis er die Stimme wieder hörte.
    »Achte darauf, Coperniu Boko, wann sie zum ersten Mal ihre Position verändert. Es werden Millimeter sein, allenfalls Zentimeter. Aber es kann auch ein Unfall eintreten. Sie teleportiert weit weg und ohne ihr Bett. Dann befindet sie sich in Lebensgefahr.«
    »Ja, ja, schon gut.«
    Es schien Korbinian, als reagiere sein Vater ungehalten auf die Anrufe des Medikers. Warum das so war, dazu sagte Coperniu nichts, obwohl er den fragenden Blick seines Sohnes bemerkte.
    Stunden später kam der Umzugsgleiter. Auf dem Kontinent Erat fiel dicker, harter Schnee. Maschinen tauten die Eismassen ab, die sich umgehend bildeten. Die Packroboter luden die Möbel ein. Ganz zuletzt brachten sie das Bett mit der Versorgungseinheit.
    »Eine Fähre holt euch an der südlichen Peripherie des Fernen Randes ab«, sagte der Automat des Fahrzeugs. »Sie bringt euch in den Orbit zu einem der Patrouillenschiffe. In zwei Stunden seid ihr am Ziel.«
    Zwei Stunden von Aveda nach Zyx, das war nicht weit. Korbinian überlegte, ob sie tatsächlich zu einem anderen Planeten flogen oder nicht doch nur zu einem anderen Kontinent. Aber dann sah er Aveda aus dem All, entdeckte Raumstationen und Schiffsverbände und Crest, den kleineren Mond, auf dem sich die große Positronik befand.
    »Wir fliegen der Sonne entgegen«, sagte Coperniu, als sie in den Hangar des Patrouillenschiffs einschleusten. »Zyx ist der dritte Planet des Stardust-Systems. Dort ist es wärmer als auf Aveda, und das wird unserem kleinen Funkenmädchen guttun.«

2.
    AMATERASU,
    13. September 1469
     
    »Nichts zu machen, Resident!«, sagte Shaveena Deb, die Kommandantin der Sonnenforschungsstation AMATERASU. Sie stellte den geleerten Becher Irish Coffee in die Halterung des schwebenden Tabletts, das sich daraufhin entfernte. »Die Funkverbindung nach Terra ist nachhaltig gestört.«
    Reginald Bull nickte grimmig. »Wir warten.«
    Es fiel ihm verdammt schwer. Jeder Augenblick war kostbar, den sie auf diese Weise vergeudeten. Die Situation der Menschen und des Solsystems hatte sich in den vergangenen 24 Stunden dramatisch verschlechtert. Die Spenta wollten die Sonne zum Erlöschen bringen, und die Auguren hatten Kinder und Jugendliche von Terra, Luna, Venus und Mars entführt. Es hieß, diese seien unter der Führung der
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